Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 506/2004 vom 23.06.2004

Behinderung der interkommunalen Zusammenarbeit

Das OLG Düsseldorf hat in einem Beschluß vom 5.5.2004 (Az.: VII Verg 78/03) die Meinung vertreten, eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung von zwei Kommunen bei der Müllabfuhr nach dem NRW-Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GKG) sei nicht zulässig. Der Vorgang müsse nach den Vorschriften des Vergaberechts öffentlich ausgeschrieben werden.

Es handelt sich um das Vergabenachprüfungsverfahren einer Abfallbeseitigungsfirma. Gegenstand der Nachprüfung ist die öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen der Stadt S und der Stadt H, wonach die Stadt S die Sammlung von Papier, Pappe und Kartonagen (PPK), die den Städten als öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern obliegt, auch für die Stadt H durchführt.

Das OLG Düsseldorf kommt zum Ergebnis, die öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen den beiden Kommunen stelle einen dem öffentlichen Vergaberecht unterliegenden Vorgang dar, der öffentlich ausgeschrieben werden müsse. Das OLG lehnt es ab, die Zusammenarbeit nach GKG als öffentliches Sonderrecht anzuerkennen. Das nordrhein-westfälische Gesetz über kommunale Zusammenarbeit (GKG) sei gegenüber dem aufgrund des europäischen Rechts (Vergaberichtlinien) geschaffenen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nachrangig.

Die vom OLG vorgenommene Auslegung des § 100 II g GWB ist nicht nachvollziehbar. Diese Bestimmung sichert den Verbleib öffentlicher Aufgaben im öffentlichen Recht als Aufgaben der Kommunen. Wenn zwei Kommunen ihre unbestritten öffentlichen Aufgaben (Einsammeln von Abfall) gemeinsam erledigen, ist dies kein Gegenstand der Privatwirtschaft. Das bleibt ein Gegenstand der öffentlichen Daseinsvorsorge. Dabei ist es zweitrangig, ob die Gemeinden die gemeinsame Erledigung dadurch bewerkstelligen, dass sie eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung schließen (wonach Stadt S das Einsammeln der Abfälle nicht nur für ihr eigenes Gemeindegebiet durchführt, sondern auch für das Gemeindegebiet der Stadt H) oder ob die beiden Gemeinden einen Zweckverband bilden (also eine neue Körperschaft des öffentlichen Rechts), die für beide Gemeinden die öffentliche Aufgabe durchführt.

Das OLG hatte möglicherweise vor Augen, dass bislang die öffentliche Aufgabe des Einsammelns von Papierabfällen privat vergeben worden ist. Auftragnehmer war die Firma, die jetzt Antragstellerin im Vergabenachprüfungsverfahren war. Es gibt aber keinerlei Anspruch einer Firma, dass eine Gemeinde auch in Zukunft kommunale Aufgaben auf dem Markt der Privatwirtschaft anbietet. Eine Gemeinde kann nach Ablauf eines Vertrags mit einer Privatwirtschaftsfirma die Aufgabe wieder öffentlich-rechtlich durchführen. Dabei stehen der Gemeinde die Möglichkeiten zur Verfügung, die Aufgabe durch eigenes Personal zu erledigen oder in Kooperation mit einer anderen Kommune die öffentlich-rechtliche Erledigung der Aufgabe durchzuführen.

Die Entscheidung des OLG verstößt auch gegen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Fall der niederländischen Stadt Arnheim und der Nachbargemeinde Rheden (Urt. des EuGH v. 10.11.1998, Az.: C-360/96). Die beiden Kommunen haben eine Gesellschaft zur gemeinsamen Durchführung der Müllabfuhr gegründet. Der EuGH hat diese Kooperation als nicht ausschreibungspflichtig bezeichnet, weil es sich um eine Kooperation bei der Erfüllung von öffentlichen Aufgaben handelt. Im Ergebnis muß es gleichgültig sein, ob die Kommunen einen Zweckverband bilden, eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung schließen oder ob sie eine gemeinsame Gesellschaft bilden.

Der Beschluß des OLG Düsseldorf vom 5.5.2004 wirkt rechtlich in dem entschiedenen Fall. Er ist somit nur in diesem konkreten Fall für die Städte bindend. Ein ordentliches Rechtsmittel gibt es gegen eine solche OLG-Entscheidung nicht.

Der Städte- und Gemeindebund empfiehlt den Mitgliedskommunen, alle Formen der interkommunalen Zusammenarbeit, soweit es sich um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben handelt, weiterhin so zu praktizieren wie bisher und sich auch nicht zu scheuen, neue Vereinbarungen über interkommunale Zusammenarbeit abzuschließen. Es ist anzustreben, erforderlichenfalls in einem neuen Vergabenachprüfungsverfahren eine Änderung der OLG-Rechtsprechung herbeizuführen.

Es ist in keiner Weise etwas dagegen einzuwenden, wenn Gemeinden öffentliche Aufträge an Firmen der Privatwirtschaft vergeben. Wenn sie dieses tun, ist in der Regel auch eine öffentliche Ausschreibung sinnvoll und notwendig. Es ist aber nicht zulässig, Kommunen zu einer privatwirtschaftlichen Ausschreibung zu zwingen, wenn sie sich dahingehend entschieden haben, ihre öffentlichen Aufgaben im kommunalen Bereich zu belassen.

Az.: II

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