Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 201/2004 vom 11.02.2004

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof zur Organisation der Müllabfuhr

Der BayVGH hat mit Urteil vom 14.10.2003 (Az.: 20 B 03.637, UPR 2004, S. 76 ff.) entschieden, dass in beplanten Gebieten mit engen (durch Großfahrzeuge nicht oder nur schwer befahrbaren) Erschließungsanlagen dem Abfallbesitzer/-erzeuger eine gesteigerte Mitwirkungspflicht bei der Verbringung von Abfällen an einen Sammelplatz obliegt. Verursacht die besondere Lage eines Grundstücks einen über den Normalfall hinausgehenden Aufwand für die Abholung der Abfälle, kann und darf dieses - so der BayVGH - nicht stets allein dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger angelastet werden. Vielmehr hat in diesen Fällen ein Lastenausgleich zwischen dem Abfallbesitzer/-erzeuger und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stattzufinden, der in einer erhöhten Mitwirkungspflicht des Abfallbesitzers/-erzeugers seinen Ausdruck finden kann. Vor diesem Hintergrund kann dem überlassungspflichtigen Abfallbesitzer/-erzeuger in der Abfallentsorgungssatzung aufgegeben werden, seine Abfallbehältnisse an einen bestimmten Sammelplatz zu rollen, von dem aus die Abholung der Abfälle erfolgt. Diese Benutzungsbedingung ist dann noch Bestandteil der Abfallüberlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz.

Im konkreten Fall hatte die zu befahrene Straße lediglich eine Breite von ca. 2,70 m. Ein Rückwärtsfahren mit dem Abfallfahrzeug war bei diesen Verhältnissen nicht möglich, zumal bereits bei einem Vorwärtsfahren wegen der geringen Straßenbreite sich ein Befahren mit dem Müllfahrzeug als schwierig erwies. Nach Auffassung des BayVGH war der beklagte öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger auch nicht verpflichtet, kleinere Müllfahrzeuge einzusetzen. Wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine bestimmte Größenklasse von Müllfahrzeugen zum Einsatz bringe, so sei er ausnahmsweise nicht verpflichtet, wegen einer schmalen Straße mit 2,70 m Breite kleinere Fahrzeuge zum Einsatz zu bringen. Dieses gelte erst Recht, wenn ein kleineres Fahrzeug zunächst einmal gekauft werden müsse, um dieses unter Umständen nur an einer einzigen Straße im Gemeindegebiet zum Einsatz bringen zu können. Könne ansonsten mit den vorhandenen größeren Müllfahrzeugen gearbeitet werden, so sei es unter Kostengesichtspunkten nicht angezeigt, einen weiteren Fahrzeugtyp (mit höherem Kostenanfall) für die Müllabfuhr einzusetzen.

Bei dieser Sachlage sei dann eine (gesteigerte) Mitwirkungspflicht der überlassungspflichtigen Abfallbesitzer/-erzeuger unbedenklich. Die satzungsrechtlich vorgegebene Benutzungsvorgabe für die öffentliche Abfallentsorgungseinrichtung (Verbringung der Abfallbehältnisse an einen Sammelplatz bei erheblichen Schwierigkeiten der Anfahrt von Grundstücken) sei im übrigen - wie jedes behördliche Handeln - durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beschränkt, wobei in diesem Rahmen auch die Frage der Zumutbarkeit Beachtung zu finden habe. Der Bayerische VGH bezweifelt zudem, ob generell überhaupt eine Wegstrecke von 100 m oder auch von mehr als 100 m als absolute Grenze der Zumutbarkeit für das Verbringen von Restmüll- und Bioabfällen an einem gemeinsamen Sammelplatz festgelegt werden kann. Denn während ältere Bewohner eines Grundstücks ggf. bereits erhebliche Schwierigkeiten hätten, ein volles Restmüllgefäß bei schlechter Witterung (auf Rollen) zu einer weniger als 100 m entfernten Sammelstelle zu bewegen, könne dieses für jüngere Bewohner eines mehr als 100 m entferntes Grundstücks weit weniger beschwerlich sein. Das Grundstück des Klägers sei – so das BayVGH – hier ca. 130 m von der Sammelstelle entfernt. Derzeitig sei das Haus - wegen berufsbedingter Abwesenheit des Klägers - von seiner Ehefrau und zwei Kleinkindern bewohnt. Ggf. könnten sich auch hier erhebliche Schwierigkeiten bei der Verbringung der Behältnisse an den Sammelplatz ergeben. Wenn aber der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nunmehr die Möglichkeit der Verwendung von Abfallsäcken einräume, stelle dieses eine Möglichkeit dar, unbillige Härten zu vermeiden, weil Abfallsäcke auch im Auto transportiert werden könnten und sich dabei etwaige hygienische Probleme bei geeigneter Handhabung (insbesondere Aussonderung von Nassmüll durch Plastiksäcke innerhalb des Abfallsacks) bewältigen ließen.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, dass mit dem Urteil des BayVGH vom 14.10.2003 (Az.: 20 B 03.637, UPR 2004, S. 76 ff.) grundsätzlich klargestellt wird, dass in Ausnahmefällen die Abfallgefäße nicht vor dem Grundstück entleert werden müssen. Wenn dem Grundstückseigentümer bzw. Benutzer der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung allerdings satzungsrechtlich die Benutzungsmaßgabe (Benutzungsbedingung) aufgegeben wird, die Abfallgefäße zu einem bestimmten Entleerungsort zu bewegen, so muss die Benutzungsmaßgabe (Benutzungsbedingung) für den Benutzer zumutbar sein. In diesem Zusammenhang kommt es nach dem BayVGH nicht allein auf die zurückzulegende Wegstrecke an. Vielmehr ist auch von Bedeutung, ob der Benutzer aufgrund seines Alters und seiner sonstigen familiären Situation in der Lage ist, die Abfallgefäße zu einem bestimmten Entleerungsort zu bewegen. Letzten Endes kann die Frage der Zumutbarkeit damit immer nur auf der Grundlage des konkreten Einzelfalls abschließend zu beurteilen werden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass alternativ auch die Möglichkeit bestehen kann, dass die Müllwerker des Abfallfahrzeugs in einer nicht befahrbaren Straßen die Abfallgefäße vor den Grundstücken abholen, zum Entleerungsort in der nächsten befahrbaren Straße bringen und anschließend vor die Grundstücke zurückstellen. Dieses verursacht dann zwar Mehrkosten, die von der Solidargemeinschaft der Abfallgebührenzahler zu tragen ist. Gleichzeitig stellt sich bei dieser Verfahrensweise aber die Frage der Zumutbarkeit einer Benutzungsbedingung nicht. Dennoch ist auch bei dieser Verfahrensweise abzuwägen, ob die verursachten Mehrkosten durch das „Abholen der Abfallgefäße“ noch als vertretbar angesehen werden können oder es zur Vermeidung von nicht mehr vertretbaren Mehrkosten angezeigt ist, auf die gesteigerte Mitwirkungspflicht der Benutzer zurückzugreifen.

Az.: II/2 31-10 qu/g

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