Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 813/2003 vom 21.10.2003

Baugenehmigung als Schlusspunkt des öffentlich-rechtlichen Zulassungsverfahrens

In seinem Urteil vom 11.09.2003 (Az. 10 A 4694/01) hat sich das OVG Münster zu dem umfassenden Prüfungsauftrag der Bauaufsichtsbehörde innerhalb des Baugenehmigungsverfahrens (Schlusspunkttheorie) geäußert.

Der Senat stellt klar, der Begriff der öffentlich-rechtlichen Vorschriften i.S.d. § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW sei entsprechend dem Gesetzeswortlaut in einem umfassenden - über das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht hinausreichenden - Sinne zu verstehen. Die Baugenehmigungsbehörde habe damit grundsätzlich die Prüfungskompetenz und auch die Prüfungspflicht hinsichtlich sämtlicher öffentlich-rechtlicher Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bauvorhabens und sei nicht im Wesentlichen auf bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Fragen beschränkt. Dem stehe auch die Tatsache nicht entgegen, dass die Baugenehmigung - wie aus § 75 Abs. 3 Satz 2 BauO NRW folgt - keine Konzentrationswirkung habe, also die nach anderen Vorschriften erforderlichen Genehmigungen (z.B. nach dem Landschafts-, Straßen-, Sanierungs- und Wasserrecht) nicht ersetze.

In der Praxis bedeutet dies, dass die Bauaufsichtsbehörde nach Eingang des Bauantrags zu prüfen hat, ob die Erteilung der Baugenehmigung von der Erteilung einer weiteren Genehmigung oder Erlaubnis einer anderen Behörde abhängig ist. Die Baugenehmigung darf nur erteilt werden, wenn zuvor die weiteren erforderlichen Genehmigungen erteilt worden sind, weshalb die vorgeschriebene Prüfung eine zwingende Rechtspflicht ist. Die Bauaufsichtsbehörde hat die Einholung der weiteren erforderlichen Genehmigungen zu veranlassen, was im Interesse des Bauherrn zu einer Straffung des Baugenehmigungsverfahrens beiträgt. Nach der Konzeption der Landesbauordnung ist die Baugenehmigung damit der Schlusspunkt der für genehmigungsbedürftige Bauvorhaben durchzuführenden öffentlich-rechtlichen Zulässigkeitsprüfung.

Mit dieser Vorgabe ist es auch nicht vereinbar, die Baugenehmigung unter dem in Form einer aufschiebenden Bedingung gefassten Vorbehalt einer gesetzlich vorgeschriebenen weiteren Genehmigung zu erteilen.

Zu der Frage der Rechtswirkungen einer ohne das Vorliegen anderer erforderlicher Genehmigungen erteilten Baugenehmigung äußert sich der Senat wie folgt: Auch wenn die Baugenehmigung gemäß § 75 Abs. 3 Satz 2 BauO NRW weitere erforderliche Genehmigungen nicht ersetze, so beinhalte sie entsprechend der diesbezüglichen Prüfungspflicht der Bauaufsichtsbehörde dennoch die Feststellung, dass für ihre Erteilung weitere Genehmigungen nicht erforderlich seien. Die Baugenehmigung sei somit rechtswidrig, wenn eine für ihre Erteilung erforderliche weitere Genehmigung fehle. Sie legalisiere gleichwohl das Vorhaben, weil sie die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit desselben umfassend feststelle. Ein Einschreiten gegen das rechtswidrig genehmigte Vorhaben setze daher die vorherige Aufhebung der Baugenehmigung nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG voraus. Im Rahmen dieser Entscheidung sei das Vertrauen des Bauherrn auf den Bestand der Baugenehmigung sowohl bei der Entscheidung über deren Rücknahme als auch bei dem Ausgleich eines etwaigen Vertrauensschadens zu berücksichtigen. Diese Folgen seien wegen der Koordinierungsfunktion der Bauaufsichtsbehörde im Baugenehmigungsverfahren und der Reichweite ihres Prüfungsauftrags sachgerecht.

Der Senat stellt weiterhin fest, dass die gemachten Ausführungen im Wesentlichen auch für das vereinfachte Genehmigungsverfahren gemäß § 68 BauO NRW zutreffen.

Az.: II/1 660-00/1

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