Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 697/2002 vom 05.11.2002

Bauabzugsteuer

Bekanntlich hat der Städte- und Gemeindebund NRW bei der Europäischen Kommission den Antrag gestellt, wegen des Gesetzes zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe am 30. August 2001 (BGBl. I S. 2267) ein Beanstandungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland einzuleiten. Dies ist nicht deshalb geschehen, weil dieses Gesetz in Wirklichkeit (nach eigener Diktion der Finanzverwaltung) nur zur Sicherung von Steueransprüchen bei Bauleistungen eingeführt worden ist, sondern weil dieses Gesetz - wie auch entsprechende Vorgängerregelungen - gegen den EU-Vertrag verstößt.

Die Europäische Kommission hat zuletzt mit Schreiben vom 10.09.2002 die Geschäftsstelle des StGB NRW gebeten, im einzelnen darzulegen, worin die "spezifisch gemeinschaftsrechtliche Beschwer von Städten und Gemeinden" liege. Die Geschäftsstelle hat mit Schreiben vom 17.10.2002 hierzu ausführlich Stellung genommen. Sie hat darauf hingewiesen, daß die Ausführungen der Haushaltspläne von Städten und Gemeinden den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit genügen müssen.

Unter Hinweis auf § 10 Abs. 2 Gemeindehaushaltsverordnung NRW ist sodann deutlich gemacht worden, daß Städte und Gemeinden die "wirtschaftlichste Lösung" zu ermitteln hätten. Zur Ermittlung der wirtschaftlichsten Lösung sei die Ausschreibung nicht nur das geeignete Instrument, sondern diese Ausschreibung sei auch unabdingbar, um einen möglichst weiten Kreis von Anbietern zu erreichen. Diesem Grundsatz entspreche auch die Regelung in § 31 der Gemeindehaushaltsverordnung NRW. Dieser Ausschreibungsverpflichtung - so die Stellungnahme der Geschäftsstelle - entspreche auf der anderen Seite, nämlich der Anbieterseite, die uneingeschränkte Möglichkeit, Angebote abzugeben. Sofern die Verpflichtung bestehe, eine europaweite Ausschreibung zu veranlassen (bei Erreichen der Schwellenwerte), sei aufgrund der ständigen Rechtsprechung des EuGH das für Dienstleistungsfreiheit anerkannte Beschränkungsverbot zu beachten. Die Erbringung von Bauleistungen im Sinne des zu beanstandenden Gesetzes zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe vom 30.08.2001 gehöre zu den Dienstleistungen im Sinne des Art. 50 Abs. 2 EG. Das Beschränkungsverbot entspringe der allgemeinen Pflicht, den Dienstleistungsverkehr zu fördern und bestehende Hindernisse zu beseitigen. Es seien danach alle Beschränkungen aufzuheben, die - obwohl sie unterschiedslos gelten würden - geeignet sind, die Tätigkeit eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistenden, der dort regelmäßig gleichartige Dienstleistungen erbringe, zu unterbinden oder zu behindern. Der Beschränkungsbegriff werde vom EuGH sehr weit gefaßt. So werde eine Beschränkung bereits dann angenommen, wenn die Maßnahmen geeignet seien, die Tätigkeit eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistenden weniger attraktiv zu gestalten. Die Grenze "weniger attraktiv" könne sehr schnell erreicht werden kann, wie die "erläuternden" Ausführungen des Bundesministeriums der Finanzen der Bundesrepublik Deutschland vom 1. November 2001 verdeutlichen würden. Dort heißt es bezüglich der in dem zu beanstandenden Gesetz möglichen Freistellungsbescheinigungen u.a. wie folgt:

"Das Finanzamt kann eine Freistellungsbescheinigung für einen im Ausland ansässigen Leistenden ablehnen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland zusteht und wenn sich die formelle Laufzeit der Werkverträge der nach dem einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen maßgeblichen Frist, deren Überschreitung zur Begründung einer inländischen Betriebsstätte (BMF-Schreiben vom 24. Dezember 1999, BStBl I S. 1076, Tz 4.3) führen würde, nähert oder sich aufgrund der Auswertung von Unterlagen oder anderweitiger Erkenntnisse Anhaltspunkte ergeben, dass eine Zusammenrechnung mehrerer Bauausführungen möglich ist, der Antragsteller im Inland eine Geschäftsstelle unterhält, durch einen abhängigen Vertreter handelt oder der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt. In diesen Fällen kann gegebenenfalls eine Freistellungsbescheinigung mit einer kurzen Dauer erteilt werden."

Daß eine Einschränkung zugunsten heimischer Unternehmen durch das zu beanstandende Gesetz bezweckt werden soll, gehe im übrigen auch aus dem Schreiben des Leiters der Steuerabteilung im Bundesministerium der Finanzen der Bundesrepublik Deutschland vom 24.01.2002 hervor, in dem es wörtlich wie folgt heißt:

"Gerade eine Kommune dürfte zudem im Regelfall mit ihr bekannten Unternehmen zusammenarbeiten und überdies ein eigenes Interesse an der Stützung der in der Region ansässigen Wirtschaft haben".

Dieser Zielrichtung soll u.a. das Gesetz über die Bauabzugsteuer dienen. Der StGB NRW hat abschließend darauf hingewiesen, daß diese Zielrichtung gerade dem Grundsatz einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung widerspreche.

Az.: II/1 608-00/1

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search