Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 127/2006 vom 12.01.2006

Ausschluss von Stellplätzen in Vorgärten

1. Stellplätze im Vorgartenbereich auszuschließen kann ein legitimes Regelungsziel sein, um Baugrundstücke und damit letztlich auch das Ortsbild zu gestalten.

2. Die landesrechtliche Ermächtigung in Art. 98 l Nr. 3 BayBauO 1994 (entspricht Art. 91 I Nr. 3 BayBauO 1998) zum Erlass örtlicher Bauvorschriften über die „Gestaltung und Ausstattung ... der Stellplätze für Kraftfahrzeuge" kann nicht erweiternd dahin ausgelegt werden, dass die Gemeinden auch berechtigt wären, örtliche Bauvorschriften über die Lage von Stellplätzen zu erlassen.

3. Eine Stellplätze in bestimmten Grundstücksbereichen ausschließende örtliche Bauvorschrift, die auf die Nutzung von Grund und Boden zielt und an bauplanungsrechtliche Kategorien (Art der baulichen Nutzung) anknüpft, ist eine im Ergebnis kompetenzwidrige und damit unwirksame bodenrechtliche Regelung „im Gewande einer Baugestaltungsvorschrift“ (BVerwG, NVwZ-RR 1998, 486, Ls. 2), wenn hierfür auch bundesrechtlich Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung zur Verfügung stehen.

(VGH München, Urt. v. 20.12.2004 - 25 B 98.1862)

Aus den Gründen: … Eine Ermächtigung zum Erlass einer örtlichen Bauvorschrift im Sinne des § 5 II GaStAbS wäre dem Landesgesetzgeber, selbst wenn er wollte, aus kompetenzrechtlichen Gründen versperrt. Der Landesgesetzgeber kann nur zu solchen Regelungen ermächtigen, die dem landesrechtlichen Bauordnungsrecht kompetenziell zugänglich sind. Diese Grenzen überschreitet die Satzungsbestimmung des § 5 II GaStAbS.

Der Senat zweifelt allerdings nicht daran, dass die Beklagte mit der Garagen-, Stellplatz- und Abstellplatzsatzung in erster Linie gestalterische Motive verfolgt. Es liegt auf der Hand, dass die Beklagte über den Ausschluss von Stellplätzen im Vorgartenbereich auch auf das Erscheinungsbild der jeweiligen Baugrundstücke und damit letztlich auf das Ortsbild Einfluss nehmen möchte. Zur Verwirklichung dieses Ziels regelt sie aber nicht die äußere Gestaltung einzelner baulicher Anlagen. Vielmehr schließt sie Stellplätze im Vorgartenbereich, also flächenbezogen aus. Sie macht damit Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung, und bestimmt, in welcher Weise der Eigentümer sein Grundstück nutzen darf. Problematisch erscheint ferner die rechtliche Anknüpfung des § 5 II GaStAbS. Die Bestimmung schließt Stellplätze im Vorgartenbereich für nicht gewerblich genutzte Grundstücke aus, knüpft damit also an die bauplanungsrechtliche Kategorie der Art der baulichen Nutzung an. Vor allen Dingen aber enthält die Satzung eine Regelung, für die auch städtebauliche Instrumente zur Verfügung stehen. Um ihr Regelungsziel - den Ausschluss von Stellplätzen im Vorgartenbereich - zu erreichen, kann die Beklagte nach § 9 I Nr. 4 Flächen für Stellplätze und Garagen positiv festsetzen und zugleich regeln, dass Stellplätze und Garagen an anderer Stelle unzulässig sein sollen; sie kann ferner gemäß § 9 I Nr. 2 BauGB die nicht überbaubaren Grundstücksflächen festsetzen und bestimmen, dass entgegen § 23 V 2 BauNVO auch Stellplätze, die nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können, nicht zulässig sein sollen; und sie kann gegebenenfalls gemäß § 9 I Nrn. 10, 15 BauGB weitere Festsetzungen treffen, um Flächen gänzlich von Bebauung freizuhalten. Von diesem städtebaulichen Instrumentarium hat die Beklagte im Bebauungsplan auch teilweise Gebrauch gemacht, dies allerdings nur hinsichtlich der Garagen (Festsetzung Nr. 4 S. 1). Eine entsprechende Regelung wäre auch für Stellplätze möglich gewesen. Damit fällt die Regelung des § 5 II 2 GaStAbS, obgleich generell auf gestalterische Ziele ausgerichtet, nach konkretem Regelungszweck, rechtlicher Anknüpfung und Instrumentarium in den Kompetenzbereich des Boden- bzw. Bauplanungsrechts, das nach der föderalen Kompetenzordnung des Grundgesetzes der konkurrierende Gesetzgebung des Bundes zugewiesen ist. Angesichts der insoweit umfassenden und erschöpfenden Regelungen des Bauplanungsrechts sind entsprechende Regelungen in örtlichen Bauvorschriften aus kompetenzrechtlichen Gründen ausgeschlossen.

Stellplätze im Vorgartenbereich auszuschließen kann durchaus ein legitimes Regelungsziel sein, um die Baugrundstücke und damit letztlich auch das Ortsbild zu gestalten. Das gilt umso mehr, wenn - wie möglicherweise auch im Falle der Kläger, die sich beim Dachgeschossausbau und bei der Errichtung des dritten Stellplatzes beharrlich über Genehmigungserfordernisse und behördliche Anordnungen hinweggesetzt haben - über die Stellplatzregelung auch eine unerwünschte Nachverdichtung verhindert werden kann. Es ist aber die Frage, welches Instrumentarium die Gemeinde hierbei in die Hand nehmen muss. Bei einem auf die Nutzung von Grund und Boden zielenden Ausschluss von Stellplätzen in bestimmten Grundstücksbereichen ist dies nicht das landesrechtlich eröffnete Instrumentarium der örtlichen Bauvorschriften, sondern das städtebaurechtliche Instrumentarium des Bauplanungsrechts. Gerade das Nebeneinander von Festsetzungen in Bebauungsplan und gemeindlicher Stellplatzsatzung belegt, dass § 5 II GaStAbS keine örtliche Bauvorschrift ist, die auf die Ermächtigungsnorm des Art. 98 I Nr. 3 BayBauO 1994 gestützt werden kann. § 5 II GaStAbS ist keine Gestaltungsvorschrift, die über das städtebauliche Instrumentarium des Bauplanungsrechts hinaus geht, sondern erweist sich im Ergebnis als kompetenzwidrige und damit nichtige bodenrechtliche Regelung „im Gewande einer Baugestaltungsvorschrift“ (BVerwG, NVwZ-RR 1998, 486, Ls. 2). Eine Ablehnung des Tekturantrags der Kläger kann hierauf nicht gestützt werden.

Anmerkung der Geschäftsstelle:

Im Gegensatz zu der Bayerischen Landesbauordnung enthält die Landesbauordnung NRW in § 86 Abs. 1 Nr. 4 BauO NRW die Regelung, dass „bestimmt werden kann, dass Vorgärten nicht als Stellplätze, als Abstell- oder als Lagerplatz oder als Arbeitsfläche hergerichtet oder benutzt werden dürfen“. Aufgrund des Urteils des VGH München vom 20.12.2004 stellt sich nunmehr die Frage, ob diese bauordnungsrechtliche Regelung in NRW eine „kompetenzwidrige und damit unwirksame bodenrechtliche Regelung im Gewande einer Baugestaltungsvorschrift“ ist. Die Geschäftsstelle vertritt die Auffassung, sofern in Gestaltungssatzungen von Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen Regelungen festgeschrieben worden sind, wonach Stellplätze in Vorgärten untersagt sind, diese Regelungen nicht in Zweifel zu ziehen.

Az.: II/1 660-00/1

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