Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 245/2007 vom 05.03.2007

Ausschluss von Angeboten wegen gleichwertiger Mängel

Der Bundesgerichtshof hatte in einer grundlegenden Entscheidung vom 26. September 2006 – X ZB 14/06 (siehe www.bundesgerichtshof.de) entschieden, dass ein Bieter im Rahmen eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens mit dem Ziel, Bestimmungen über das Vergabeverfahren einzuhalten, selbst dann antragsbefugt ist, wenn sein eigenes Angebot – z. B. aus formellen Gründen - rechtmäßig ausgeschlossen wurde, aber auch die Angebote aller anderen Bieter wegen eines gleichwertigen Mangels hätten ausgeschlossen werden müssen. Die Vergabekammer Sachsen hat nunmehr in einem Beschluss vom 09. November 2006 (AZ: 1/SVK/095-06) die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Hinblick auf die Gleichwertigkeit des Mangels konkretisiert.

Die Vergabekammer Sachsen hat danach folgendes festgestellt:

1. Von einem gleichwertigen Mangel in Auslegung der Entscheidung des BGH ist dann auszugehen, wenn das Angebot des Bieters auf der gleichen Wertungsstufe auszuschließen ist. Eine Vergabestelle hat in Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes auf jeder Wertungsstufe den gleichen Maßstab an die Wertung der abgegebenen Angebote zu legen. Dies stützt auch die Tatsache, dass unterschiedliche Wertungsstufen auch einen unterschiedlichen Maßstab der Bewertung erfordern.

2. Ein gleichwertiger Mangel liegt im Umkehrschluss auch dann vor, wenn das Angebot des sich auf die Gleichbehandlung berufenen Bieters auf einer späteren Wertungsstufe auszuschließen ist, Angebote anderer Bieter hingegen bereits auf einer vorherigen Wertungsstufe auszuschließen sind. Insofern ist der Begriff gleichwertig als „mindestens“ gleichwertig zu definieren.

Problem/Sachverhalt

In einem von Bieter A angestrengten Nachprüfungsverfahren wird zunächst um die Wertung der Nebenangebote gestritten; die Überprüfung durch die Vergabekammer ergibt jedoch, dass bei allen Angeboten - das heißt auch bei der vom Auftraggeber für den Zuschlag vorgesehenen Offerte des Bieters B - für verschiedene Positionen die geforderten Gleichwertigkeitsnachweise in Bezug auf die Leitfabrikate fehlen. Zudem liegen bei allen Angeboten weitere (teilweise identische) Mängel hinsichtlich der geforderten Eignungsnachweise (z. B. Referenzlisten, Betriebshaftpflicht) vor.

Entscheidung

A kann zu Recht verlangen, dass der Zuschlag unterbleibt, weil alle Angebote unvollständig und deshalb auszuschließen sind. Wegen der fehlenden Gleichwertigkeitsnachweise für die jeweils angebotenen Fabrikate liegt hier auf der ersten Wertungsstufe gegen alle Angebote ein zwingender Ausschlussgrund gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A vor. Aufgrund der mangelhaften bzw. fehlenden Nachweise sind zudem alle Angebote auch im Rahmen der Eignungsprüfung auf der zweiten Wertungsstufe zwingend auszuscheiden (VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 2). Bei dieser Sachlage würde der beabsichtigte Zuschlag an B gegen den Gleichheitsgrundsatz des § 97 Abs. 2 GWB verstoßen. Darauf, dass die Vergabestelle die Ausschlussgründe verkannt hat, kommt es nicht an.

Praxishinweis

Die VK hat die Gelegenheit genutzt, im Lichte der Grundsatzentscheidung des BGH das Merkmal des „gleichwertigen Mangels“ näher zu beschreiben, auch wenn hier bereits in Gestalt der fehlenden Gleichwertigkeitsnachweise für die angebotenen Fabrikate ein zwanglos als gleichwertig anzusehender Mangel vorlag, der zum Ausschluss aller Angebote schon auf der ersten Wertungsstufe zwang. Ob sich die Rechtsprechung der Ansicht anschließt, dass „der Begriff der Gleichwertigkeit nicht so eng zu fassen ist, dass hier nur identische Mängel beispielsweise in Bezug auf die Gleichartigkeit vorzulegender Nachweise zu verstehen sind“, bleibt abzuwarten. Zuzustimmen ist der Kammer darin, dass gleichartige Mängel, die einen Anspruch auf Gleichbehandlung auslösen können, jedenfalls dann vorliegen, wenn andere Angebote bereits auf einer vorrangigen Wertungsstufe auszuschließen gewesen wären und kein Angebot mehr in der Wertung verbleibt.

Az.: II/1 608-00

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