Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 150/2011 vom 21.02.2011

Ausschluss aus Vergabeverfahren wegen fehlender Typenangabe

Das OLG München hat mit Beschluss vom 12.11.2010 — Verg 21/10 — entschieden, dass dann, wenn der öffentliche Auftraggeber die Benennung eines Fabrikats verlangt, das Angebot eines Bieters, welcher einen Hersteller, aber keine Typenangabe benennt, nicht ohne Weiteres wegen fehlender Angaben ausgeschlossen werden kann.

Problem/Sachverhalt

Die Vergabeunterlagen im Rahmen der europaweiten Ausschreibung von Bauleistungen sahen die Angabe von Produktangaben vor. Nach den Bewerbungsbedingungen waren Fabrikatsangaben inklusive Hersteller- und Typenangaben grundsätzlich verlangt; dies solle nicht gelten, sofern der Bieter das Leitfabrikat anbieten wolle und er dies im Angebotsschreiben erkläre. Das Fehlen von Produktangaben wie auch Erklärungen zum Leitfabrikat begründe eine zum Ausschluss führende Unvollständigkeit des Angebots. Ein Bieter, die spätere Antragstellerin, gab ein Haupt- und Nebenangebot ab, welches jeweils durch die Vergabestelle wegen fehlender Erklärungen (unter anderem wegen unzureichender Bezeichnung von Fabrikat, Hersteller und Typ) ausgeschlossen wurde. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin durch Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens'

Entscheidung

Das OLG München bestätigt den Ausschluss der Nebenangebote, stellt jedoch die Unwirksamkeit des Ausschlusses hinsichtlich des Hauptangebots fest. Dieses enthalte die geforderten Angaben. Ein zwingender Angebotsausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2009 komme - unabhängig davon, dass die Vergabestelle die nach ihrer Auffassung fehlenden Erklärungen nicht nachgefordert habe - nicht in Betracht, da das Angebot die erforderlichen Erklärungen enthalte. Voraussetzung eines Ausschlusses wegen fehlender Angaben sei, dass die Forderung der Angaben zweifelsfrei aus den Ausschreibungsunterlagen hervorgehe. Die Vergabeunterlagen seien dabei nach dem objektiven Empfängerhorizont der potenziellen Bieter auszulegen. Da im Leistungsverzeichnis hier die Angabe eines Fabrikats verlangt gewesen sei, jedoch sämtliche Bieter offensichtlich davon ausgegangen seien, dass neben der Herstellerbezeichnung eine Typenangabe nicht zwingend erforderlich sei, und zudem eine ausdrückliche Forderung von Hersteller- und Typenbezeichnung durchaus üblich sei, ergebe die gebotene Auslegung keine Pflicht des Bieters, sowohl Hersteller als auch Typ des angebotenen Produkts zu benennen.

Gestützt werde die Berechtigung zu dieser Auslegung durch die vom BGH anerkannte Differenzierung zwischen Angaben zu Herstellerfabrikat und Typangaben (BGH, Beschluss vom 18.02.2003 — X 78 44/02). Eine Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont führe demnach nicht zweifelsfrei zur Verpflichtung der Bieter, sowohl Hersteller als auch Typ des Produkts zu benennen. Derartige Unklarheiten dürften jedoch grundsätzlich nicht zu Lasten der Bieter gehen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Bewerbungsbedingungen' da die dortigen Regelungen nach ihrem Wortlaut bei Angabe von Leitfabrikaten Geltung erlangten. Auch hieraus folge letztlich nicht zweifelsfrei, dass Bieter in allen Positionen Hersteller- und Typenangaben aufzunehmen hätten. Letztlich folge eine Verpflichtung des Bieters zur Benennung Typen auch nicht aus der Pflicht zur Angabe technischer Spezifikationen oder DIN-Vorschriften. Das Fehlen einer Typenangabe könne hier daher keinen Angebotsausschluss begründen.

Praxishinweis

Die Vergabestelle ist gehalten, die von ihr gewünschten Angaben zweifelsfrei zu fordern. Nur bei Fehlen objektiv geforderter Angaben und Unterlagen kommt eine Unvollständigkeit des Angebots und somit ein Ausschlussgrund in Betracht. Fordert der Auftraggeber ausdrücklich die Benennung von Hersteller und Typ, so ist der Bieter zu entsprechenden vollständigen Angaben grundsätzlich verpflichtet, sofern nicht ein Verstoß gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung vorliegt (OLG Düsseldorf IBR 2010, 46; VK Baden-Württemberg' IBR 2010, 591; OLG Frankfurt, IBR 2009, 599) (Quelle: IBR Februar 2011, 105)

Az.: II/1 608-00 be-ko

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