Mitteilungen - Verband Intern

StGB NRW-Mitteilung 367/1996 vom 05.08.1996

Aus dem Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebund

- Ausschuß für Verkehr und Strukturpolitik

Am 20.6.1996 fand auf Einladung von Gemeindedirektor Guthoff die 71. Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Strukturpolitik in Havixbeck statt. Vor Eintritt in die Tagesordnung gratulierte Ausschußvorsitzender 1. Beigeordneter Weihe Bürgermeister Schröder, Kirchlengern, zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes.

Zum Thema "Mittelstand und (Kommunal-)Verwaltung" berichtete Herr Lohnherr, Projektleiter des Forums Zukunft Mittelstand, über das Anliegen der Landesregierung, mit dem Forum Zukunft Mittelstand kleinere und mittlere Unternehmen zu unterstützen und ihnen eine Plattform für Vorstellungen und Vorschläge zu bieten. Es solle die Kommunen, Kreise und alle anderen Institutionen, die sich mit Wirtschaftsförderung in NRW beschäftigen, dazu einladen, sich aktiv an der Verbesserung der Mittelstandspolitik und der Mittelstandsförderung zu beteiligen. Neben vielen Themen, die behandelt würden, wie z.B.

  • Outsourcing
  • Innovation, die nicht nur technologisch sondern auch betriebswirtschaftlich zu verstehen sei,
  • Klima, Rolle, Image des Unternehmens etc.,

habe das Forum z.Zt. die beiden Schwerpunkte "Gründungsoffensive NRW" und "Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Mittelstand und Verwaltung" gebildet. Nicht nur die Ansiedlungspolitik, sondern insbesondere auch die Bestandspflege der Unternehmen, die sich bereits in einer Kommune niedergelassen hätten, würden in der Zukunft immer wichtiger. Das Forum sei nicht darauf angelegt, eine gutachterliche Arbeit, verbunden mit der Aufdeckung von Fehlern, zu leisten. Das Prinzip sei "Lernen vom Erfolgreichen".

In der anschließenden ausführlichen Diskussion begrüßte der Ausschuß die Zielrichtung und die bisherige Arbeit des Forums Zukunft Mittelstand uneingeschränkt. Er wies darauf hin, daß es noch eine hohe Anzahl von Kommunen gebe, in denen unzureichene Kontakte zwischen Verwaltung und Mittelstand bestünden. Die Projekte des Forums, wie beispielsweise die Kundenzufriedenheitsanalysen, könnten dazu beitragen, das Klima zwischen Verwaltung und Mittelstand zu verbessern. Der Ausschuß empfiehlt den Mitgliedskommunen des NWStGB, von den angebotenen Hilfen des Forums Zukunft Mittelstand in Nordrhein-Westfalen insbesondere zur Organisation örtlicher oder regionaler Gesprächskreise Gebrauch zu machen.

Ein weiterer Themenschwerpunkt bildete die Regionalisierung der Strukturpolitik. Anknüpfend an die Beratungen des Gemeindekongresses 1992 sowie des Ausschusses für Landesplanung Mitte März 1996 verwies Beigeordneter Giesen, Geschäftsstelle, einleitend auf die inzwischen fast Allgemeingut gewordene Einschätzung, daß die regionale Wirtschaftspolitik ohne Einbeziehung regionaler Konzepte, regionaler Eigeninitiativen und Entwicklungsvorstellungen nur einen völlig unzureichenden Beitrag zur Bewältigung des Strukturwandels leisten kann. Umschreiben lasse sich der Prozeß der Regionalisierung der Strukturpolitik im wesentlichen durch drei Schlagworte:

  • Regionalisierung im Sinne einer Maßstabsverkleinerung, die bessere Chance zur Ausschöpfung endogener, lokaler und regionaler Entwicklungspotentiale und deren Bündelung zur Erreichung von Synergieeffekten, zur Mobilisierung der Orts- und Sachkenntnisse und generell zur Aktivierung der regionalen Eigenverantwortlichkeit verspricht;
  • Kooperation zur Konsensfindung der regionalpolitisch Verantwortlichen im Hinblick auf die Entwicklungsvorstellungen sowie die Zusammenführung des staatlichen sowie sonstigen öffentlichen und privaten Engagements unter Festlegung der jeweiligen Handlungsverantwortlichkeiten;
  • Koordination als Bündelung und Integration aller strukturrelevanten Maßnahmen, Förderziele und Politikbereiche auf Landes- und Regionsebene mit dem besonderen Anliegen einer nachhaltigen Stärkung der wirtschaftsnahen Infrastruktur.

Darüber hinaus ging der Berichterstatter auch auf die Verbandskritik gegenüber dem mit der aktuellen Raumordnungsnovelle verfolgten Ziel der Raumordnung auf Bundes- und Landesebene ein, bundesrechtlich ein generelles (Erst-)Planungsgebot zu konstituieren. Diese Absicht komme für die kommunale Seite nicht nur völlig überraschend, sondern greife auch in nicht akzeptabler Weise in die kommunale Planungshoheit ein. Allein Hinweise auf das Erfordernis einer stärkeren kommunalen Solidarität in der Region könnten als Begründung für ein Planungsgebot nicht herangezogen werden, zumal spezifische Gebote auf Landesebene bislang keine praktische Relevanz erlangt hätten.

In der anschließenden Diskussion war sich der Ausschuß darüber einig, daß zukünftig mehr darauf geachtet werden müsse, daß die in den Regionen bei der Entwicklungsplanung federführenden Arbeitsgruppen und Beiräte über die erforderliche Legitimation verfügen. Ferner sei unabdingbar, daß alle Städte und Gemeinden an den regionalen Konsensbildungsprozessen unmittelbar beteiligt werden. Eingehend wurden sodann die Möglichkeit einer stärkeren regionalen Kooperation insbesondere bei der Ausweisung von Gewerbe- und Industriegebieten und die Frage eines finanziellen Ausgleichs zwischen den betroffenen Kommunen erörtert. Kritisiert wurde dabei von den Ausschußmitgliedern die z.T. zu starken Vorgaben seitens der Regionalplanung, mit denen ein indirekter Druck zur Verständigung über interkommunale Gewerbegebiete ausgeübt werde. Anschließend verabschiedete der Ausschuß die "Thesen zur Verzahnung von Regionalplanung und regionalisierter Strukturpolitik", die bei der Geschäftsstelle bei Interesse angefordert werden können.

Zum Thema "Die aktuelle Entwicklung im Telekommunikations- und im Postbereich" führte Referent Gerbrand, Geschäftsstelle, aus, daß der Ausschuß für Post und Telekommunikation des Deutschen Bundestages eine ganztägige Anhörung zum TKG-E durchgeführt habe, in der ein Schwerpunkt § 49 Abs. 1 TKG-E gewesen sei, der dem Bund das unentgeltliche Nutzungsrecht öffentlicher Wege für öffentliche Telekommunikationszwecke zuweist. Die kommunalen Spitzenverbände hätten die Forderung der Kommunen bekräftigt, das Wort "unentgeltlich" zu streichen und ihnen einen Anspruch auf Entgelterhebung zuzubilligen. Dieser kommunalen Forderung sei insbesondere die Deutsche Telekom AG massiv entgegengetreten. So habe sie z.B. in der Anhörung des BT-Ausschusses für Post und Telekommunikation die Behauptung aufgestellt, die Größenordnung eines möglichen Entgeltvolumens bewege sich zwischen 2,5 bis 8 Mrd. DM. Die zusätzliche Kostenbelastung der Telekommunikationsunternehmen würde von den Kommunen absichtlich oder fahrlässig unterschätzt. Ein Wegenutzungsentgelt würde nicht nur bedeuten, daß der Kunde zusätzlich belastet werde, sondern darüber hinaus würde es sich negativ auf den Börsenwert der Deutschen Telekom AG auswirken. Die kommunalen Spitzenverbände hätten diesen Aussagen vehement widersprochen, da eine ernsthafte Entgeltabschätzung die Herausarbeitung eines diesbezüglichen Entgeltmaßstabes voraussetze; eine Prämisse, die bis dahin weder ausdiskutiert noch Priorität gehabt habe. Es habe sich der Verdacht aufgedrängt, daß insbesondere auch von der Telekom AG bewußt horrende Zahlen in die Diskussion gebracht würden, um damit die von den Kommunen vertretene Forderung nach Einräumung einer Entgeltoption zu Fall zu bringen.

In seinen weiteren Ausführungen ging der Berichterstatter auf die Bundesratsinitiative vom 22.3.1996 ein, in der der Vorschlag des DStGB wortwörtlich aufgegriffen worden sei, den Kommunen einen Entgeltanspruch einzuräumen, dessen Höhe durch eine Obergrenzenverordnung limitimiert werden könne. Diesem Vorschlag sei der Bundestag allerdings nicht gefolgt. Er habe das neue Telekommunikationsgesetz am 13.6.1996 in zweiter und dritter Lesung verabschiedet, ohne eine Änderung des § 49 TKG-E vorzunehmen. Der Bundesrat habe daraufhin am 14.6.1996 den Vermittlungsausschuß angerufen und die Auffassung vertreten, daß das Telekommunikationsgesetz die Chancengleichheit ländlicher Räume im Verhältnis zu Verdichtungsräumen sicherstellen müsse, auch im Hinblick auf die Tarife des Universaldienstes. Lizenzgebiete sollten so zugeschnitten sein, daß sie sowohl strukturstarke als auch strukturschwächere Gebiete umfaßten. Diesem Anspruch werde der Gesetzentwurf nicht gerecht. Der strittigen Frage des Wegenutzungsentgelts für die Telekommunikationslinien habe der Bundesrat aber nunmehr im Gegensatz zu seiner ursprünglichen Auffassung eine Absage erteilt. Es sei ausdrücklich beschlossen worden, daß im Vermittlungsverfahren diese Thematik nicht mehr Gegenstand der Diskussion sein solle. Zur Zeit werde geprüft, ob bzw. durch wen gegen das TKG-E im Rahmen einer kommunalen Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 I Ziff. 4 b GG mit der Rüge einer Verletzung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 1 GG vorgegangen wird.

Zum Postgesetz (Referentenentwurf) informierte Herr Gerbrand den Ausschuß über die Stellungnahme der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände zum Postgesetz. Die kommunalen Spitzenverbände hätten die Liberalisierungsbemühungen auf dem Gebiet des Postmarktes grundsätzlich begrüßt. Hierbei sei aber hervorgehoben worden, daß es sichergestellt sein müsse, daß ein postalischer Universaldienst ein Mindestangebot an Diensten von hoher Qualität umfasse, die allen Benutzern flächendeckend zu tragbaren Preisen zur Verfügung stehe.

Der Ausschuß nimmt den Entwurf eines Postgesetzes (Stand: 8.5.1996) zum Anlaß, erneut auf die grundgesetzlich verankerte Infrastrukturverpflichtung des Bundes, im Bereich des Postwesens flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu gewährleisten, hinzuweisen. Es muß gesetzlich sichergestellt werden, daß ein postalischer Universaldienst ein Mindestangebot an Diensten von hoher Qualität umfaßt, die allen Benutzern flächendeckend zu tragbaren Preisen zur Verfügung stehen.

Eine ausreichende Grundversorgung ist nach Auffassung des Ausschusses dann gegeben, wenn allen Benutzern ein leichter Zugang zum Postnetz ermöglicht wird, indem ihnen insbesondere eine angemessene Anzahl fester Zugangspunkte in gut erreichbarer Nähe und eine befriedigende Häufigkeit der Abholung und Zustellung geboten wird. Die in der Postkundenschutzverordnung festgelegten Qualitätsmerkmale für die Einlieferung, Beförderung und Auslieferung von Briefsendungen sind in der Rechtsverordnung, die den Umfang der Basisversorgung festlegen soll, uneingeschränkt zu übernehmen.

Zum Thema "Bahnanlagen in der kommunalen Entwicklungsplanung" hob Referent Thomas, Geschäftsstelle, hervor, daß es zum einen um die Revitalisierung von Bahnhofsflächen und -umfeldern inkl. dem Ankauf von Bahngeländegehe, zum anderen um die Überleitung der Flächen von der Fachplanung in die kommunale Bauleitplanung. Beide Problemfelder stünden im direkten Zusammenhang.

Jahrzehntelang hätten Bahnhöfe und Bahngelände kaum Beachtung in der Stadtentwicklung gefunden, einerseits weil sie durch den Fachplanungsvorbehalt der kommunalen Planungshoheit entzogen gewesen seien, andererseits weil zwischen Stadt und Bahn häufig kein Gesprächskontakt bestanden habe. Die Städte und Gemeinden hätten häufig ein fehlendes Interesse der Bahn zu beklagen, über eine Eingliederung des Bahnhofs in das Stadtbild mit sich reden zu lassen. Hierdurch sowie durch die fortschreitende Motorisierung der Bevölkerung hätten die Bahnhöfe einen Bedeutungs-, Image- und auch Qualitätsverlust erlitten. Dies sei jetzt an verlassenen oder fremd genutzten Bahnhöfen sowie überdimensionierten, brachliegenden Betriebsflächen erkennbar. Bahnhofsquartiere hätten daher häufig ein schlechtes Image und eine schlechte Wohnqualität.

Durch den jetzt geplanten umfangreichen Verkauf von etwa 4.000 bis 5.000 Bahngrundstücken eröffne sich für viele Städte und Gemeinden die Chance, diese unbefriedigende Situation zu ändern, weil auch sie als Käufer in Betracht kämen. Jedenfalls bedeute eine Veräußerung von Bahngrundstücken grundsätzlich immer eine Rückführung der Flächen in die kommunale Planungshoheit. Als wesentlich hob der Berichterstatter hervor, die Entwicklungschancen auf Bahnflächen müßten von der Kommune nüchtern und ohne zu hohe Erwartungen abgeschätzt werden. Als ein wesentliches Hemmnis für die Revitalisierung seien die Altlasten anzusehen. Die Kosten für die Beseitigung der Altlasten würden ggfs. sogar die möglichen Verkaufserlöse kompensieren. Hinzu komme die regelmäßig starke Lärmbelastung, die jedenfalls bei Aufrechterhaltung des Bahnbetriebs eine Wohnbebauung regelmäßig nicht zulasse. Häufig könnten daher Flächen nur als Grünflächen, also z.B. als Ausgleichsflächen, nutzbar gemacht werden.

Ministerialrat Dr. Wiesenberger, Ministerium für Stadtentwicklung, Kultur und Sport, erklärte, die rechtliche Beurteilung der Geschäftsstelle werde durch das MSKS voll geteilt. Er berichtet sodann über Gespräche, die das Land in dieser Angelegenheit mit der DB führe. Frau Ministerin Brusis habe das Bundesverkehrsministerium zur Stellungnahme darüber aufgefordert, wie aus Sicht der Bundesregierung die Behandlung von Bahnflächen zukünftig erfolgen solle. Von dort sei ihr mitgeteilt worden, eine Liste der zu veräußernden Grundstücke könne nicht bekanntgegeben werden, um deren Marktwert nicht zu gefährden. Das Land habe daraufhin über die Bezirksregierungen eine Umfrage bei den Gemeinden vorgenommen, um herauszufinden, welche Grundstücke zur Umnutzung anstehen könnten. Es seien bereits über 400 Flächen benannt worden, die in eine Datenbank aufgenommen würden. Das MSKS stehe für die Städte und Gemeinden zur Erörterung akuter Fälle zur Verfügung.

Die Empfehlungen des NWStGB zu dieser Problematik wurden vom Ausschuß gebilligt und können bei Interesse bei der Geschäftsstelle angefordert weren.

Auf Einladung von Stadtdirektor Striegler soll die nächste Sitzung des Ausschusses am 22.10.1996 in Lengerich stattfinden.

Az.: III/2 n-5

- Sitzung der Arbeitsgemeinschaft für den Regierungsbezirk Arnsberg am 25.06.1996 in Bestwig

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Arnsberg des NWStGB, Bürgermeister Hermann Vomhof, begrüßte rund 300 Delegierte aus den Städten und Gemeinden in der Stadthalle von Bestwig am 25.06.1996. In seinen Ausführungen hatte der Vorsitzende noch einmal auf die immer schwieriger werdende Finanzlage der Städte und Gemeinden und die zunehmende Belastung der Bürger hingewiesen. Die kommunale Selbstverwaltung werde durch Gesetze und Vorgaben von Bund und Ländern immer stärker in die Mangel genommen und ausgehöhlt. Die Lage in den Städten und Gemeinden wäre sicherlich noch viel bedrohlicher, wenn nicht viele Bürgerinnen und Bürger nach dem Motto "Hilfe zur Selbsthilfe" durch ihre bürgerschaftliche Mitarbeit und durch Bürgeraktionen von sich aus dankenswerter Weise die Kommunen in ihrer Arbeit unterstützen würden. Neben Bürgermeister Hans-Georg Meyer und Gemeindedirektor Franz-Josef Esser waren die Regierungspräsidentin Dr. Raghilt Berve sowie der stellv. Landrat des Hochsauerlandkreises Hubert Kleff anwesend. Bürgermeister Meyer ging in seinem Grußwort sowohl auf die zentralen Einrichtungen der Stadt Bestwig, das Bergbaumuseum und den Freizeitpark Fort Fun als auch auf die in der Stadt Bestwig verwirklichten Schritte zur Verwaltungsmodernisierung verbunden u.a. mit einer Erweiterung der Zuständigkeit des Gemeindedirektors und der Bildung eines Lenkungsausschusses ein. Regierungspräsidentin Dr. Berve ging in ihrer Ansprache auf die Bedeutung der Aufgabenkritik im Rahmen der Verwaltungsstrukturreform ein. Auf allen politischen Ebenen gelte es, zu sparen. Dem Bürger sei die Rücknahme von staatlichen und kommunalen Leistungen zwar schwer zu vermitteln, dennoch gäbe es keine Alternative.

Geschäftsführendes Präsidialmitglied Friedrich Wilhelm Heinrichs betonte in seinem Bericht über die Kommunalfinanzen, daß die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen vor der größten finanziellen Herausforderung in der Nachkriegsgeschichte stünden. Nach den deutlich nach unten korrigierten Daten der jüngsten Steuerschätzungen, sei in den nächsten Jahren mit Einnahmeausfällen in Milliardenhöhe zu rechnen. Jede zweite Gemeinde könne heute keinen strukturell ausgeglichenen Haushalt mehr vorweisen. Der Städte- und Gemeindebund fordere, daß der Finanzausgleich auf die Strukturen von 1995 zurückgeführt werde und das Ifo-Gutachten, welches zur massiven Umverteilung von Finanzmitteln zu Lasten des kreisangehörigen Raumes geführt habe, rückgängig gemacht werde. Ein Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen habe sich an nachstehenden Eckpunkten zu orientieren: 1. Jeder Einwohner ist bei der Bedarfsermittlung gleich zu wichten; 2. Unterschiedliche Belastungen sind durch Nebenansätze abzufangen, dies gilt insbesondere bei Schulkosten, Sozialhilfeausgaben sowie den zentralörtlichen Funktionen für das Umland.

Des weiteren wies Geschäftsführendes Präsidialmitglied Heinrichs darauf hin, daß die Städte und Gemeinden den Strukturwandel - insbesondere durch die Ansiedlung von Betrieben und der damit verbundenen Schaffung von Arbeitskräften - bewerkstelligt hätten. Im Gegensatz zu den kreisfreien Städten sei die Gewerbesteuer im kreisangehörigen Raum in den letzten Jahren gewachsen. Vor einer Reform der Gewerbesteuer müsse diese verfassungsrechtlich abgesichert werden. Der NWStGB unterstütze den Beschluß der Ministerpräsidentenkonferenz, wonach die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer nur in Frage kommen kann, wenn die verbleibende Gewerbesteuer im Grundgesetz verankert und z.B. durch die Einbeziehung der Freiberufler revitalisiert werde.

Beigeordneter Hans Gerd von Lennep referierte anschließend zum Thema Verwaltungsstrukturreform. In den Forderungen des NWStGB an den neuen Landtag und die neue Landesregierung habe sich der Verband für die Entwicklung eines bürgerorientierten Leitbildes der öffentlichen Verwaltung ausgesprochen, an dem sich eine umfassende und vorbehaltlose Aufgabenkritik zu orientieren habe. Er habe sich ferner für die weitestgehende Kommunalisierung von Aufgaben und eine Überprüfung der Verwaltungsstrukturen in der sog. Mittelebene ausgesprochen. Der derzeitige Stand der Beratungen innerhalb der Landesregierung und des Landtages lasse sich wie folgt zusammenfassen:

- Bereitschaft zur stärkeren Delegation von Verantwortung auf die Kommunen und nachgeordneten Behörden

- Beibehaltung des dreistufigen Verwaltungsaufbaus in Nordrhein-Westfalen mit staatlicher Mittelinstanz als Bündelungsbehörde

- Verpflichtung, keine neuen Sonderbehörden zu errichten

- Prüfung der Integration vorhandener Sonderbehörden in Mittelbehörden

- Diskussion mit den Kommunen über die Zukunft der höheren Kommunalverbände.

Bei der weiteren Diskussion über die Verwaltungsstrukturreform lasse sich der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund von folgenden Grundsätzen leiten: Kernpunkt einer wirkungsvollen Reform der Verwaltungsstrukturen sei die Durchführung einer umfassenden Aufgabenkritik im Hinblick auf möglichen Aufgabenabbau, Aufgabenreduzierung sowie Aufgabenverlagerung. Maxime einer jeden Aufgabenverlagerung sei, daß Aufgabenträgerschaft, Entscheidungskompetenz und Mittelverfügung in eine Hand zusammengeführt werden. Jede Aufgabenverlagerung müsse jedoch mit einer Übertragung der für die Aufgabenerfüllung erforderlichen Finanzmittel verbunden sein. Nach erfolgter Aufgabenkritik sei zu prüfen, ob die derzeit vorhandenen Institutionen und Ebenen vor dem Hintergrund des neuen Zuschnitts der Aufgabenstruktur weiterhin bestehen bleiben können oder ob sie aufzulösen sind.

Der Städte- und Gemeindebund befürworte eine Herabzonung der stationären und teilstationären Hilfe zur Pflege auf die örtliche kommunale Ebene. Dies sei eine eindeutig ortsbezogene Aufgabe, die mit der Zusammenführung von Finanzverantwortung und Aufgabenwahrnehmung kostenreduzierende Effekte haben werde. Darüber hinaus seien auch andere Sozialbereiche, die derzeit in der Zuständigkeit der Landschaftsverbände liegen, auf die örtliche kommunale Ebene zu verlagern. Dies gelte sowohl für die Versorgung Behinderter mit Körperersatzstücken, für die Aufgaben der Hauptfürsorgestelle im Bereich der Schwerbehindertenhilfe und der Kriegsopferfürsorge wie auch für die Aufgaben im Gesundheitswesen.

Angesichts der bedrohlichen Finanzsituation der Städte und Gemeinden in Nordrhein- Westfalen hat die Arbeitsgemeinschaft für den Regierungsbezirk Arnsberg in einer Resolution Kernforderungen zur Verbesserung der kommunalen Finanzsituation aufgestellt. Der vollständige Text der Resolution ist nachfolgend abgedruckt. Die Resolution wurde einstimmig von den rund 300 anwesenden Delegierten aus den Städten und Gemeinden des Regierungsbezirks Arnsberg beschlossen.

Resolution der NWStGB-Arbeitsgemeinschaft für den Regierungsbezirk Arnsberg am 25.06.1996 in Bestwig

Beschluß:

1. Die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen stehen vor der größten finanziellen Herausforderung in der Nachkriegsgeschichte. Nach den deutlich nach unten korrigierten Daten der jüngsten Steuerschätzung haben sie in den nächsten Jahren mit Einnahmeausfällen in Milliardenhöhe zu rechnen. Vor dem Hintergrund, daß das Finanzierungsdefizit im Jahr 1995 um rd. 2 Mrd. DM zugenommen und die Rekordmarke von 4,4 Mrd. DM erreicht hat, ist dies eine mehr als katastrophale Zukunftsperspektive. Bereits heute kann jede zweite Gemeinde keinen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorweisen. Innerhalb des kommunalen Gesamthaushaltes hat sich besonders die Situation der Verwaltungshaushalte 1995 dramatisch zugespitzt. Ihre Defizite haben sich mit knapp 3,9 Mrd. DM gegenüber 1994 mit 1,4 Mrd. DM fast verdreifacht.

2. Die Arbeitsgemeinschaft für den Regierungsbezirk Arnsberg fordert, die weitere Umsetzung der Empfehlungen des ifo-Gutachtens, die erneut zu einer massiven Umverteilung von Finanzmitteln führt, die einseitig zu Lasten des kreisangehörigen Raumes geht, zu stoppen und die bisherige Umsetzung mit der Folge rückgängig zu machen, daß für das Gemeindefinanzierungsgesetz 1997 die Strukturen des Gemeindefinanzierungsgesetzes 1995 gelten. Nach Auffassung der Arbeitsgemeinschaft für den Regierungsbezirk Arnsberg ist es unverantwortlich, in Zeiten höchster Finanznot eine Umverteilung zugunsten der Großstädte zu forcieren.

3. Die Arbeitsgemeinschaft für den Regierungsbezirk Arnsberg stellt fest, daß die Umsetzung der Forderung, die Struktur des Gemeindefinanzierungsgesetzes 1997 der Struktur des Gemeindefinanzierungsgesetzes 1995 anzupassen, zur Folge hat, daß die Mittel der vorgesehenen Anpassungshilfe in Höhe von 150 Mio DM und des Strukturfonds in Höhe von 50 Mio DM voll der Schlüsselmasse zugeschlagen werden können. Somit wird zumindest die Negativwirkung aus der Abrechnung des Steuerverbundes aus dem Jahr 1995 im Zuge des Finanzausgleichs 1997 voll aufgefangen.

4. Mit Blick auf die Struktur des Finanzausgleichs stellt die Arbeitsgemeinschaft für den Regierungsbezirk Arnsberg fest, daß grundsätzlich davon auszugehen ist, jeden Einwohner in Nordrhein-Westfalen bei der Bedarfsermittlung gleichzugewichten. Unterschiede in der speziellen Kostenbelastung der einzelnen Städte und Gemeinden sind durch wenige Nebenansätze abzufangen. Dazu zählen vornehmlich die Schulkosten, die Sozialhilfeausgaben sowie die zentralörtlichen Funktionen für das Umland.

5. Die im Zuge des Gemeindefinanzierungsgesetzes 1996 vorgenommene Modifizierung des Arbeitslosen-/Soziallastenansatzes ist durch einen umfassenden Sozialhilfeansatz zu ersetzen, der alle Ursachen der Sozialhilfe erfaßt. In diesem Zusammenhang ist sowohl die Neuordnung der Finanzierungszuständigkeiten im Bereich der Hilfe zum laufenden Lebensunterhalt als auch für die überörtliche Hilfe zur Pflege im Sinne der seit Jahren geforderten Zusammenführung von Aufgabenwahrnehmung und Finanzverantwortung in Angriff zu nehmen.

6. Die Arbeitsgemeinschaft für den Regierungsbezirk Arnsberg spricht sich dafür aus, das Konnexitätsprinzip in die nordrhein-westfälische Landesverfassung dergestalt aufzunehmen, daß durch eine Änderung des Art. 78 der Landesverfassung NW sichergestellt wird, daß das Land die Gemeinden und Gemeindeverbände durch gesetzliche Vorschriften zur Übernahme und Durchführung bestimmter öffentlicher Ausgaben nur dann verpflichten kann, wenn hiermit ausdrücklich die Zuweisung aller Mittel zur Deckung der mit der Erfüllung verbundenen Kosten vorgenommen wird, es sei denn, die Finanzierung der Aufgabenerfüllung aus kommunalen Abgaben ist rechtlich zwingend erforderlich.

7. Die Arbeitsgemeinschaft wendet sich mit Nachdruck gegen die überproportionale Kürzung der Abwasserinvestitionspauschale. Sollte es bei dieser Kürzung bleiben, ist eine Streckung von Abwasserbeseitigungskonzepten unvermeidlich. Die Regierungspräsidentin wird gebeten, entsprechende Anträge von Kommunen positiv zu beurteilen.

8. Die Arbeitsgemeinschaft für den Regierungsbezirk Arnsberg vermißt im Jahressteuergesetz 1997 und in den Vorschlägen der Ministerpräsidenten die erforderlichen Überlegungen für die dringend notwendige umfassende Gemeindefinanzreform. Sie unterstützt in diesem Zusammenhang den Beschluß der Ministerpräsidentenkonferenz, wonach die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer nur in Frage kommen kann, wenn die verbleibende Gewerbesteuer im Grundgesetz verankert und z.B. durch die Einbeziehung der Freiberufler revitalisiert wird. Eine volle Kompensation für die Kommunen ist zwingend erforderlich. Eine Umsatzsteuerbeteiligung muß ferner zur Stärkung der Steuerkraft strukturschwacher Gebiete beitragen. Es ist deshalb dringend ein Schulterschluß zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und den Städten und Gemeinden erforderlich, um die im Jahressteuergesetz 1997 vorgesehene Unternehmensteuerreform zu stoppen, wenn der gesicherte und volle Ausgleich nicht erreicht wird.

Az.: GPM / I-145-00

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