Mitteilungen - Verband Intern

StGB NRW-Mitteilung 143/1996 vom 05.04.1996

Aus dem Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebund

Arbeitsgemeinschaft für den Regierungsbezirk Münster

Die Tagung 1/96 der Arbeitsgemeinschaft für den Regierungsbezirk Münster fand am 06.03.1996 in Rheine statt. Der Vorsitzende, Herr Gemeindedirektor Walter, Everswinkel, konnte neben den zahlreich erschienenen Vertretern der Mitgliedskommunen den Bürgermeister der Stadt Rheine, Herrn Thum sowie Herrn Stadtdirektor Ricken begrüßen.

In einem Grußwort hieß Bürgermeister Thum die Teilnehmer der Tagung herzlich willkommen und berichtete über die Erfolge und Schwierigkeiten der Stadt Rheine bei dem wirtschaftlichen Strukturwandel der letzten zwanzig Jahre. Sei Rheine 1978 noch als "ärmste Stadt Deutschlands" bezeichnet worden, so habe man mittlerweile erhebliche Standortverbesserungen insbesondere hinsichtlich der Ansiedlung von Mittelstands- und Handwerksbetrieben erreicht. Auch die gute Verkehrsanbindung der Stadt Rheine gäbe Anlaß zu einer optimistischen Einschätzung der zukünftigen Wirtschaftsentwicklung. Kritik übte Bürgermeister Thum allerdings an den vorliegenden Reformüberlegungen zum Gemeindefinanzierungsgesetz. Diese würden im Endeffekt die Stadt Rheine für ihre sparsame Haushaltswirtschaft der vergangenen Jahre bestrafen.

Das erste Fachreferat der Tagung hielt der Erste Beigeordnete des NWStGB Dr. Schneider zum Thema "ifo-Gutachten zum kommunalen Finanzausgleich des Landes Nordrhein-Westfalen und Gewerbesteuerreform". In diesem Zusammenhang berichtete Dr. Schneider zunächst über den aktuellen Stand der Diskussion um eine Reform des kommunalen Finanzausgleichs in Nordrhein-Westfalen. In diesem Zusammenhang habe der NWStGB folgende Ziele verfolgt:

- Keine Umsetzung des ifo-Gutachtens im GFG 96

- Ablehnung der bisherigen Methode der Bedarfsermittlung aufgrund der Regressionsanalyse

- Forderung nach einem umfassenden Sozialhilfeansatz

- Kritik am Strukturnebenansatz

- Grundsätzliche Ablehnung der einheitlichen fiktiven Hebesätze

Diese Positionen konnten sich allerdings bei den Regierungsfraktionen im Düsseldorfer Landtag nicht durchsetzen, vielmehr sei mittlerweile ein Drei-Stufen-Programm zur Umsetzung des ifo-Gutachtens beschlossen worden. Danach soll das Gutachten beginnend mit dem GFG 1996 in drei Schritten umgesetzt werden. In einem ersten Schritt werden die Vorschläge zum Hauptansatz und zu den Nebenansätzen vollständig übernommen, der Strukturansatz in seiner Gewichtung allerdings halbiert. Das schrittweise Vorgehen beziehe sich ausschließlich auf die Steuerkraft und den Ausgleichssatz. Bei der Grundsteuer A werde bereits im ersten Schritt ein einheitlicher fiktiver Hebesatz von 175 v.H. festgelegt. Bei der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer hingegen wolle man es im ersten und zweiten Schritt bei differenzierten fiktiven Hebesätzen belassen. Hierbei bleibe der Hebesatz bei der Gewerbesteuer für kreisfreie Städte unverändert, nämlich 380 v.H. Bei den Städten bis 150.000 steigt er von derzeit 350 auf 360 im ersten und dann auf 370 im zweiten Schritt. Ab 1998, dem dritten Schritt, gäbe es dann einen einheitlichen fiktiven Hebesatz von 380 v.H. Der Ausgleichssatz werde 1997 auf 90 % reduziert. Die Finanzverschiebungen zugunsten des kreisfreien Raumes nehmen hierdurch kontinuierlich zu: Von 172 Mio DM im ersten auf 213 Mio DM im zweiten und bis auf 282 Mio DM im dritten Schritt und damit für die folgenden Jahre ab 1998.

Nach den bisherigen Überlegungen im Innenministerium solle es für die Verluste in 1996 einen vollen Ausgleich geben. Für die folgenden drei Jahre 1997 bis 1999 wolle man einen Strukturfonds bilden und diesen mit insgesamt 250 Mio DM ausstatten: 50 Mio DM für 1997 und jeweils 100 Mio DM für die Jahre 1998 und 1999. Dies bedeute weiterhin, daß es ab dem Jahr 2000 keinen Ausgleich mehr gibt und in den Jahren 1998 und 1999 höchstens ein Drittel der Verluste ausgeglichen werde. Im Jahr 1997 sei es sogar nur ein Viertel der Verluste.

Dr. Schneider kündigte an, daß mit Sicherheit seitens einer kreisangehörigen Kommune Verfassungsbeschwerde gegen diese Neuregelungen erhoben werde und daß der NWStGB weiterhin mit allen Kräften bemüht sei, die Umsetzung dieses Drei-Stufen-Programms noch zu verhindern.

Weitere Kritik übte Erster Beigeordneter Dr. Schneider an der Nettobefrachtung des Steuerverbundes im GFG 1996 in Höhe von 298 Mio DM zugunsten des Landeshaushaltes. Dies stelle eine objektiv nicht rechtfertigbare Belastung des kommunalen Finanzausgleichs dar.

Abschließend berichtete Erster Beigeordneter Dr. Schneider über die weiterhin aktuelle Diskussion zur Gewerbesteuerreform. Hier sei die Position der kommunalen Spitzenverbände unverändert: Eine Revitalisierung der Gewerbesteuer sei am besten geeignet, um die derzeitigen strukturellen Mängel der Gewerbesteuer zu beseitigen. Damit wäre nicht nur eine Senkung der Steuerlast der bisher allein belasteten gewerblichen Betriebe um rund 5 Mrd DM verbunden, auch das Hebesatzrecht und die finanzielle Eigenverantwortlichkeit der Gemeinden würden erheblich gestärkt. Wenn aber die Revitalisierung derzeit politisch nicht durchsetzbar sei, müsse man über Alternativen nachdenken. Eine solche Alternative sei die Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer. Hier fordere der DStGB zunächst einmal die Durchführung gemeindescharfer Modellrechnungen. Alles andere wäre die berühmte "Katze im Sack", die keinesfalls akzeptiert werden könnte. Auch müsse die Gewerbeertragsteuer dauerhaft in ihrer Existenz durch entsprechende Änderung des Grundgesetzes abgesichert werden. Schließlich sei der Verteilungsschlüssel für die Umsatzsteuerbeteiligung noch in keiner Weise befriedigend dargestellt worden.

In einem weiteren Vortrag ging Beigeordneter Giesen, Geschäftsstelle, auf die Rolle der Städte und Gemeinden in der Telekommunikation ein. Unter Hinweis auf die bereits nach der Telekommunikationsverleihungsverordnung 1995 bestehenden Möglichkeiten auch für Kommunen, im Rahmen geschlossener Benutzergruppen Fernmeldeanlagen zur Vermittlung von Sprache und Daten zu betreiben, informiert er über aktuelle kommunale Aktivitäten zum Aufbau von Betreibergesellschaften für Telekommunikationsinfrastrukturen. Die zukünftigen Möglichkeiten und Auswirkungen der Telekommunikation seien entscheidend geprägt zunächst durch den rechtlichen Rahmen, und zwar hinsichtlich des Umfangs der Grundversorgung in der Fläche sowie zur Regelung der kommunalwirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten auf dem Telekommunikationsmarkt. Im Bundestag sei am 1.2.1996 in erster Lesung der Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes behandelt worden, der eine Aufweichung des Netzmonopols schon im Sommer 1996 und eine Aufgabe des Sprachdienstmonopols zum Ende 1997 vorsehe. Ergänzend zum Gesetzentwurf sei eine Universaldienstleistungsverordnung in Vorbereitung, mit der u.a. ein digitalisierter Sprachtelefondienst mit "ISDN-Leistungsmerkmalen" vorgesehen sei. Die kommunale Kritik richte sich vor allem dagegen, daß ab 1998 nicht der ISDN-Standard sondern lediglich die sog. DECT-Technik als eine drahtlose Übertragungs- und Bündelungstechnologie mit nur Teilen der Leistungsmerkmale des ISDN-Standards als Grundversorgung definiert werden solle.

Der Gesetzentwurf selbst stoße auf eine dezidierte Ablehnung seitens der kommunalen Spitzenverbände im Hinblick auf die dort vorgesehene Festlegung eines Grundsatzes der Unentgeltlichkeit für die Nutzung öffentlicher Verkehrsflächen zur Leitungsverlegung durch die Telekom AG und ihre zukünftigen Mitwettbewerber. Diese Absicht sei ein massiver Eingriff in kommunale Rechtspositionen und stelle die Systematik des nach geltendem Recht bis Ende 1997 befristeten Telegraphenwegegesetzes auf den Kopf. Eine Privilegierung der Telekommuniktionsunternehmen sei nach Aufgabe der Monopole und einer hoheitlichen Aufgabendurchführung unhaltbar, zumal die privaten TK-Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht handelten. Nach Straßenrecht entscheide vielmehr der Eigentümer über die Zulassung der Leitungsverlegung und regele deren Nutzung üblicherweise in den Rechtsformen des Privatrechts.

Inzwischen habe die Verbandsposition eine deutliche Unterstützung durch das vom DStGB in Auftrag gegebene Rechtsgutachten von Prof. Püttner, Uni Tübingen, erfahren. Danach sei eindeutig, daß der Gesetzentwurf im Hinblick auf eine unentgeltliche Wegenutzung durch Telekommunikationslinien verfassungswidrig ist. Die politische Diskussion müsse deshalb darauf gerichtet sein, eine kommunale Option zur Entgelterhebung zu sichern. Anschließend stellte Beigeordneter Giesen die nach Landesrecht bestehenden Möglichkeiten zur kommunalwirtschaftlichen Betätigung dar. Ein angemessener Zugang zu modernen Telekommunikations-Diensten sei zweifelsfrei eine Frage der Standortvorsorge, im Rahmen der kommunalen Wirtschaftsförderung müßten die Kommunen die Möglichkeiten haben, sich im Bereich der TK-Netze und darauf aufbauender Diensteangebote zu betätigen. Vor diesem Hintergrund sei auch die Aussage aus den Koalitionsvereinbarungen von Bedeutung, wonach die erreichte wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Kommunen gesichert und im kommunalen Interesse z.B. bei Datennetzen erweitert werden soll.

Az.: V/3 600-45

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