Mitteilungen - Verband Intern

StGB NRW-Mitteilung 101/1996 vom 05.03.1996

Aus dem Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebund

- Ausschuß für Verkehr und Strukturpolitik

Am 06.02.1996 fand in den Räumen der Stadtwerke Wermelskirchen GmbH die 70. Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Strukturpolitik statt. Die Ausschußmitglieder wurden zunächst von Herrn Bürgermeister Niehaves begrüßt und mit der verkehrs- und strukturpolitischen Situation in Wermelskirchen vertraut gemacht. Die Bundesstraße 51 sorge zwar zum einen für eine optimale Verkehrsanbindung an die Autobahn A 1, gleichzeitig aber auch dafür, daß der Stadtkern verkehrsmäßig stark belastet sei. Wesentliche Aufgabe vor Ort sei es, für eine seit langem in der Planung befindliche Ortsumgehung eine positive oder negative Entscheidung zu bekommen, um die Verkehrsentwicklung der Stadt weiter planen zu können.

Hauptthema der Sitzung waren Ziele und Bausteine kommunaler Parkraumkonzepte. Hierzu hatte die Geschäftsstelle unter fachlicher Beratung und auf der Grundlage einer Ausarbeitung des Büros für Stadt- und Verkehrsplanung in Aachen ein Diskussionspapier vorgelegt. Dr.-Ing. Baier, Inhaber des BSV, stellte das Papier vor und erläuterte die wesentlichen Ziele und Bausteine kommunaler Parkraumkonzepte. Grundlage solcher Konzepte müsse die Erkenntnis sein, daß der ruhende Verkehr nicht isoliert gesehen werden könne, sondern stets in unmittelbarer Wechselwirkung zu anderen Flächennutzungen, insbesondere durch Fußgänger und Radverkehr sowie dem Öffentlichen Personennahverkehr.

Parkraumkonzepte sollten nach Auffassung des Berichterstatters stets auf der Grundlage einer umfassenden Parkbilanz erstellt werden, die dem aktuell vorhandenen Angebot die aktuelle Nachfrage gegenüberstelle. Die Erfahrung lehre, daß diesbezüglich ein hoher Zahlenbedarf bestehe, weil der ruhende Verkehr ein stark emotional geprägtes Thema sei und subjektiv sehr unterschiedliche Einschätzungen die Diskussion beherrschten. Tatsächlich zeige sich in den meisten Fällen, daß das Angebot an innerörtlichen Parkplätzen die Nachfrage in einem beachtlichen Maße übersteige.

Der Ausschuß unterstützte die Auffassung, daß Akzeptanz und Wirksamkeit kommunaler Maßnahmen zum innerörtlichen Parken in besonderer Weise von einer frühzeitigen und umfassenden Einbeziehung der planungsbetroffenen Bürger bzw. Unternehmen und der Entscheidungsträger abhängen. Schon zu Beginn der kommunalen Überlegungen zu Parkraumkonzepten solle über die Einführung in der Kommune breit diskutiert werden. Sodann sollten auf der Arbeitsebene die Ergebnisse der Diskussion in konkrete Vorschläge gefaßt werden, woraufhin diese wiederum in der Öffentlichkeit behandelt werden sollte. Gerade angesichts der Tatsache, daß auf das Parken bezogene Regelungen des Verkehrsrechts wie der Verkehrspolitik vor Ort oft zu emotionalisierten Diskussionen führten, könnten die Empfehlungen des NWStGB aufgrund ihrer verkehrswissenschaftlich fundierten Ausarbeitung zu einer Versachlichung führen. Gleichzeitig stellte der Ausschuß ausdrücklich fest, daß die Empfehlungen lediglich als Arbeitshilfen für die Diskussion gedacht seien.

Beigeordneter Giesen, Geschäftsstelle, erläuterte anschließend ein Diskussionspapier der Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen mit dem Thema "Stadt und Verkehr - die nächsten 10 bis 15 Jahre". Als problematisch stellte er bereits die Definition einer "Stadtverträglichkeit" des Verkehrs und die Festlegung von Grenzen hierzu heraus. Aus Verbandssicht müsse der notwendige Verkehr zugelassen bleiben und seine Abwicklung gesichert werden, während verzichtbarer Autoverkehr zurückzunehmen sei. Bei der Frage einer Zuordnung von Nutzung und Verkehr stelle sich nach Auffassung der FGSV-Beratungskommission zunächst die Frage nach einer Steuerung von Ortsveränderungen. Hier gewännen Gesichtspunkte der Raumüberwindungskosten und der Zeit der Ressourcen, aber auch der Beeinflussung der Entfernungsverhaltens an Bedeutung. Eine Stadt der kurzen Wege sei aus Sicht der Kommission eine Illusion, da die Forderung nach Nutzungsmischung schnell ihre Grenze finde. Als nachdenkenswert werde aber der Ansatz befunden, mittel- und langfristig eine verträgliche kleinräumige "Nutzungsnachbarschaft" zu fördern.

In der Diskussion bestritt der Ausschuß insbesondere die Forderung der Kommission, die weitere Entwicklung der Siedlungsstruktur müsse sich am bestehenden Angebot des öffentlichen Verkehrs ausrichten. Aus kommunaler Sicht sei ein derartiger Vorrang der Verkehrsplanung vor der Stadtplanung generell nicht akzeptabel. Allerdings könne die ÖPNV-Anbindung im Einzelfall ein wichtiges Kriterium für die Entscheidung bei Planungsalternativen sein.

Referent Thomas, Geschäftsstelle, berichtete sodann über neue Entwicklungen bei den Ausgleichsleistungen für den Ausbildungsverkehr nach § 45 a PBefG. Zunächst stellte er heraus, daß gerade für außerhalb der Ballungsgebiete operierende Verkehrsunternehmen der Schülerverkehr eine wichtige Stütze des allgemeinen Linienverkehrs sei. Ohne die Grundauslastung durch den Schülerverkehr sei in vieler eher schwach besiedelten Regionen ein öffentlicher Linienverkehr nur eingeschränkt vorstellbar. Da gleichzeitig die ÖPNV-Vorrangpolitik ein erklärtes Ziel des Landes sei, müsse aus Sicht der ländlichen Regionen vehement eine Unterstützung von Landesseite beim Schülerverkehr gefordert werden. Allerdings werde durch die zur Änderung anstehende Kostensatzverordnung der ländliche Bereich bereits zum zweiten Mal benachteiligt. Zu Beginn des Schuljahres 1994/95 habe das Land nämlich eine Änderung der Berechnungsmethode zur Ermittlung des Ausgleichsanspruchs vorgenommen. Bis dahin sei die Praxis gebilligt worden, daß Monatskarten auch dann wie Monatskarten berechnet wurden, wenn sie nachweislich das ganze Jahr über abgenommen wurden mit der Folge, daß die Gültigkeitstage pro Jahr nicht 240, sondern 286 Tage betrugen. Seit dem genannten Termin berechne das Land in den Fällen, in denen die Monatskarte für das ganze Jahr gekauft werden, pro Jahr die pauschalierten 240 Gültigkeitstage. Den kommunalen Spitzenverbänden habe das Verkehrsministerium damals einen Ausgleich bei der zukünftigen Änderung der Kostensätze in Aussicht gestellt. Dieser Ausgleich erfolge nun aber nur in der Kostensatzgruppe 1, nämlich für den Großstadtbereich, während die anderen Kostensatzgruppen im wesentlichen stagnierten.

Der Geschäftsstelle sei es gelungen, eine gemeinsame Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände herbeizuführen. Die Forderungen des NWStGB seien dabei nicht nur aus Sicht des überwiegend ländlich strukturierten Raumes interessengerecht, sondern auch objektiv gerechtfertigt. Das Gutachten, das der Änderung der Kostensatzverordnung zugrunde liege, stelle keinen Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen den einzelnen Kostensatzgruppen dar, berücksichtige daher die Wirtschaftlichkeitsbemühungen der einen Kostensatzgruppe im Vergleich zu anderen nicht. Der Verband bewerte des weiteren kritisch, daß das Gutachten die sehr differenzierten Strukturen der Verkehrsunternehmen innerhalb der Kostensatzgruppen 2 und 3 nicht berücksichtige. Somit dürfe nach Auffassung des Berichterstatters das Land nicht weiter ein Gutachten vor sich herschieben, das die genannten Fakten nicht berücksichtige, sondern müsse den ÖPNV auch im ländlichen Bereich stärken. Der Ausschuß unterstützte diese Argumentation der Geschäftsstelle und bat sie, diese Position im weiteren Verordnungsverfahren zu vertreten.

In einem Sachstandsbericht zur Poststrukturreform III gab Referent Gerbrand, Geschäftsstelle, einen Überblick über die Entwicklung im Telekommunikationsbereich. Eine Grundsatzforderung des Städte- und Gemeindebundes sei die Anerkennung des kommunalen Wegerechts. Beim Bund bestehe die Absicht, Lizenznehmern das Recht einzuräumen, kommunale Wege und Plätze unentgeltlich nutzen zu können. Von Kommunen geforderte Entgelte für die Leitungsverlegung könnten auf die Telefontarife niederschlagen. Dieses Argument sei aus kommunaler Sicht nicht stichhaltig, da immer nur von einem Entgelt "in angemessener Höhe" die Rede gewesen sei. Unabhängig von der Frage der Entgelthöhe müsse es aber auch zunächst darum gehen, die grundsätzliche Regelung der Zahlung eines Entgelts durch Lizenznehmer an die Kommunen bei Nutzung von Verkehrswegen durchzusetzen, bevor die Modalitäten geregelt würden. Aus Verbandssicht bestehe eine gewisse Chance, daß die kommunale Position im laufenden Gesetzgebungsverfahren doch noch berücksichtigt werde. Es sei insbesondere zu hoffen, daß der Bundesrat die Forderung der Kommune unterstütze. So sei im Landtag NW ein Antrag der Fraktion SPD und der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN unterstützt worden, mit dem der Landtag die Landesregierung auffordert, im Bundesrat die Zustimmung zum Telekommunikationsgesetz nur dann zu erteilen, wenn eine Regelung in den Gesetzentwurf aufgenommen wird, wonach die Benutzung öffentlicher Wege zur Verlegung und Nutzung von Telekommunikationsleitungen durch Lizenznehmer gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts erfolgt.

Schließlich erörterte der Ausschuß verschiedene verkehrs- und strukturpolitische Themen. U.a. berichtete Referent Thomas über einen zwischen Bund, Ländern und Kommunen auf Fachebene erzielten Kompromiß zur Ortsdurchfahrtenpauschale bei der Straßenentwässerung. Es werde von Bund und Land NW akzeptiert, daß die Pauschale entsprechend der Baupreisentwicklung erhöht werden müsse. Hinzu komme ein Aufschlag für erhöhte Aufwendungen, die die Kommunen aufgrund neuer Standards im Abwasserbereich zu leisten hatten. Die neue Pauschale werde voraussichtlich mit Stichtag 01.01.1996 im 3-Jahres-Rhythmus entsprechend der Baukastenentwicklung erhöht. Damit wäre ein wesentlicher Eckpunkt der kommunalen Position erfüllt. Die bisherige Diskussion habe sich dadurch ausgezeichnet, daß von Bundes- und Landesseite immer wieder eine Erhöhung in Aussicht gestellt worden sei, eine Umsetzung dann allerdings nicht erfolgt sei. Auch die Pauschale pro Straßeneinlauf solle (von 700 auf 800 DM) erhöht werden. Ferner solle die vom DStGB seit langem geforderte Nachrüstungsklausel eingeführt werden. Sie solle sicherstellen, daß zukünftig ein Kostenbeitrag von den Landschaftsverbänden gefordert werden könne, wenn der Kommune zusätzliche Kosten insbesondere aufgrund staatlicherseits aufgestellter Umweltstandards entstehen. Für besondere Härtefälle sei eine Öffnungsklausel vorgesehen, die es den Landschaftsverbänden und einzelnen Gemeinden ermögliche, Extremfälle aufgrund z.B. örtlicher topographischer Gegebenheiten flexibler zu lösen. Eine Grunderneuerung einer gemeindlichen Kanalisation solle behandelt werden wie ein Neufall, so daß eine Pauschalabgeltung nach der neuen, erhöhten Pauschale erfolge. Ungeregelte Altfälle, in denen also bisher keine Vereinbarung besteht, sollten geregelte Neufälle werden, es solle also ein Vereinbarung mit der neuen Pauschale geschlossen werden, allerdings sei dabei die Restnutzungsdauer der gemeindlichen Kanalisation zu berücksichtigen. Die Änderung der Ortsdurchfahrtenrichtlinie stehe noch unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Finanzminister sowie der Verabschiedung in den zuständigen Bund/Länder-Fachgremien.

Auf Einladung von Gemeindedirektor Guthoff soll die nächste Sitzung des Ausschusses am 20. Juni 1996 in Havixbeck stattfinden.

Az.: III/1 n 5

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