Mitteilungen - Verband Intern

StGB NRW-Mitteilung 508/1998 vom 20.09.1998

Arbeitsgemeinschaft für den Regierungsbezirk Köln

Am 20.08.1998 fand in Jülich die 52. Sitzung der Arbeitsgemeinschaft für den Regierungsbezirk Köln statt. Der Vorsitzende, Stadtdirektor Feller, Erkelenz, konnte neben den Vertretern der Mitgliedskommunen als Repräsentanten der gastgebenden Stadt Jülich Herrn Bürgermeister Dr. Nieveler und Herrn Stadtdirektor Stomme begrüßen. Ebenfalls anwesend war Landrat Lucas,Kreis Düren, sowie als Vertreter der Bezirksregierung Herr Abteilungsleiter Schmidt.

Bürgermeister Dr. Nieveler begrüßte die Teilnehmer der Tagung und gab einen Überblick über die aktuelle Lage und den zurückliegenden Strukturwandel der Stadt Jülich. Er wies darauf hin, daß es gut 200 Jahre gedauert habe, die durch den Festungscharakter der Stadt Jülich bedingten Strukturprobleme zu überwinden. Heute weise die Stadt Jülich eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur auf, was durch die Ausrichtung der Landesgartenschau eindrucksvoll zum Ausdruck komme. Auch Landrat Lucas wies in seinem Grußwort auf Strukturprobleme und Leistungsfähigkeit der Region des Kreises Düren und der Stadt Jülich im speziellen hin.

Im ersten Fachvortrag der Veranstaltung berichtete der stellvertretende Geschäftsführer des NWStGB, Dr. Bernd Jürgen Schneider über aktuelle Probleme der kommunalen Finanzen. Hierbei ging er zunächst auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofes vom 09.07.1998 ein, welcher die Verfassungsbeschwerden von gut 200 Städten und Gemeinden gegen die Gemeindefinanzierungsgesetze 1998 und 1999 zurückgewiesen hat. Festzuhalten sei, so Dr. Schneider, daß das Gericht zwar die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen habe, jedoch keinerlei Aussagen zu der Frage getroffen habe, ob der gegenwärtige Finanzausgleich angemessen, vom Volumen her ausreichend und sachgerecht sei. Nach wie vor seien insbesondere folgende Schwachpunkte im kommunalen Finanzausgleich nicht ausgeräumt:

- Das Gesamtvolumen des kommunalen Finanzausgleichs sei offensichtlich nicht ausreichend, wenn mehr als zwei Drittel der Städte und Gemeinden in NRW ihren Haushalt strukturell nicht ausgleichen können. Die Höhe der Finanzzuweisungen könne nicht vollständig von der Leistungsfähigkeit und der Haushaltssituation des Landes abhängig gemacht werden. Beides werde vom Ausgabeverhalten des Landes, auf das die Städte und Gemeinden keinen Einfluß haben, bestimmt. Im übrigen stehe die Aussage des Verfassungsgerichtshofes, daß die Höhe der Finanzzuweisungen vollständig von der Leistungsfähigkeit des Landes abhängig sei, im Gegensatz zu Urteilen der Verfassungsgerichte anderer Bundesländer, die einen von der Leistungsfähigkeit des Landes unabhängigen Mindestbestand der kommunalen Finanzausstattung als verfassungsrechtlich geboten ansehen.

- Die Einwohnergewichtung beim kommunalen Finanzausgleich sei heute nicht mehr zu begründen. Der Finanzbedarf pro Einwohner in großen und kleinen Städten habe sich in den zurückliegenden Jahrzehnten bis auf wenige Ausnahmen weitgehend angeglichen.

- Einheitliche fiktive Hebesätze bei den Realsteuern zur Bemessung der Steuerkraft entsprechen nicht der unterschiedlichen Realität in Städten und Gemeinden. Vielmehr sei, wie das Gutachten Junkernheinrich/Micosatt eindeutig belege, eine Differenzierung zwischen Kernstädten, Ballungsrandzonen und ländlichen Räumen geboten.

Weiterhin ging Dr. Schneider auf die im Gemeindefinanzierungsgesetz 1999 vorgesehene Befrachtung in Höhe von 325 Mio DM, welche der Finanzierung der Landesleistungen im Flüchtlingsaufnahmegesetz dienen soll, ein. Es sei in keiner Weise hinzunehmen, wenn das Land seine Kostenbelastung aus dem Flüchtlingsaufnahmegesetz in Höhe von insgesamt 575 Mio DM zu 56 % auf die Städte und Gemeinden abwälzen wolle. Dies stehe im krassen Widerspruch zu der Entschließung des Landtages, keine weiteren Kostenbelastungen der Städte und Gemeinden durch gesetzgeberische Maßnahmen ohne entsprechende Finanzmittelzuweisungen durchzuführen. Im übrigen sei diese Befrachtung erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt, da der Verfassungsgerichtshof NW die bisherige Regelung – also bei voller Landesfinanzierung – für verfassungsgemäß erachtet hatte, die beabsichtigte Neuregelung entfernt sich grundlegend von dieser verfassungsgemäßen Ausgestaltung.

In einem zweiten Vortrag ging Referent Stein, NWStGB auf aktuelle Streitfragen zur Kreisumlage ein. Er formulierte insoweit folgende Thesen:

1. Die Kreisumlage ist für viele Städte und Gemeinden der Schlüssel zur Haushaltskonsolidierung. Ohne erhebliche Senkung der Kreisumlagebelastung ist eine nachhaltige Konsolidierung nicht vorstellbar.

2. Die Kreise in Nordrhein-Westfalen haben keine Ausweichs- und Ergänzungsfunktion. Sie müssen sich auf die Wahrnehmung kreisbezogener Aufgaben beschränken. Gemeindliche Aufgaben dürfen nur durch die Gemeinden wahrgenommen werden.

3. Die Sonderkreisumlage ist auch für einfache Verwaltungstätigkeiten einzuführen. Gleichzeitig sind die Schwellenwerte der Funktionalzuständigkeiten auf 20.000/50.000 Einwohner herabzusetzen. Die Aufgabenzuweisung im kreisangehörigen Raum ist weiter zu flexibilisieren.

4. Kritik an der Wirtschaftlichkeit des Kreishaushaltes kann nur in den seltensten Fällen gerichtlich geltendgemacht werden. Sie kann und sollte aber im Anhörungsverfahren des § 55 Kreisordnung NW geltendgemacht werden.

5. Städte, Gemeinden und Kreise sitzen in einem Boot. Es besteht kein Anlaß, "das Kriegsbeil mit den Kreisen auszugraben". Wohl aber sollte noch intensiver als in der Vergangenheit der konstruktive und wo nötig kritische Dialog geführt werden, um dem gemeinsamen Ziel, der Konsolidierung der Haushalte aller kommunalen Gebietskörperschaften, ein Stück näherzukommen.

Schließlich berichtete das Geschäftsführende Präsidialmitglied des NWStGB, Friedrich Wilhelm Heinrichs, über aktuelle kommunalpolitische Tagesfragen.

GPM Heinrichs ging zunächst auf die Regelungen im Bereich der Kindergärten und Kindertagesstätten ein. Hier ist durch den mittlerweile gefundenen Kompromiß eine Entlastung in Höhe von 440 Mio DM erreicht worden. Dies sei insbesondere durch Personaleinsparungen sowie die Entkopplung von Sach- und Personalkosten erreichbar gewesen.

Weiterhin ging GPM Heinrichs auf die Fragen der wirtschaftlichen Betätigung der Städte und Gemeinden ein. Er wies die Kritik des Handwerkskammertages zurück, welcher beanstandet hatte, daß die Städte und Gemeinden in ihrer wirtschaftlichen Betätigung den Rahmen des Zulässigen und Sinnvollen verlassen. GPM Heinrichs vertrat vielmehr die Auffassung, daß zumindest die Städte und Gemeinden des kreisangehörigen Raumes hier mit der gebotenen Zurückhaltung agieren und nur solche Betätigungen aufnehmen, welche zum einen zulässig und zum anderen auch wirtschaftlich sinnvoll und weitgehend risikofrei seien.

Weiterhin ging GPM Heinrichs auf die Fragen der Verwaltungsmodernisierung ein. Hier sei vor dem Hintergrund der Regierungserklärung von Ministerpräsident Clement eine durchaus dynamische Entwicklung zu erwarten. Im Rahmen einer Verwaltungsstrukturreform sei das gestufte Aufgabenmodell weiter zu flexibilisieren, die Schwellenwerte seien auf 50.000/20.000 Einwohner herabzusenken. Die Zuständigkeit für die Sozialhilfe sei auf die Städte und Gemeinden (örtliche Trägerschaft) bzw. die Kreise und Städte (überörtliche Trägerschaft) zu verlagern. Die Zuständigkeit der Landschaftsverbände sei hier nicht mehr begründbar. Ebenso sei nicht nachzuvollziehen, warum die Landschaftsverbände den Maßregelvollzug durchzuführen haben, da es sich hierbei um keine kommunale, sondern um eine staatliche Aufgabe handele.

Die Landschaftsverbände seien in Zukunft nicht mehr als umlagefinanzierte Zwangsverbände denkbar, sondern als kommunale Dienstleistungsunternehmen, welche sich konkret leistungsbezogen und nicht umlagebezogen refinanzieren müssen.

Az.: IV/1 992-06

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