Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 472/1996 vom 20.09.1996

Anschlußbeiträge bei Niederschlagswasserbeseitigung durch öffentliche Mulden-Rigolen-Systeme

In der letzten Zeit tauchen vermehrt beitragsrechtliche Fragestellungen in Zusammenhang mit der Beseitigung von Niederschlagswasser auf. Anlaß dafür ist letztlich die Regelung des § 51a LWG, wonach Niederschlagswasser unter bestimmten Voraussetzungen vor Ort zu versickern, zu verrieseln oder ortsnah in ein Gewässer einzuleiten ist. Eine Form der Versickerung ist die Beseitigung des Niederschlagswassers über ein sog. Mulden-Rigolen-System. Dabei wird Niederschlagswasser entweder über Anschlußleitungen, über Gräben oder aber durch Ausnutzung natürlichen oder künstlich angelegten Gefälles oberflächlich in ein System von Versickerungsmulden bzw. -rigolen eingeleitet. Die Systeme werden teilweise privat, teilweise in kommunaler Trägerschaft betrieben.

Beitragsrechtliche Probleme entstehen nun in den Fällen, in denen eine Gemeinde ein solches Mulden-Rigolen-System als Bestandteil der öffentlichen Einrichtung "Abwasserbeseitigung" öffentlich betreibt und das Niederschlagswasser der angebundenen Grundstücke dem System lediglich oberflächlich (also ohne Rohre oder sonstige besondere technische Vorrichtungen) zugeführt wird. Hier wird von Städten und Gemeinden häufig die Frage aufgeworfen, ob solche Grundstücke zu einem Anschlußbeitrag für das Ableiten des Niederschlagswassers veranlagt werden können.

Nach § 8 Abs. 4 Satz 3 KAG kann bei "leitungsgebundenen Einrichtungen und Anlagen, die der Versorgung oder Abwasserbeseitigung dienen", der durchschnittliche Aufwand für die gesamte Anlage veranschlagt und zugrunde gelegt werden. Das Gesetz verwendet insoweit die Legaldefinition "Anschlußbeitrag". Aus der ausdrücklichen Erwähnung der leitungsgebundenen Einrichtungen einerseits und aus der Verwendung des Begriffs "Anschlußbeitrag" andererseits ziehen einige unserer Mitgliedsstädte und -gemeinden nunmehr den Schluß, in den skizzierten Fällen der Niederschlagswasserbeseitigung im Rahmen eines öffentlichen Mulden-Rigolen-Systems ohne rohrtechnische Verbindung dürfe ein Anschlußbeitrag nicht erhoben werden.

Unseres Erachtens ist diese Schlußfolgerung nicht zwingend. Der Begriff der leitungsgebundenen Einrichtungen und Anlagen dürfte nämlich in gewissem Sinne dynamisch zu verstehen sein. Auch wenn sich der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des KAG vermutlich nicht vorstellen konnte, daß eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung gut 2½ Jahrzehnte nach der Verabschiedung des Gesetzes auch ohne leitungsmäßige Verbindung stattfinden kann, gehen wir nicht davon aus, daß er eine solche Entwicklung verhindern bzw. von der Beitragsfinanzierung ausschließen wollte. Vielmehr meinen wir, daß der Gesetzgeber die leitungsgebundenen Anlagen, für die er in § 8 Abs. 4 Satz 3 KAG durch den Hinweis auf den durchschnittlichen Aufwand doch eigentlich nur ein besonderes Verfahren zur Aufwandsberechnung erlauben wollte, in Abgrenzung zu den öffentlichen Anlagen gesehen hat, die keine feste, dauerhafte Verbindung zu den jeweiligen Grundstücken aufweisen. Wir möchten "leitungsgebunden" daher nicht im Sinne von rohrtechnischer Abwasserleitung, sondern im Sinne von "Abwasser zuleiten" verstehen. Damit könnte auch in den Fällen der Niederschlagswasserbeseitigung im Rahmen eines öffentlichen Mulden-Rigolen-Systems ohne rohrtechnische Verbindung ein Anschlußbeitrag erhoben und der beitragsfähige Aufwand in gewohnter Weise kalkuliert werden.

Die Kommentierung von Dietzel in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 1996, Rdnrn 502 ff. zu § 8 KAG legt demgegenüber den Begriff der leitungsgebundenen Einrichtungen und Anlagen eng aus. In die gleiche Richtung geht auch die Rechtsauffassung des Innenministeriums NRW. Dieses hat mit Schreiben vom 30.07.1996 - III B 4 - 4/32-3252/96 - darauf hingewiesen, die in § 8 KAG enthaltenenen Formulierungen "Anschlußbeitrag", "bei leitungsgebundenen Einrichtungen", ".....angeschlossen werden kann" ließen nur den Schluß zu, daß eine abwassertechnische Verbindung mit der Kanalisation vorliegen müsse. Hieran mangele es aber, wenn Niederschlagswasser der angebundenen Grundstücke dem System lediglich oberflächlich (also ohne Rohre oder sonstige besondere technische Vorrichtungen) zugeführt werde. Bei solchen Vorgängen von einer Beitragspflicht auszugehen, entspreche nicht der Gesetzeslage und sei auch nicht mit den Intentionen des Landesgesetzgebers zu vereinbaren. Nach Ansicht des Innenministeriums dürfen in solchen Fällen demnach keine Anschlußbeiträge erhoben werden.

Ergänzend weist das Ministerium auf folgendes hin:

"Hinsichtlich des von einem Grundstück in die Verrohrung eingeleiteten Niederschlagswassers wird ein Gebührentatbestand verwirklicht, da die Verrohrung - mit daran anschließende offene Vorfluter - Bestandteil der öffentlichen Abwasseranlage ist (OVG Münster, Urt. V. 05.09.1986 - 2 A 2955/83 -). Umgekehrt liegt nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 05.09.1986 - 2 A 3140/83 - kein Anschluß im Rechtssinne vor, wenn z.B. Niederschlagswasser von einer befestigten Hoffläche infolge des natürlichen Gefälles in den in der Straße verlegten Kanal gelangt. Nach meiner Auffassung läßt auch die stringente Rechtsprechung zum Gebührenrecht keine andere rechtliche Bewertung hinsichtlich des Beitragsrechts zu."

Az.: IV/1 24-22

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