Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 146/2006 vom 14.02.2006

Anschluss- und Benutzungszwang bei Fernwärme

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 25.01.2006 entschieden, dass das zur Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs (Fernwärme) per kommunaler Satzung erforderliche dringende öffentliche Bedürfnis auch in einem Beitrag zum Klimaschutz bestehen kann. Insofern reiche es aus, wenn die Fernwärmeversorgung nur bei globaler Betrachtung unter Einbeziehung ersparter Kraftwerksleistungen an anderer Stelle zu einer beachtlichen Verringerung des Schadstoffausstoßes führe (AZ: 8 C 13/05).

Sachverhalt

Die beklagte Kommune betreibt eine öffentliche Fernwärmeversorgung, für die sie durch Satzung einen Anschluss- und Benutzungszwang angeordnet hat. Gemäß der Satzung soll die Fernwärmeversorgung mittels Kraft-Wärme-Kopplung einen Beitrag zum Schutz der Luft und des Klimas als natürliche Grundlagen des Lebens leisten. Durch einen möglichst hohen Versorgungsgrad sollen klimaschädliche Kohlendioxid-Emissionen im Vergleich zu einer Wärmeversorgung mit Einzelfeuerungsanlagen verringert werden.

Die Klägerin hatte die Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang beantragt, weil sie ihr Bürogebäude mit einer kostengünstigeren Einzelbefeuerungsanlage beheizen wollte. Die Klage der Antragstellerin gegen den ablehnenden Bescheid der Gemeinde vor dem zuständigen Verwaltungsgericht sowie die Berufung waren ohne Erfolg.

Entscheidung

Bereits das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein hat in Auslegung des Landesrechts, an die das Bundesverwaltungsgericht gebunden ist, festgestellt, dass ein dringendes öffentliches Bedürfnis im Sinne der Satzungsermächtigung der Gemeindeordnung S-H für die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs auch dann angenommen werden könne, wenn die Fernwärmeversorgung nur bei globaler Betrachtung unter Einbeziehung ersparter Kraftwerksleistungen an anderer Stelle zu einer beachtlichen Verringerung des Schadstoffausstoßes führe (OVG Schleswig 2 LB 62/04). Gemäß BVerwG sind diese Erwägungen auch mit Bundes- und Europarecht vereinbar.

Insbesondere schließe Art. 28 Abs. 2 GG es nicht aus, dass der Landesgesetzgeber in Erfüllung seiner ihm obliegenden Verpflichtung, auf die Verwirklichung der Staatszielbestimmung des Art. 20a GG hinzuwirken, den Kommunen zusätzliche Befugnisse übertrage, die den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sichern sollen. Die Entscheidung, ob die Fernwärmeversorgung mit Kraft-Wärme-Kopplung ein zum Klimaschutz geeignetes Mittel ist, obliege dem Gesetzgeber. Auch europäische Wettbewerbsregeln stünden der Anordnung eines kommunalen Anschluss- und Benutzungszwangs aus Gründen des Klimaschutzes nicht entgegen.

Anmerkung

Die Möglichkeit der Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs per kommunaler Satzung richtet sich nach der entsprechenden Satzungsermächtigung der Gemeindeordnung (GemO) des jeweiligen Bundeslandes. Die maßgebliche Vorschrift des § 17 Abs. 2 S. 1 GemO S-H lautet:

(Die Gemeinde) „kann bei dringendem öffentlichen Bedürfnis durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebiets den Anschluss an die Wasserversorgung, die Abwasserbeseitigung, die Abfallentsorgung, die Versorgung mit Fernwärme, die Straßenreinigung und ähnliche der Gesundheit und dem Schutz der natürlichen Grundlagen des Legens dienende öffentliche Einrichtungen (Anschlusszwang und die Benutzung dieser Einrichtungen und der Schlachthöfe (Benutzungszwang) vorschreiben.“

Die entsprechende Vorschrift in § 9 Abs. 1 GO NW ist weitestgehend identisch mit der Vorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 1 GemO S-H und lautet wie folgt:

(Satz 1) „Die Gemeinden können bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebiets den Anschluss an Wasserleitung, Kanalisation und ähnliche der Volksgesundheit dienende Einrichtungen sowie an Einrichtungen zur Versorgung mit Fernwärme (Anschlusszwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen und der Schlachthöfe (Benutzungszwang) vorschreiben ……

(Satz 4) Im Falle des Anschluss- und Benutzungszwangs für Fernwärme soll die Satzung zum Ausgleich von sozialen Härten angemessene Übergangsregelungen enthalten.“

Az.: IV/3 812-00

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