Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 314/2021 vom 18.05.2021

Änderung des LWG NRW in Kraft getreten

Das Artikel-Gesetz zur Änderung des Landeswasserrechts vom 04.05.2021 ist im Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 39/2021 vom 17.05.2021 (S. 560) verkündet worden. Gemäß Art. 7 tritt das Artikelgesetz einen Tag nach der Verkündung, also am 18.05.2021, in Kraft. Ausgenommen ist die Aufhebung des § 35 Abs. 2 LWG NRW, die erst am 01.10.2021 in Kraft tritt. Durch Art. 1 wird das Landeswassergesetz NRW (LWG NRW) geändert. Die wesentlichen Änderungen stellen sich wie folgt dar:

1. Wasserversorgung (§§ 37 bis 40 LWG NRW)

In § 37 Abs. 2 Satz 1 LWG NRW wird der Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung vor anderen Wasserentnahmen präziser herausgestellt. Die Folgen des Klimawandels verschärfen die Konkurrenzen zwischen Entnahmen der öffentlichen Wasserversorgung, der Eigenversorgung der Wirtschaft und Industrie sowie der Landwirtschaft. Dieses haben insbesondere die längeren Trockenperioden in den Jahren 2018 bis 2020 gezeigt. Deshalb soll durch die Regelung in § 37 Abs. 2 Satz 1 LWG NRW ein Entnahmerecht für den öffentlichen Wasserversorger sichergestellt werden, damit dieser Zugriff auf ausreichende Wassermengen hat, um die Trinkwasserversorgung sicherzustellen. Der Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung muss insbesondere für eine Menge gelten, die erforderlich ist, um die öffentliche Trinkwasserversorgung und damit die Gesundheit der Bevölkerung sicherzustellen (LT-Drucksache 17/9942, S. 94).

§ 37 Abs. 2 LWG NRW hat folgenden Wortlaut:

„Wasserentnahmen der öffentlichen Wasserversorgung, soweit sie die öffentliche Trinkwasserversorgung und damit die Gesundheit der Bevölkerung sicherstellen, haben Vorrang vor anderen Wasserentnahmen. Das Nähere, insbesondere die Grundlagen für die erforderliche Abwägungsentscheidung, wird in einer Verwaltungsvorschrift des für Umwelt zuständigen Ministeriums geregelt“.

Zu beachten ist, dass der Begriff des Vorrangs der öffentlichen Wasserversorgung für Wasserentnahmen besteht, soweit diese der öffentlichen Trinkwasserversorgung und damit der Gesundheit der Bevölkerung dienen. Dennoch muss die Vorrang-Regelung aus der Sicht des StGB NRW mit Blick auf den Inhalt der Wasserversorgungspflicht in § 38 Abs. 1 LWG NRW ausgelegt werden. Zur Wasserversorgungspflicht gehört gemäß § 38 Abs. 1 LWG NRW auch eine nach den örtlichen Verhältnissen angemessene Löschwasserversorgung, so dass diese „Annex-Aufgabe“ bei Wasserentnahmen Berücksichtigung finden muss. Dabei dient auch die Bereitstellung von Löschwasser zur Brandbekämpfung und die Verwendung von Trinkwasser aus dem öffentlichen Trinkwasserversorgungsnetz der Gesundheit der Bevölkerung, weil es bei der Brandbekämpfung nicht nur darum geht, Sachschäden, sondern auch Personenschäden zu vermeiden. Ebenso müssen die Vorgaben des Bundes-Trinkwasserversorgung beachtet werden. In § 3 Nr. 1 der Bundes-Trinkwasserverordnung (TrinkwV) wird vorgegeben, dass für bestimmte Verwendungszwecke Trinkwasser verwendet werden muss. Dieses gilt etwa für die Essenszubereitung, die Körperpflege/-reinigung sowie die Reinigung von Gegenständen, die bestimmungsgemäß nicht nur vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Kontakt kommen (§ 3 Nr. 1 lit a TrinkwV). Ebenso muss für die Herstellung von Lebensmitteln, Trinkwasser eingesetzt werden (§ 3 Nr. 1 lit. b TrinkwV). In Anbetracht dessen muss durch die öffentliche Wasserversorgung grundsätzlich auch sichergestellt werden, dass ausreichend Trinkwasser für die Produktion von Lebensmitteln zur Verfügung steht, damit die Vorgaben der Bundes-Trinkwasserverordnung eingehalten werden können. Auch unter diesem Blickwinkel dient die öffentliche Trinkwasserversorgung dazu, die Gesundheit der Bevölkerung sicherzustellen, in dem Lebensmittel unter Verwendung von Trinkwasser einwandfrei hergestellt werden können.

In § 37 Abs. 2 Satz 2 LWG NRW wird klargestellt, dass Einzelheiten für die erforderliche Abwägungsentscheidung in einer Verwaltungsvorschrift des für Umwelt zuständigen Ministeriums geregelt werden. Mit dieser Verwaltungsvorschrift soll eine ausführliche Orientierung dahin erfolgen, wie im Einzelfall eine sachgerechte Entscheidung durch die zuständige Wasserbehörde getroffen werden kann (vgl. LT-Drucksache 17/13556, S. 7).

2. Beseitigung von Niederschlagswasser (§ 44 LWG NRW)

In § 44 Abs. 1 Satz 2 LWG NRW wird wieder klargestellt, dass auch öffentliche Mischwasserkanäle weiter betrieben werden können. Dieses gilt auch für die Erneuerung von bereits bestehenden öffentlichen Mischwasserkanälen. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 LWG NRW (neu) ist Niederschlagswasser, das aufgrund einer nach bisherigem Recht zugelassenen Kanalisationsnetzplanung gemischt mit Schutzwasser (also über einen öffentlichen Mischwasserkanal) einer öffentlichen Abwasseranlage zugeführt wird oder werden soll, von der Verpflichtung zur ortsnahen Niederschlagswasserbeseitigung gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 LWG NRW ausgenommen, wenn der technische oder wirtschaftliche Aufwand unverhältnismäßig ist. Anknüpfungspunkt dieser Regelung ist die bundesrechtliche Vorgabe zur ortsnahen Niederschlagswasserbeseitigung als Soll-Vorgabe in § 55 Abs. 2 WHG. § 55 Abs. 2 WHG beinhaltet allerdings laut dem OVG NRW (Beschluss vom 22.11.2018 – Az.: 15 A 2301/17 -) nur einen programmatischen Grundsatz, und verdrängt nicht landesrechtliche Regelungen über die Abwasserbeseitigungspflicht und Abwasserüberlassungspflicht. § 55 Abs. 2 WHG begründet deshalb keinen Rechtsanspruch des privaten Grundstückeigentümers auf Versickerung des Regenwassers oder auf eine ortsnahe Gewässereinleitung (so: OVG NRW, Beschluss vom 22.11.2018 – Az.: 15 A 2301/17 - ), denn die Beseitigung des Niederschlagswassers (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG) über das öffentliche Kanalnetz dient dazu, Überschwemmungen auf Nachbargrundstücken und öffentlichen Verkehrsflächen zu vermeiden (so: OVG NRW, Beschluss vom 28.02.2020 – Az.: 15 A 657/19 -). Ebenso hat das BVerwG (Beschluss vom 12.02.2019 - Az.: 7 BN 2.18) klargestellt, dass mit der Regelung in § 55 Abs. 1 Satz 2 WHG lediglich den abwasserbeseitigungspflichtigen Gemeinden der Spielraum eröffnet werden soll, dezentrale Entsorgungskonzepte verfolgen zu können, gleichwohl dadurch allerdings das zentralisierte Abwasserbeseitigungsmodell über öffentliche Abwasserkanäle hierdurch nicht aufgegeben oder eingeschränkt wird (so auch: OVG NRW, Beschluss vom 26.02.2018 – Az.: 15 B 853/17 -). Auch unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ist es folgerichtig, dass die sog. Schutzklausel des § 51 a Abs. 3 LWG NRW a. F. für öffentliche Mischwasserkanäle, die im LWG NRW 2016 gestrichen worden war, wieder in § 44 Abs. 1 Satz 2 LWG NRW aufgenommen worden ist (vgl. hierzu zuletzt: OVG NRW, Beschluss vom 16.11.2011 – Az.: 15 A 854/10 – gesetzgeberische Systementscheidung zugunsten des Mischwasserkanals). Das OVG NRW hatte zudem mit Beschluss vom 23.08.2018 (Az.: 15 A 2063/17 – Rz. 34 der Urteilsgründe – abrufbar unter: www.justiz.nrw.de) die generelle Anschlusspflicht an den öffentlichen Mischwasserkanal weiterhin angenommen.

Die Wiederaufnahme entspricht auch dem Regelungsgehalt des § 55 Abs. 2 WHG, denn der ortsnahen Regenwasserbeseitigung durch Versickerung, Verrieselung, unmittelbarer Einleitung in ein Gewässer oder eine Einleitung über einen öffentlichen Regenwasserkanal steht unter dem ausdrücklichen bundesgesetzlichen Vorbehalt, dass keine wasserrechtlichen Vorschriften, keine wasserwirtschaftlichen Belange oder sonstigen öffentlichen-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (LT-Drucksache 17/9942, S. 95).

Vor diesem Hintergrund ist insbesondere zu beachten, dass Niederschlagswasser erheblich verschmutzt sein kann, so dass eine Ableitung über einen öffentlichen Mischwasserkanal und eine anschließende Reinigung in einer Kläranlage dem Gewässerschutz Rechnung trägt. Hinzu kommt, dass an die Einleitung von Niederschlagswasser aus öffentlichen Regenwasserkanälen in Gewässer immer höhere Anforderungen an die Reinigung vor endgültiger Einleitung gestellt werden, was erhebliche Auswirkungen auf die Kosten und die Niederschlagswassergebühr (Regenwassergebühr) hat. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Umstellung von einem öffentlichen Mischwasserkanal auf ein öffentliches Trennkanalsystem für die betroffenen Grundstückseigentümer mit erheblichen Kosten auf ihren privaten Grundstücken verbunden ist, weil die Abwasserströme getrennt werden müssen und zwei private Abwasserzuleitungen auf dem privaten Grundstück im Regelfall neu gebaut werden müssen. Auch unter diesem Blickwinkel müssen vorhandene, öffentliche Mischwasserkanäle erneuert und saniert werden dürfen. Es macht ebenso grundsätzlich keinen Sinn, ein öffentliches Trennkanalsystem als Ersatz für ein öffentliches Mischwasserkanalsystem zu bauen oder ein öffentliches Trennkanalsystem vorzusehen, wenn dieses öffentliche Trennkanalsystem wieder in ein öffentliches Mischwasserkanalsystem mündet, weil eine Einleitung in ein Gewässer nicht möglich ist, da dieses in der Örtlichkeit überhaupt nicht vorhanden ist und eine Versickerung aufgrund der Bodenverhältnisse ebenfalls ausscheidet.

3. Hochwasserschutz und Abwasseranlage

Die Maßgabe in § 84 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LWG NRW, dass Abwasseranlagen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik hochwassersicher zu errichten und zu betreiben sind, wurde dahin geändert, dass die Nachrüstungsfrist für vorhandene Abwasseranlagen vom 31.12.2021 auf den 31.12.2027 verlängert worden ist.

4. Bußgeld-Vorschriften (§ 123 LWG NRW)

In 123 Abs. 4 LWG NRW wurde die im Jahr 2016 weggefallene Regelung des § 161 a LWG NRW a. F. wieder eingeführt, wonach Zuwiderhandlungen gegen Abwasserbeseitigungssatzungen der Städte und Gemeinden mit einem Bußgeld bis zu 50.000 € geahndet werden können. Ohne eine solche Regelung konnten Bußgelder nur bis zu 1.000 € festgesetzt werden (§ 7 Abs. 2 GO NRW i. V. m. § 17 OWiG).

Az.: 24.1.1.1 qu

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