Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 361/2002 vom 05.06.2002

Änderung des Landesabfallgesetzes NRW

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände im Land NRW (Städtetag NRW, Landkreistag NRW und Städte- und Gemeindebund NRW) hat mit Schreiben vom 2.5.2002 an den Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Landtag NRW folgende Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der CDU-Fraktion zur Änderung des Landesabfallgesetzes NRW (Landtags-Drucksache 13/2505) abgegeben:

" Das Anliegen Ihres Gesetzentwurfes, Abfallgebühren zu senken und die Korruption im Bereich der Vergabe abfallwirtschaftlicher Leistungen einzudämmen, ist aus kommunaler Sicht zu begrüßen. Wir sind allerdings der Auffassung, dass der von Ihnen vorgelegte Gesetzesentwurf die anvisierten Ziele nicht erreichen kann, sondern vielmehr das Gegenteil bewirken wird. Das ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Überlegungen:

1. Senkung der Abfallgebühren

Die Abfallbilanz NRW für Siedlungsabfälle 2000 (S. 37) macht deutlich, dass die private Abfallwirtschaft in Nordrhein-Westfalen bereits aktuell nur noch von wenigen privaten Unternehmen durchgeführt wird. Diese Situation bietet mittelfristig nicht die Gewähr dafür, dass über die mit dem Gesetzentwurf angestrebte Privatisierung eine Senkung der Abfallgebühren erreicht werden kann. Die gegenwärtige Entwicklung deutet vielmehr darauf hin, dass es zu einer weiteren Konzentration von privaten Abfallunternehmen kommen wird. Es steht zu erwarten, dass sich in Zukunft ein Oligopol herausbilden wird, das verträglichen Abfallgebühren entgegensteht. Im Übrigen zeigen die Erfahrungen aus Großbritannien im Bereich der vollständigen Privatisierung der Wasserversorgung, dass innerhalb von zehn Jahren die Frischwasserpreise um 77 % gestiegen sind und sich die erhofften Preissenkungen nicht eingestellt haben.

Schließlich ist mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass die dramatischen Erhöhungen der Abfallgebühren in den letzten Jahren gerade nicht auf fehlende Wirtschaftlichkeit kommunaler Anlagen oder nicht erfolgte Privatisierungen zurückzuführen sind, sondern im Wesentlichen auf den durch das KrW-/AbfG eröffneten Möglichkeiten der Scheinverwertung bei den Industrie- und Gewerbeabfällen beruhen. Bereits heute hat der gebührenzahlende Bürger die hohen Fixkosten der Anlageninfrastruktur nahezu allein zu schultern. Vor diesem Hintergrund eröffnet der Gesetzentwurf mit der Möglichkeit, die Aufwendungen für die Überführung der Anlagen in private Trägerschaft in die Abfallgebühren einzustellen, eine weitere Kostenspirale und lässt die eigentlichen Probleme der Abfallwirtschaft außen vor. Wie alleine die Privatisierung des operativen Geschäfts bedeutende Gebührensenkungen bewirken soll, lässt Ihr Gesetzentwurf nicht erkennen.

2. Eindämmung zweifelhafter Vergabepraktiken

Das zentrale Anliegen des Entwurfes besteht darin, zweifelhaften Praktiken bei der Vergabe abfallwirtschaftlicher Leistungen durch die Kommunen entgegenzuwirken. Zu diesem Zweck sollen sich die Kommunen vollständig aus dem operativen Geschäft zurückziehen, die erforderlichen Leistungen ausschreiben und sich auf eine Reservegewährleistungsfunktion sowie Steuerung, Kontrolle und Gebührenerhebung beschränken. Es muss allerdings bezweifelt werden, dass die vorgelegte Strategie zielführend ist, da mit dem Ausschluss der Wahlmöglichkeit der Kommunen, abfallwirtschaftliche Aufgaben selber durchzuführen oder auf Dritte zu übertragen, die Anzahl der Vergabeverfahren zwangsläufig steigt und sich damit die Zahl der Fälle, die möglicherweise anfällig für zweifelhafte Praktiken sind, eher erhöht. Entsprechende Maßnahmen müssen daher eher im Bereich der Organisation der Vergabe selbst ansetzen.

3. Selbstverwaltungsgarantie

Abfallentsorgung ist eine originäre Aufgabe der Daseinsvorsorge, die einerseits dem öffentlichen Hygiene- und Seuchenschutz dient und andererseits eine Entsorgung auf hohem ökologischen Niveau ortsnah sicherstellt. Die Verpflichtung der Kommunen, das operative Geschäft vollständig in private Hände abzugeben, greift in die Planungs- und Organisationshoheit der Städte, Gemeinden und Kreise und damit in den Kernbestand der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie ein, indem das Wahlrecht, die Aufgabe selber oder durch Dritte wahrzunehmen, ausgeschlossen wird.

4. Vorrang des Bundesrechts

Schließlich erscheint es zweifelhaft, dass eine Privatisierung der Abfallwirtschaft im nordrhein-westfälischen Alleingang rechtlich zulässig und wirtschaftlich sinnvoll ist. Nach Art. 72 Abs. 1 Ziff. 24 GG unterfällt die Abfallbeseitigung der konkurrierenden Gesetzgebung. Der Bundesgesetzgeber hat mit dem KrW-/AbfG die Grundentscheidungen für die Organisation der Abfallwirtschaft getroffen und sich in § 15 KrW-/AbfG auf das öffentlich-rechtliche Entsorgungsprinzip festgelegt. Die Möglichkeit der Drittbeauftragung ist in § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG ausdrücklich als Option für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ausgestaltet. Von dieser Grundentscheidung kann der Landesgesetzgeber nicht abweichen, indem er die Option - wie im Gesetzentwurf vorgesehen - in eine Pflicht umwandelt und die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf eine Reservegewährleistungsverantwortung beschränkt.

Im Ergebnis laufen die vorgeschlagenen Regelungen darauf hinaus, die Gewinnpotentiale der Abfallwirtschaft zu privatisieren, während sämtliche Risiken über die Reservegewährleistungsverantwortung bei der öffentlichen Hand verbleiben. Hierin kann kein sinnvoller Ansatz für eine Neuorganisation der Abfallwirtschaft liegen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, den vorgelegten Gesetzesentwurf nicht weiter zu verfolgen. Die angestrebten Ziele können mit den vorgeschlagenen Maßnahmen und beschränkt auf die nordrhein-westfälische Landesebene nicht erreicht werden. Unsere Auffassung zu dem Gesetzentwurf haben wir ebenfalls der Staatskanzlei, dem Innenminister, der Umweltministerin und dem Wirtschaftsminister mitgeteilt".

Die Geschäftsstelle wird über den Fortgang berichten.

Az.: II/2 31-02 qu/g

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