Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 252/2011 vom 04.04.2011

Änderung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes

Die Bundesregierung hat am 30.3.2011 den Gesetzentwurf zur Änderung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes beschlossen. Der beschlossene Gesetzentwurf (261 Seiten) kann auf der Internetseite des Bundesumweltministeriums (www.bmu.de) mit weiteren Hintergrundpapieren abgerufen werden. Der beschlossene Gesetzentwurf gefährdet in massiver Weise die Stabilität der Abfallgebühren für die Bürgerinnen und Bürger. Zukünftig soll es privaten gewerblichen Sammlern möglich sein, verwertbare Abfälle aus privaten Haushalten auf vertraglicher Grundlage in dauerhaft festen Strukturen zu entsorgen.

Damit wird das zugunsten der Städte und Gemeinden ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.6.2009 (Az.: 7 C 16.08 — NVzZ 2009, S. 1292ff.) komplett auf den Kopf gestellt und ausgehebelt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte am 18.6.2009 (Az.: 7 C 16.08) in beeindruckender Klarheit entschieden, dass die öffentliche (kommunale) Abfallentsorgung durch parallele private Entsorgungsstrukturen nicht gefährdet oder ausgehöhlt werden darf. Deshalb seien gewerbliche Abfallsammlungen gelegentlich möglich, jedoch nicht in dauerhaft festen Strukturen in Konkurrenz zur kommunalen Abfallentsorgung.  Der beschlossene Gesetzentwurf macht diese klare Rechtsprechung ungeschehen und hebelt sie aus. Dieses verwundert umso mehr, als die Bundesregierung selbst in ihrem Magazin zur Europapolitik (Nr. 66, 07/2010) die Rolle der kommunalen Selbstverwaltung und der ortsnahen Grundversorgung auf der Grundlage des europäischen Vertrages von Lissabon mit Nachdruck unterstreicht.

Auch die von der Bundesregierung vorgeschobenen europarechtlichen Gründe für die Ausweitung der gewerblichen Sammlungen überzeugen nicht, denn bereits das Bundesverwaltungsgericht hatte sich in seinem Urteil vom 18.6.2009 (Az.: 7 C 16.08) mit den europarechtlichen Fragestellungen auseinandergesetzt und die heute bereits in § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz getroffene Regelung zu den gewerblichen Sammlungen für europarechtskonform erachtet.

Insbesondere wird die europäische Warenverkehrsfreiheit im Rahmen einer geordneten, kommunalen Erfassung von verwertbaren Abfällen in vollem Umfang gewährleistet. Schließlich werden die erfassten Abfälle durch die Städte, Gemeinden und Landkreise im Wege der Ausschreibung dem „Verwertungsmarkt“ zugeführt. 

Weshalb deshalb Wohnstraßen zukünftig zu „Wettkampfarenen“ für gewerbliche Sammler mit allen nachteiligen Folgen für die Wohnqualität und die Verkehrssicherheit umgestaltet werden sollen, erschließt sich deshalb nicht. Vielmehr haben die Erfahrungen im „Kampf um das Altpapier“ in den Jahren 2008 und 2009 deutlich gezeigt, welche untragbaren Zustände hervorgerufen werden können, wenn der Verwertungspreis plötzlich sinkt und das Interesse an einer gewerblichen Sammlung plötzlich erlischt, mit der Folge, dass gewerbliche Altpapiergefäße nicht mehr geleert werden oder schlichtweg im öffentlichen Verkehrsraum „vergessen“ werden.  Auch das im Gesetzentwurf vorgesehene  bürokratische Anzeigeverfahren (§ 18 KrWG-Entwurf) hilft hier nicht, diese Verwerfungen abstellen zu können. Dieses gilt umso mehr, als das Anzeigeverfahren dann leerläuft, wenn gewerbliche Sammlungen ohne Anzeige schlichtweg durchgeführt werden.

Die Erfahrungen zeigen zugleich, dass auch die geplante Wertstofftonne in der Verantwortung der Städte, Gemeinden und Landkreise stehen muss, weil nur auf dieser Grundlage insbesondere bei sinkenden Verwertungserlösen dauerhaft und verlässlich Verwertungswege beständig weiter beschritten werden. Es ist im Übrigen eine Selbstverständlichkeit, dass Städte, Gemeinden und Landkreise ein nachhaltiges Interesse an stabilen Abfallgebühren für ihre Bürgerinnen und Bürger haben und deshalb gemeinsam mit der privaten Entsorgungswirtschaft in für alle Beteiligten verlässlichen Finanzierungsstrukturen Abfälle verwerten wollen, um mit den erzielten Erlösen die Gesamtkosten der Abfallentsorgung teilweise zu finanzieren und damit den Gebührenbedarf im Sinne des kommunalabgabenrechtlichen Kostendeckungsprinzips zu senken.

Dieses gilt umso mehr, weil ein in jedem Winkel des Gemeindesgebietes jederzeit verfügbares, umwelt- und klimagerechtes öffentliches Abfallentsorgungssystem dauerhaft sichergestellt sein muss.  Dabei liegen allerdings die abfallmengenunabhängigen Vorhaltekosten für dieses System bei nahezu 70% der Gesamtkosten. Insoweit erschließt sich in Kenntnis der Kommunalabgabengesetze der Länder und der kommunalabgabenrechtlichen Rechtsprechung auch nicht, wie die Abfallgebühren sinken oder stabil bleiben sollen, wenn die Einnahmen (Erlöse) aus der Verwertung von Abfällen bei den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zukünftig wegfallen. Im Gegenteil:  Fallen Einnahmen bzw. Erlöse aus der Verwertung von Abfällen bei den Städten, Gemeinden und Landkreisen weg, so müssen diese die Kosten der umweltverträglichen Abfallentsorgung 1:1 nach dem Kostendeckungsprinzip an die Bürgerinnen und Bürger weitergeben, was zwangsläufig einen Anstieg der Abfallgebühren zur Folge hat.

Der Städte- und Gemeindebund NRW wird sich deshalb gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden auf der Bundesebene dafür einsetzen, dass der von der Bundesregierung am 30.3.2011 beschlossene Gesetzentwurf im weiteren Gesetzgebungsverfahren die notwendigen Änderungen erfährt. An dieser Stelle wird den vielen Städten und Gemeinden nochmals ausdrücklich gedankt, die bereits mit Resolutionen und/oder Anschreiben an ihre Bundestags-Abgeordneten, den Bundesumweltminister und den Landes-Umweltminister deutlich gemacht haben, dass der nahezu unverändert von der Bundesregierung am 30.3.2011 beschlossene Entwurf zur Änderung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes die öffentliche (kommunale) Abfallentsorgung massiv gefährdet.

Eine 10seitige Kurz-Abhandlung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung kann von StGB NRW-Mitgliedskommunen im Mitgliedsbereich des StGB NRW-Internetangebots unter Fachinfo/Service, Rubrik Umwelt, Abfall, Abwasser (KrWG_Entwurf_Bundesregierung_30032011) zusätzlich abgerufen werden.   

Az.: II/2 31-02 qu-qu

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