Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 90/2013 vom 16.01.2013

Änderung des Bundesjagdgesetzes

Das Bundeskabinett hat am 19.12.2012 den Gesetzentwurf zur Novellierung jagdrechtlicher Vorschriften verabschiedet. Damit setzt die Bundesregierung das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 26. Juni 2012 um. In dem Urteil wurde festgestellt, dass einzelne Vorschriften des Bundesjagdgesetzes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf kommt die Bundesregierung ihrer Verpflichtung nach, das Urteil umzusetzen und eine konventionskonforme Rechtslage herzustellen.

Nach dem Bundesjagdgesetz gehören Eigentümer von Grundstücken mit einer Fläche von weniger als 75 Hektar einer Jagdgenossenschaft an und müssen die Bejagung ihrer Flächen dulden. Hiergegen hatte sich ein Grundstückseigentümer gewandt, der die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt. Der EGMR hat seiner Beschwerde stattgegeben und eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentums festgestellt. So verstoße die mit der Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften verbundene Pflicht eines Grundeigentümers, die Ausübung der Jagd durch Dritte auf seinem Grundstück trotz entgegenstehender ethischer Motive zu dulden, gegen Art. 1 Protokoll-Nr. 1 (Schutz des Eigentums) der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Der Gemeinsame Forstausschuss der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände „Deutscher Kommunalwald“ hatte in den letzten Monaten intensiv an der Novellierung des Bundesjagdgesetzes mitgewirkt. Die Vertreter des Kommunalwaldes hatten gegenüber dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ihre Befürchtungen vorgetragen, dass eine flächendeckende Bejagung in der Zukunft nicht mehr möglich wäre, wenn einzelne Jagdgenossen ihren Austritt aus der Jagdgenossenschaft aus ethischen Gründen erklären könnten. Sie haben auch auf die Gefahr hingewiesen, dass ethische Gründe vorgeschoben werden könnten, um sich der Zahlung von Wildschäden zu entziehen für den Fall, dass die Jagdgenossenschaft in die Verantwortung genommen wird.

Der Ausschuss hat daher gefordert, dass der austretende Jagdgenosse auch zukünftig für Wildschäden veranlagt werden kann, um Scheinaustritten entgegenzutreten und nur „natürliche Personen“ einen konditionierten Anspruch auf Einrichtung eines befriedeten Jagdbezirkes erhalten. Mit beiden Forderungen konnte er sich durchsetzen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass ausschließlich „natürliche Personen“ einen Antrag auf Befriedung ihrer Grundflächen stellen können. Am bewährten Reviersystem wird auch zukünftig zur Regulierung einer angemessenen Wildpopulation durch Jagdausübung festgehalten.

Der nun vorliegende Gesetzentwurf ermöglicht Grundeigentümern, die einer Jagdgenossenschaft angehören und die Bejagung ihrer Flächen aus ethischen Gründen ablehnen, auf Antrag aus der Jagdgenossenschaft auszuscheiden. Praktisch wird dies dadurch erreicht, dass das betroffene Grundstück durch die zuständige Behörde unter bestimmten Voraussetzungen aus ethischen Gründen für befriedet erklärt werden kann. Die ethischen Motive sind vom Grundeigentümer glaubhaft zu machen. Die Befriedung hat zur Folge, dass die betreffende Fläche grundsätzlich nicht mehr bejagd werden darf.

Da die Nichtbejagung einzelner Flächen des gemeinschaftlichen Jagdbezirks in mehrfacher Hinsicht erhebliche Auswirkung auf die übrigen Flächen haben kann (insbesondere bezüglich Regulierung des Wildbestandes, Vermeidung von Wildschäden, Vermeidung von Wildseuchen etc.), sind bei der Entscheidung über den Antrag neben den Interessen des Antragstellers auch verschiedene Allgemeinwohlbelange sowie die Interessen betroffener Dritter (insbesondere Land- und Forstwirtschaft) von der Behörde gegeneinander abzuwägen. Die Behörde hat vor ihrer Entscheidung über den Antrag eine Anhörung unter Einbeziehung aller Betroffenen durchzuführen: Neben dem Antragsteller sind auch Jagdgenossenschaft, Jagdpächter, angrenzende Grundeigentümer, Jagdbeirat sowie Träger öffentlicher Belange anzuhören.

Flankierende Regelungen enthält der Entwurf zur Haftung des ausscheidenden Grundeigentümers für Wildschäden, zur Wildfolge und zum jagdlichen Aneignungsrecht. Darüber hinaus wird die Strafvorschrift zur Jagdwilderei (§ 292 Strafgesetzbuch StGB) an die neu geschaffene Befriedung aus ethischen Gründen angepasst. Damit soll sichergestellt werden, dass ein Betreten der aus ethischen Gründen befriedeten Grundflächen, die in der Flur nicht unbedingt als solche erkennbar sind, für die im Jagdbezirk zur Jagdausübung befugten Personen keine Strafbarkeit nach sich zieht.

Nicht nachvollziehbar ist allerdings die Kehrtwende im BMELV, was das Fütterungsverbot und die Änderung der Jagdzeiten anbelangt — zumal der ursprünglich vorgelegte Gesetzesentwurf mit den Bundesressorts abgestimmt war.

Mit Schreiben vom 27.11.2012 teilte das BMELV den Verbänden mit, in einem gesonderten Rechtssetzungsverfahren eine Änderung der Bundesjagdzeitenverordnung vorzunehmen. Danach sollte die Verlängerung der Jagdzeit auf den Rehbock bis zum 31. Januar eines Jahres erfolgen. Am 03.12.2012 teilte Staatssekretär Dr. Robert Kloos dann aber den Verbänden überraschend mit: „Nach einer weiteren Abstimmung auf Leitungsebene wird die Bundesregierung den Gesetzentwurf nun ausschließlich auf die Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte notwendigen Vorschriften begrenzen. Damit werden die Vorschriften bezüglich des Fütterungs- und Medikamentenverabreicherungsverbotes sowie die für einen späteren Zeitpunkt geplante Änderung der Jagdzeiten nicht weiter verfolgt“.

Der Gesetzentwurf steht für StGB NRW-Mitgliedskommunen abrufbar im Mitgliederbereich des StGB NRW-Internetangebotes unter Rubrik Fachinfo und Service≥Fachgebiete≥Umwelt, Abfall und Abwasser zur Verfügung.

Az.: II gr-ko

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