Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 888/2003 vom 18.11.2003

Abwassergebühr und Abzug von Wassermengen

Durch den sehr heißen Sommer im Jahr 2003 ist uns von mehreren Mitgliedsstädten und –gemeinden mitgeteilt worden, dass nunmehr vermehrt Anträge durch die gebührenpflichtigen Grundstückseigentümer gestellt werden, bei der Berechnung der Abwassergebühren weniger Frischwasserverbrauch anzusetzen, weil ein erheblicher Teil des Frischwassers für die Gartenbewässerung verbraucht worden sei.

Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass der gebührenpflichtige Benutzer der kommunalen Abwasserentsorgungseinrichtung verpflichtet ist, den Nachweis dem Grunde und der Höhe nach zu führen, weshalb bezogene Frischwassermengen nicht als Abwasser dem Kanal zugeführt worden sind. Diese grundsätzlich satzungsrechtlich zu regelte Nachweispflicht ist auch deshalb gerechtfertigt, weil der Abzug von Frischwassermengen im Zusammenhang mit der Berechnung der Abwassergebühr allein im Interesse desjenigen Benutzers liegt, der diese geltend machen möchte. Die anderen gebührenpflichtigen Benutzer, die keine Frischwassermengen in Abzug bringen wollen, dürfen deshalb auch nicht mit etwaigen Nachweiskosten belastet werden (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 05.06.2003, Az.: 9 A 4440/01; Mitteilungen StGB NRW 2003, Nr. 627, S. 273 f.; OVG NRW, Urteil vom 20.02.1974; II A 454/72; OVG NRW, Urteil vom 23.02.1970 – II A 1126/69; KStZ 1970, S. 177).

Unabhängig davon hat das OVG NRW in ständiger Rechtsprechung bislang zugelassen, dass mit Blick auf Frischwasser-Abzugsmengen eine Bagatellgrenze von 15 bis 20 cbm pro Jahr vom Abzug ausgeschlossen werden können. In der Muster-Beitrags- und Gebührensatzung des StGB NRW wird eine Bagatellgrenze von 15 cbm pro Jahr empfohlen, wenngleich das OVG NRW in der Vergangenheit auch 20 cbm als Bagatellgrenze gebilligt hat. Jedenfalls kann eine Bagatellgrenze von 15 cbm pro Jahr für Nordrhein-Westfalen nach der bislang ergangenen Rechtsprechung als gerichtsfest angesehen werden (vgl. OVG NRW, Urteil vom 04.11.1996 – 9 A 7237/95 -, S. 8 UA; OVG NRW, Urteil vom 25.04.1997 – 9 A 4821/95, S. 19 UA; OVG NRW, Urteil vom 19.09.1997 – 9 A 3373/96 -, S. 12).

Zuletzt hat das VG Minden allerdings in einem Urteil vom 09.08.2001 (Az.: 9 K 561/01) zur Bagatellgrenze darauf hingewiesen, dass eine Bagatellgrenze von 15 cbm pro Jahr für den Gebührenschuldner keine „finanzielle Bagatelle“ mehr darstellt, wenn die Höhe der Abwassergebühr in der konkreten Gemeinde und die Nichtanerkennung der Frischwasser-Abzugsmenge bis zu 15 cbm/Jahr, einen bestimmter Geldbetrag überschreitet. Denn die Nichtanerkennung einer Frischwasser-Abzugsmenge durch die Bagatellgrenze führe dazu, dass der Gebührenschuldner diese bezahlen müsse. Eine Belastung von 118,05 DM/Jahr (ca. 60,63 €/Jahr) bewegt sich nach dem VG Minden hiernach noch unterhalb der Schwelle der Erheblichkeit, weil dieser Geldbetrag in der Rechtsprechung des OVG NRW in der Vergangenheit durchschnittlich als Belastungsgrad durch die Bagatellgrenze gebilligt worden ist. Die Konsequenz hieraus ist zwangsläufig, dass eine Bagatellgrenze von 15 cbm/Jahr abgesenkt werden muss, wenn die Höhe der Abwassergebühr dazu führt, dass ein Belastungsgrad von 118,05 DM/Jahr (ca. 60,63 €/Jahr) überschritten wird. Denn durch das Absenken der Bagatellgrenze würde dann die Schwelle der Erheblichkeit wieder unterschritten. Konkret bedeutet dieses: Beträgt die Abwassergebühr 6,00 € pro Kubikmeter/Abwasser, so kann die Bagetellgrenze nur bei 10 Kubikmeter/Jahr und nicht bei 15 Kubikmeter/ Jahr festgelegt werden, weil anderenfalls die 60,63 € pro Jahr überschritten würden.

Vor diesem Hintergrund kann ausgegangen werden, dass die Bagatellgrenze grundsätzlich nach wie vor als gerichtsfest angesehen werden kann, d.h. zulässig ist. Dabei muss davon ausgegangen werden, dass auch bei dem heißen Sommer im Jahr 2003 die Bagatellgrenze von 15 cbm/Jahr durch den einzelnen Grundstückseigentümer in der Regel kaum überschritten worden sein dürfte. Darüber hinaus wird ein Nachweis darüber, wieviel Frischwasser aus der öffentlichen Frischwasserversorgungsanlage zur Gartenbewässerung gebraucht worden ist ohne gleichzeitige Nutzung eines Wassermessers (z.B. installiert auf dem Wasserkran auf der Terrasse, der zur Gartenbewässerung dient) schlüssig und nachvollziehbar nicht zu führen sein, so dass ein Abzug für die Gartenbewässerung nicht gewährt werden kann.

Ausgehend hiervon kann den betroffenen Grundstückseigentümern nur empfohlen werden, sich zu überlegen, ob sie zukünftig an dem Wasserkran, der zur Gartenbewässerung vorgesehen ist, zusätzlich ein Wassermesser installieren, um dort diejenigen Wassermengen zu messen, die zur Gartenbewässerung benutzt worden sind.
Es sollte allerdings gleichzeitig darauf hingewiesen werden, dass der Einbau eines Wassermessers sich nicht rechnen kann, wenn die Bagatellgrenze von 15 cbm/Jahr in der Gebührensatzung nicht überschritten wird. Dabei ist es grundsätzlich zulässig, dass die Bagatellgrenze dahin angewendet wird, dass nur diejenigen Frischwasser-Mengen abgezogen werden können, welche die 15 cbm/Jahr (Bagatellgrenze) übersteigen. Denn anderenfalls würde sich eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung ergeben, weil derjenige, der 14,99 cbm in Ansatz bringen kann, keinen Frischwasser-Abzug gewährt bekommen würde, während derjenige, der 15,01 cbm in Abzug bringen würde, auch die ersten 15 cbm zugestanden bekäme. Es entspricht daher dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit und damit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn von den geltend gemachten Frischwasser-Abzugsmengen jeweils die 15 cbm /Jahr der Bagatellgrenze wiederum in Abzug gebracht werden (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.03.1999 –9 A 1069/99).

Az.: II/2 24-21 qu/g

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