Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 303/1999 vom 05.05.1999

Abwassergebühr - Abzug von Frischwassermengen bei Fleischereien

Der Geschäftsstelle ist durch Mitgliedsstädte und –gemeinden zur Kenntnis gegeben worden, daß zur Zeit durch Kreishandwerkerschaften generelle Pauschalabzüge für Fleischereien und Metzgereien favorisiert werden. Die Geschäftsstelle weist in diesem Zusammenhang auf folgendes hin:

1. Mit Blick auf die Bagatellgrenze für den Frischwasser-Abzug von 15 cbm/Jahr kann nach diesseitiger Rechtsansicht nur vertreten werden, daß lediglich die Frischwassermengen, die die Bagatellgrenze übersteigen, abzugsfähig sind. Hierfür spricht insbesondere der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit, der im Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz seine Grundlage findet. Denn werden erst Frischwassermengen über 15 cbm/Jahr berücksichtigt, so findet für alle Benutzer und Gebührenzahler der kommunalen Abwassereinrichtung eine Gleichbehandlung statt, d.h. sowohl derjenige, der 14,99 cbm/Jahr Frischwasserabzug geltend machen könnte als auch derjenige, der 15,01 cbm/Jahr Frischwasserabzug geltend machen kann, bekommt die Frischwassermengen bis 15 cbm/Jahr wegen der Bagatellgrenze nicht anerkannt. Damit sind bei einer geltend gemachten Frischwassermenge von z.B. 115 cbm/Jahr die 15 cbm/Jahr der Bagatellgrenze in Abzug zu bringen, so daß lediglich 100 cbm/Jahr an Frischwassermengen abgesetzt werden können.

2. Gegen eine pauschalierte Abzugsmethode bei Frischwassermengen bestehen dann keine Bedenken, wenn bei einer bestimmten Gruppe von Gewerbebetrieben deckungsgleiche Produktionsvorgänge festgestellt werden können, bei denen Frischwassermengen aus der öffentlichen Frischwasserversorgungsanlage gebraucht werden, die dem Kanal nicht zugeführt werden. So ist etwa bei Bäckereien anerkannt, daß durchschnittlich eine Frischwassermenge von 0,75 cbm pro Tonne Mehl in Abzug gebracht werden kann (vgl. hierzu Schremmer, KStZ 1982, S. 21 ff., S. 24; Gössel, BGWZ 1991, S. 701 ff., S. 702).

Bei Fleischerei-Betrieben sind allerdings die Produktionsvorgänge nicht zwingend deckungsgleich, weshalb auch bei dem Abzug von Frischwassermengen lediglich Spannbreiten von 10 bis 30 v.H. des Gesamtfrischwasserverbrauches angegeben werden (vgl. Gössl, BGWZ 1991, S. 701 ff, S. 703). So kann z.B. eine fleischverarbeitende Firma mit 20 Mitarbeitern nicht ohne weiteres mit kleineren Fleischerei-Betrieben verglichen werden. Denn in einer kleinen Fleischerei werden z.B. kaum Würstchen mit Frischwasser in Dosen abgefüllt. Außerdem ist auch zu berücksichtigen, daß nicht denknotwendig eine eigene Wurstherstellung betrieben werden muß, sondern die Wurstwaren auch ganz oder zumindest teilweise aus einer Wurstfabrik bezogen werden können. Auch dieser Gesichtspunkt spricht gegen eine pauschalierte Verfahrensweise. Schließlich ist weiterhin zu beachten, daß nach der kommunalabgabenrechtlichen Rechtsprechung dem Benutzer der gemeindlichen Abwassereinrichtung die Beweislast für die nicht dem Kanal zugeführten Wassermengen satzungsrechtlich auferlegt werden kann . Diese Überbürdung der Nachweispflicht rechtfertigt sich daraus, daß der Abzug der Frischwassermengen bei der Gebührenbemessung allein im Interesse des konkreten Benutzers liegt und deshalb ein Einbau teurer Meßgeräte durch die Gemeinde zu einer Erhöhung der Abwassergebühren und damit zu einer zusätzlichen Belastung der anderen Gebührenpflichtigen führen würde, die selbst keine Frischwasserabzugsmengen geltend machen können oder möchten.

Die kommunalabgabenrechtliche Rechtsprechung geht allerdings im Grundsatz davon aus, daß jeweils der konkrete Benutzer den Nachweis für die Abzugsmengen zu führen hat. Dabei ist allerdings der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit bzw. Zumutbarkeit zu beachten, so daß unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten regelmäßig nicht der Einbau eines Abwassermeßgerätes gefordert werden kann, sondern nur ein Nachweis durch nachprüfbare Unterlagen, die der Gemeinde als Abgabengläubigerin eine zuverlässige Schätzung der auf dem Grundstück zurückgehaltenen Wassermengen erlauben (vgl. OVG NW, Urt.v. 20.02.1974 - AZ: II A 454/72; OVG NW, Urt.v. 23.02.1970 - AZ: II 2 A 1126/69 - KStZ 1970, S. 177 f.).

Insgesamt empfiehlt es sich daher keine pauschale Checkliste für Fleischerei-Betriebe in Bezug auf die geltend gemachten Frischwasser-Abzugsmengen zu akzeptieren, bei denen lediglich schlagwortartig sog. Wasserverlustvorgänge aufgelistet sind und mit bloßem Ankreuzen eine prozentual dahinterstehende Abzugsmenge geltend gemacht werden kann. Dies folgt auch daraus, daß es schließlich auch im konkreten Einzelfall bei dem jeweiligen Fleischerei-Betrieb darauf ankommt, wieviel Koch- und Brühwurst er beispielsweise im Jahr herstellt oder ob er diese überhaupt nicht herstellt, sondern aus einer Wurstfabrik zukauft. Deshalb kann es - um bei dem vorstehenden Einzelbeispiel zu bleiben - nicht ausreichend sein, lediglich 3 % pauschal von der bezogenen Frischwassermenge für die Koch- und Brühwurstherstellung abzurechnen.

Wir empfehlen deshalb darauf hinzuwirken, daß der jeweilige Fleischerei-Betrieb zwar auf der Grundlage einer Checkliste ermitteln kann, ob überhaupt und inwieweit Arbeits- oder Produktionsvorgänge im konkreten Betrieb stattfinden, in dem Frischwassermengen verbraucht werden, die nicht dem Kanal zugeführt werden. Bei den einzelnen Produktionsvorgängen ist aber gleichwohl eine zusätzliche und detaillierte Darlegung des Produktionsumfanges als erforderlich anzusehen. Dies bedeutet, daß etwa für den konkreten Fleischerei-Betrieb auch Einzelangaben erforderlich sind, zum Beispiel über den Umfang der Koch- und Brühwurstherstellung (Menge und Jahr) und die dabei verarbeitete Frischwassermenge.

Az.: II/2 24-21 qu/g

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