Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 66/2002 vom 05.02.2002

Abgrenzung der Kompetenzen von Rat und Bürgermeister/Kämmerer

Eine steigende Anzahl von Anfragen unserer Mitgliedsgemeinden beschäftigt sich mit der Frage, ob der Rat den Kämmerer beauftragen kann, einen vorgelegten Haushaltsentwurf unter Beachtung genereller Vorgaben grundsätzlich zu bearbeiten. Diese Frage ist bislang – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung noch nicht entschieden worden. Auch die gängigen Kommentare zur Gemeindeordnung und zum Gemeindehaushaltsrecht enthalten hierzu keine verwertbaren Aussagen. Die Geschäftsstelle hält einen derartigen Beschluß aus folgenden Überlegungen für rechtlich bedenklich:

Im Bereich der Verantwortung für das Finanzwesen hat der Kämmerer eine von den übrigen Beigeordneten herausgehobene Bedeutung. Dies ergibt sich aus § 70 GO, aber auch aus § 79 GO. Für den Erlaß der Haushaltssatzung stellt deswegen § 79 GO auch ein besonderes Verfahren auf, um die Rechte und Aufgaben der Beteiligten eindeutig gegeneinander abzugrenzen. Die Verantwortlichkeiten sowohl des Kämmerers als auch des Bürgermeisters für den von ihnen aufgestellten bzw. veränderten Entwurf werden jeweils auch nach außen deutlich gemacht. Dieser Entwurf wird nach § 79 Abs. 2 Satz 1 GO vom Bürgermeister dem Rat zur Beratung zugeleitet. Gemäß § 79 Abs. 4 GO berät der Rat nach vorheriger Auslegung des Entwurfs der Haushaltssatzung in öffentlicher Sitzung über diesen Entwurf und beschließt ihn sodann. Dabei ist der Rat vollkommen frei, den Entwurf in beliebiger Weise zu verändern, wobei auch hier der Kämmerer das Recht hat, in der Beratung des Rates eine abweichende Auffassung zu vertreten. Mit dieser Festschreibung der Rolle der einzelnen Beteiligten ist es u.E. aber nicht vereinbar, wenn der Rat einer Stadt einen Haushaltsentwurf, der ihm inhaltlich mangelhaft erscheint, an den Bürgermeister bzw. an den Kämmerer mit dem Auftrag "zurückverweist", einen komplett neuen Entwurf zu erstellen. Die Verantwortung für die Aufstellung des Entwurfs liegt ausschließlich beim Kämmerer, der hierbei nicht an bestimmte Vorgaben gebunden ist.

Etwas anderes könnte u.E. nur dann gelten, wenn der Entwurf technisch unbrauchbar wäre, das heißt, wenn er nicht den Anforderungen der GO bzw. der Gemeindehaushaltsverordnung entsprechen würde. In einem solchen Fall wäre es sicher zulässig, die Aufstellung eines gesetzeskonformen und damit beratungsfähigen Entwurfs zu verlangen. Im übrigen – das heißt, wenn Kämmerer und Bürgermeister nicht von sich aus die Bereitschaft zur Überarbeitung eines Beratungsentwurfs klären - bleibt dem Rat lediglich die Möglichkeit, seine eigenen Vorstellungen über einen "mehrheitsfähigen Haushalt" in die Beratungen einzubringen und den Haushaltsentwurf daraufhin Punkt für Punkt durchzuarbeiten und die Ansätze entsprechend zu ändern.

Aufgrund der Bedeutung der Problematik und der Vielzahl der Anfragen hat die Geschäftsstelle das Innenministerium um Darstellung seiner Einschätzung gebeten. Mit Schreiben vom 16. Januar 2002 hat das Innenministerium mitgeteilt, daß es die Interpretation der Geschäftsstelle vollinhaltlich teile. Danach stellt der Kämmerer oder der sonst für das Finanzwesen zuständige Bedienstete den Haushaltsplan auf und legt ihn dem Bürgermeister zur Feststellung vor. Dieser leitet den von ihm vorgelegten Entwurf dem Rat zu. Die Etatkompetenz liege dann ausschließlich, so das Innenministerium, beim Rat der Gemeinde. Mit der von der Gemeindeordnung definierten Rollenverteilung sei es nicht vereinbar, wenn der Rat einen Haushaltsentwurf, der ihm inhaltlich mangelhaft erscheine, an den Bürgermeister bzw. an den Kämmerer "zurückverweise" mit dem Auftrag, einen komplett neuen Haushaltsentwurf zu erstellen. Weiterhin heißt es in dem Schreiben wörtlich: "Vor allem auch durch die in § 79 Abs. 4 GO NRW hervorgehobene Möglichkeit, daß der Kämmerer in der Beratung des Rates seine abweichende Auffassung deutlich machen kann, ergibt sich, daß der Rat selbstverständlich die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner umfassenden Etatkompetenz seine eigenen Vorstellungen über den Haushalt zu realisieren. Er muß es aber auf der Grundlage des von der Verwaltung in den Rat "eingebrachten" Haushaltsentwurfs tun und aus seiner Sicht erforderliche Änderungen konkret beschließen. Eine Rückgabe des kompletten Haushaltsentwurfs sieht die Gemeindeordnung dagegen nicht vor. Ebenso wie Sie kann ich dies nur in dem kaum realistischen Ausnahmefall als zulässig ansehen, in dem ein Haushaltsentwurf gravierende formelle Mängel aufweist, die ihn im Gesamten als "nicht beratungsfähig" einstufen lassen."

Az.: IV-904-03/2

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