Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 378/1997 vom 20.07.1997

Abfallüberlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG

Zur Abfallüberlassungspflicht für Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG (z.B. für Industrie- und Gewerbebetriebe) liegen zwischenzeitlich zwei verwaltungsgerichtliche Beschlüsse vor. Das VG Neustadt hat mit Beschluß vom 12. Dezember 1996 (Az.: 1 L 3428/96.NW) bereits entschieden, daß gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG weiterhin für Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen grundsätzlich der Anschluß- und Benutzungszwang an die kommunale Abfallentsorgungseinrichtung angeordnet werden kann. Das VG Minden hat in einem Beschluß vom 13.06.1997 (Az.: 8 L 438/97) zur Abfallüberlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG im wesentlichen folgendes ausgeführt:

"Mit der Feststellung, daß die Antragstellerin über keine eigene Anlage i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG verfügt, dürfte zugleich feststehen, daß sie die hier streitigen Reststoffe dem Antragsgegner zu überlassen hat.

Soweit § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG nach seinem Wortlaut zusätzlich verlangt, daß überwiegende öffentliche Interessen die Überlassung an den öffentlichen Entsorgungsträger erfordern, handelt es sich nach Auffassung des Gerichts um keine zusätzliche Anforderung.

Der Rechtsauffassung, daß diese Voraussetzung kumulativ zur ersten zu erfüllen ist, d.h. neben dem Nichtbestehen einer eigenen Anlage für die Überlassungspflicht immer zusätzlich auch das überwiegende öffentliche Interesse an der Überlassung der Abfälle festzustellen und zu begründen ist und dies nicht allein mit dem Interesse an der Auslastung öffentlicher Entsorgungsanlagen begründet werden kann (so Fluck, a.a.O., § 13 Rdnr. 107 und 112 ff.; Bartram/Schade, a.a.O., Seiten 254), vermag sich das Gericht nicht anzuschließen.

Das Gericht geht vielmehr mit (Queitsch, Abfallbegriff und Abfallüberlassungspflicht, Städte- und Gemeinderat 1996, 330, 335; Versteyl/Wendenburg, Änderungen des Abfallrechts, NwVZ 1994, 833, 839), davon aus, daß es sich hier nach dem Willen des Gesetzgebers um eine Einschränkung der ersten Bedingung im Sinne eines "es sei denn..." - Satzes handelt, mithin eine Überlassungspflicht zwar grundsätzlich bei Vorhandensein einer eigenen Anlage entfällt, aber dann nicht, wenn überwiegende öffentliche Interessen die Überlassung erfordern.

Dies ergibt sich nach Auffassung des Gerichtes aus folgenden Überlegungen:

Auch nach Inkrafttreten des KrW-/AbfG soll es nach § 15 Abs. 1 Satz 1 grundsätzlich nicht nur hinsichtlich der Abfälle aus privaten Haushalten, sondern auch hinsichtlich der Beseitigung von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen bei der Entsorgungspflicht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bleiben. § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG ist deshalb als Ausnahme von diesem Grundsatz eng auszulegen. Die o.g. Rechtsauffassung, die das Nichtvorhandensein eigener Anlagen und das Vorliegen überwiegender öffentliche Interessen an der Überlassung als kumulativ zu erfüllende und von der Behörde im Einzelfall zu begründende Voraussetzungen ansieht, würde praktisch zu einer Umkehr dieser sich aus § 15 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG ergebenden Grundentscheidung führen.

Mit der sich aus § 15 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG ergebenden Grundentscheidung, es auch hinsichtlich der Abfälle zur Beseitigung aus den gewerblichen Herkunftsbereichen bei der Entsorgungspflicht der öffentlich-rechtlichen Körperschaften zu belassen und im übrigen Ausnahmen hiervon von der Zustimmung der öffentlichen Entsorgungsträger abhängig zu machen - vgl. § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 3 und § 18 Abs. 2 KrW-/AbfG - hat der Gesetzgeber ersichtlich auch eine Entscheidung zugunsten der Planungssicherheit und Funktionsfähigkeit der öffentlichen Entsorgungsanlagen treffen wollen, die bei der o.g. weiten Auslegung des § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG nicht mehr gegeben wäre.

Durch die entsorgungspflichtigen Körperschaften sind in der Vergangenheit Mülldeponien gerade auch im Hinblick auf das Abfallaufkommen geplant und gebaut worden, das nicht aus privaten Haushalten resultiert. Hausmüllähnliche Gewerbeabfälle aus Gewerbe und Industrie haben vielfach am Müllaufkommen einen größeren Anteil als der private Haus- und Sperrmüll (vgl. z.B. für die Deponie Pohlsche Heide im Kreis Minden-Lübbecke im Jahre 1996: 63990 t zu 38835 t).

Die grundsätzliche Freistellung aller Abfallbesitzer - mit Ausnahme der privaten Haushalte - von der Überlassungspflicht auch bei Nichtvorhandensein eigener Anlagen würde einen Mülltourismus großen Ausmaßes bewirken, der auch mit den Zielsetzungen des neuen KrW-/AbfG schwer vereinbar ist. Die im Vergleich zur Deponierung im Regierungsbezirk Detmold kostengünstige Verbrennung der Abfälle würde außerdem unweigerlich zu einer vermehrten Inanspruchnahme der Müllverbrennungsanlage in Bielefeld-Heepen, damit aufgrund verminderten Müllaufkommens zu erheblich höheren Abfallgebühren für private Haushalte in den Gemeinden und Kreisen führen, wo derartige Anlagen nicht bestehen. Eine derartige gravierend unterschiedliche Belastung der Einwohner mit Abfallgebühren dürfte nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sein.

Es spricht deshalb einiges dafür, daß die Befreiung von der Überlassungspflicht für Abfälle aus anderen Bereichen als privaten Haushalten nur für diejenigen Besitzer von Abfällen gilt, die über eigene Anlagen i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG verfügen. Die Funktionsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit vorhandener Entsorgungsanlagen kann aber auch dann im überwiegenden öffentlichen Interesse eine Überlassungspflicht begründen."

Az.: IV/2 31-02 qu/sb

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