Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 115/2000 vom 20.02.2000

Abfall-Verwaltungsvorschrift: Schreiben an den Innenminister

Den Entwurf des Bundesumweltministeriums zu einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) hat die Geschäftsstelle zum Anlaß genommen, den Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Herrn Dr. Behrens, anzuschreiben und auf die erheblichen Auswirkungen dieses Entwurfs auf die Abfallgebühren hinzuweisen. In ihrem Schreiben vom 7.2.2000 hat die Geschäftsstelle im wesentlichen auf folgendes hingewiesen:

"Seit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes ist festzustellen, daß insbesondere in Kommunen mit höheren Entsorgungspreisen die Mengen der überlassungspflichtigen "Abfälle zur Beseitigung" aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen erheblich weggebrochen sind. Dabei wird regelmäßig durch die Abfallbesitzer vorgegeben, daß bei ihnen nur noch nicht überlassungspflichtige "Abfälle zur Verwertung" anfallen. Daß dieses oftmals nicht den Tatsachen entspricht, zeigen auch Gerichtsentscheidungen. Wir fügen Ihnen insoweit exemplarisch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 15.10.1998 (Az.: 14 S 10 37/98, Städte- und Gemeinderat, Heft 2/1999, S. 38 ff.) sowie den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 31.05.1999 (Az.: 10 S 2766/98, Städte- und Gemeinderat, Heft 10/1999, S. 28) zur gefälligen Kenntisnahme bei.

Wenn nunmehr in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zusätzlich festgelegt wird, daß entgegen § 4 a Abs. 1 Landesabfallgesetz NRW die Abfallbesitzer/-erzeuger nicht verpflichtet sind, am Ort des Abfallanfalls die überlassungspflichtigen "Abfälle zur Beseitigung" von den nicht überlassungspflichtigen "Abfällen zur Verwertung" getrennt zu halten, so wird dem Abfallexport in bezug auf die überlassungspflichtigen "Abfälle zur Beseitigung" Tür und Tor geöffnet. Insbesondere ist wegen des hohen Fixkostenanteils bei der kommunalen Abfallentsorgung ein weiterer drastischer Anstieg der kommunalen Abfallentsorgungsgebühren zu befürchten. Dieser Anstieg wird vor allem die privaten Haushaltungen, d.h. die Bürgerinnen und Bürger treffen. Denn die Bürgerinnen und Bürger, also die "privaten Haushaltungen" müssen "die Zeche bezahlen", wenn man es zuläßt, daß sich die Besitzer von "Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen" aus der öffentlichen Abfallentsorgung verabschieden (zu den Begriffen vgl. § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG).

Zunächst spricht bereits der in § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG verankerte Grundsatz der Gebietsbezogenheit der Abfallentsorgung dafür, daß "Abfälle zur Beseitigung" derjenigen Kommune als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger zu überlassen sind, in dessen Zuständigkeitsbereich sie erstmalig anfallen. Zu diesem Grundsatz der Gebietsbezogenheit der Abfallentsorgung hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 09.07.1992 (Az.: 7 C 21/91, NVwZ 1993, S. 581 ff., S. 582) zum Abfallgesetz 1986 entschieden, daß die gebietsbezogene Verantwortlichkeit eine zugleich rationelle wie umweltschonende Abfallentsorgung ermöglichen soll, indem sie in einem überschaubaren Bereich die Abfallströme ordnet und lenkt und damit einen dem Wohl der Allgemeinheit abträglichen "Abfallexport" vermeidet. Diese Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichtes zum alten Bundesabfallgesetz gilt auch für den in § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG verankerten Grundsatz der Gebietsbezogenheit der Abfallentsorgung (so: Schink in: Brandt/Ruchay/Weidemann, Loseblatt-Kommentar, zum KrW-/AbfG, § 15 Rz. 27; Kunig in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, Kommentar, 2. Aufl 1998, § 15 KrW-/AbfG Rz. 8, Queitsch, KrW-/AbfG, Systematische Darstellung, 2. Aufl. 1999, Rz. 42, S. 36 f.).

Hieraus folgt, daß "Abfälle zur Beseitigung" und "Abfälle zur Verwertung" bereits an der Anfallstelle durch den Abfallbesitzer/-erzeuger getrennt zu halten sind und die überlassungspflichtigen "Abfälle zur Beseitigung" derjenigen Kommune zu überlassen sind, in deren Zuständigkeitsbereich sie erstmalig anfallen. Anderenfalls würde dem Mülltourismus bei den überlassungspflichtigen "Abfällen zur Beseitigung" Tür und Tor geöffnet und eine ortsnahe Entsorgung der "Abfälle zur Beseitigung" nicht mehr gewährleistet bzw. der Grundsatz der Gebietsbezogenheit der Abfallentsorgung in § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG leerlaufen. Insbesondere wäre die Folge, daß überlassungspflichtige "Abfälle zur Beseitigung" in der Regel nur noch dort entsorgt würden, wo zur Zeit jeweils die niedrigsten Entsorgungskosten anfallen. Weiterhin liefe auch das öffentlich-rechtliche Entsorgungsprinzip nach § 15 KrW-/AbfG gänzlich leer, weil es zumindest im Zuständigkeitsbereich von bestimmten entsorgungspflichtigen Kommunen keine "Abfälle zur Beseitigung" mehr geben würde. Diese Konsequenz hat der Bundesgesetzgeber mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz aber offensichtlich nicht beabsichtigt. Es kann auch nicht mehr hingenommen werden, daß die Abfallgebühren deshalb weiter steigen, weil eine ordnungsgemäße Überlassung der "Abfälle zur Beseitigung" durch Abfallbesitzer, die nicht private Haushaltungen sind, durch das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz nicht sichergestellt wird. .....

Unabhängig davon sind auch die Ausführungen in dem Arbeitspapier zur Hausmüllklausel (§ 4 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz KrW-/AbfG; S. 27 des Entwurfs) von der Tendenz geprägt, auch diese Abfälle den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu entziehen. Dies ist ebenfalls nicht akzeptabel und entspricht auch nicht der bislang bekanntgewordenen Rechtsprechung, wonach die privaten Haushaltungen ihre "Abfälle zur Beseitigung" und "Abfälle zur Verwertung" den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassen müssen. Eine Ausnahme hiervon besteht nur dann, wenn eine ordnungsgemäße und schadlose Eigenverwertung z.B. durch Eigenkompostierung stattfindet. Insoweit ist auch durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg deutlich gemacht worden, daß nur auf der Grundlage der Ausnahmeregelung in § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG eine Überlassung von "Abfällen zur Verwertung" durch die privaten Haushaltungen an Dritte zulässig und im übrigen, d.h. generell, unzulässig ist (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 21.07.1998 - 10 S 2614/7; NVwZ 1998, S. 1200 ff.).

Vor diesem Hintergrund bitten wir Sie, sich nachdrücklich dafür einzusetzen, daß der Entwurf der allgemeinen Verwaltungsvorschrift mit diesem Inhalt nicht erlassen wird, weil anderenfalls das öffentlich-rechtliche Entsorgungsprinzip in § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG gänzlich ausgehöhlt wird. Hätte der Bundesgesetzgeber dies gewollt, hätte es keiner Regelung von Abfallüberlassungspflichten für "Abfälle zur Beseitigung" aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz bedurft. Im übrigen wäre auch die Regelung von Abfallentsorgungspflichten überflüssig gewesen. Insgesamt erscheint es nunmehr mehr als erforderlich, das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz abzuändern und im Rahmen einer Gesetzesänderung eine dem § 4 a Abs. 1 LAbfG NRW entsprechende Regelung zur Klarstellung in das Bundesgesetz aufzunehmen. Nur auf dieser Grundlage kann dauerhaft eine verträgliche Entwicklung der Abfallgebühren sichergestellt werden

Für ein vertiefendes Fachgespräch stehen wir gerne zur Verfügung. Gleichzeitig weisen wir darauf hin, daß wir auch die Ministerin für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen mit Schreiben vom 3. Februar 2000 um Hilfestellung in der vorstehenden Angelegenheit ersucht haben."

Az.: II/2 31-02-7

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