Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 367/2016 vom 23.05.2016

10 H-Regelung für Windkraft-Anlagen und bayerische Verfassung

Die so genannte 10H-Regelung für Windkraftanlagen, wonach solche Anlagen im Außenbereich nur privilegiert sind, wenn sie einen Mindestabstand vom zehnfachen ihrer Höhe zu Wohngebäuden einhalten, ist im Wesentlichen mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat am 09.05.2016 in seiner Entscheidung über eine Popularklage und zwei von den Oppositionsfraktionen im Bayerischen Landtag ein-geleitete Meinungsverschiedenheiten lediglich Art. 82 Abs. 5 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) beanstandet (Az.: Vf. 14-VII-14, Vf. 3-VIII-15 und Vf. 4-VIII-15).

Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind-energie dienen, zählen zu den Vorhaben, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässig sind. In diesem Zusammenhang wurde durch Bundesgesetz vom 15.07.2014 der § 249 Abs. 3 in das BauGB eingefügt. Diese Vorschrift ermächtigt die Länder, durch Landesgesetze zu bestimmen, dass die Privilegierung im Außenbereich nur gilt, wenn die Windkraftanlage einen bestimmten Abstand zu Gebäuden einhält.

Der bayerische Landesgesetzgeber hat von der Länderöffnungsklausel durch Gesetz vom 17.11.2014 Gebrauch gemacht. Er hat in der Bayerischen Bauordnung (BayBO) geregelt, dass Windkraftanlagen im Außenbereich nur privilegiert sind, wenn sie einen Mindestabstand vom zehnfachen ihrer Höhe zu Wohngebäuden einhalten. Gegenstand der Verfahren beim Bayerischen VerfGH war die Frage, ob diese Regelung mit der Bayerischen Verfassung (BV) vereinbar ist.

Entscheidung


Der Bayerische VerfGH hat entschieden, dass die "10H-Regelung“ für Windkraftanlagen im Wesentlichen mit der Bayerischen Verfassung vereinbar ist. Der in Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO geregelte höhenbezogene Mindestabstand für Windkraftanlagen als Voraussetzung für die bauplanungsrechtliche Privilegierung im Außenbereich sei mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Ebenfalls verfassungsgemäß seien die Übergangsbestimmung des Art. 83 Abs. 1 BayBO, die Sonderregelung in Art. 82 Abs. 3 BayBO für gemeindefreie Gebiete, die Bestandsschutzregelung des Art. 82 Abs. 4 BayBO für vorhandene Flächennutzungspläne und das Unterlassen einer vergleichbaren Bestimmung für Regionalpläne.

Die dem Landesgesetzgeber durch die Öffnungsklausel in § 249 Abs. 3 BauGB eingeräumte Gesetzgebungsbefugnis zur Bestimmung eines Mindestabstands sei nicht unbegrenzt. Die bundesrechtliche Grundentscheidung für eine Privilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich dürfe durch eine landesrechtliche Abstandsregelung weder rechtlich noch faktisch ausgehebelt werden. Die durch den bayerischen Landesgesetzgeber normierte Festlegung des Mindestabstands zu allgemein zulässigen Wohngebäuden auf die zehnfache Anlagenhöhe überschreite aber den bundesrechtlich eröffneten Gestaltungsrahmen nicht, so der VerfGH. Zwar werde der räumliche Anwendungsbereich für den Privilegierungstatbestand erheblich eingeschränkt, nicht aber beseitigt. Grundrechte der Bayerischen Verfassung würden hierdurch ebenfalls nicht verletzt.

Die Regelung des Art. 82 Abs. 4 BayBO für vorhandene Darstellungen von Konzentrationszonen für Windkraftanlagen in Flächennutzungsplänen berühre auch insoweit nicht den Schutzbereich des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts (Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV), als sie "Bestandsschutz" nur unter der Voraussetzung vorsieht, dass eine betroffene Nachbargemeinde der Fortgeltung der Darstellung bis zum 21.05.2015 nicht widerspricht.

Verfassungswidrig sei indes die in Art. 82 Abs. 5 BayBO den Gemein-den auferlegte Pflicht, bei der Aufstellung von Bauleitplänen, die für Vorhaben der Windenergienutzung einen geringeren als den Mindest-abstand festsetzen wollen, im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB auf eine einvernehmliche Festlegung mit betroffenen Nachbargemeinden hinzuwirken. Diese Regelung steht nach Ansicht des VerfGH in einem offensichtlichen und schwerwiegenden Widerspruch zur Kompetenzordnung des Grundgesetzes und verstößt deshalb gegen das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung.

Az.: 20.1.4.1

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