Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 160/2022 vom 15.03.2022

Klimaneutralität: Elektrifizierung laut DIW-Studie kostengünstigster und effizientester Weg

Der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien und eine darauf aufbauende, weitgehende Elektrifizierung aller Wirtschaftsbereiche sind die kostengünstigste Option, Klimaneutralität in Europa zu erreichen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung e. V. (DIW), welche drei Szenarien zur Schaffung einer fossilfreien Energieversorgung verglichen hat. Ein umfangreicher Einsatz von Wasserstoff oder synthetischen Gasen sei laut der Autoren der Studie auf dem Weg zur Klimaneutralität teurer als die direkte Nutzung von Strom aus Erneuerbaren Energien. Alle Szenarien zeigten auf, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien schneller voranschreiten müsse. Dies setze auch voraus, dass klare Rahmenbedingungen für Investitionen aller Endverbraucher vorlägen. Zu einem anderen Ergebnis kommt die Wasserstoff-Projektgruppe „Ready4H2“ in ihrem aktuellen Bericht (siehe Mitteilung vom 15.03.2022).

Grüner Strom auch für Wasserstoff notwendig

Bis 2050 will die Europäische Union (EU) klimaneutral sein. Dafür sei es laut DIW erforderlich, den momentanen Anteil fossiler Brennstoffe wie Erdöl, Erdgas oder Kohle am europäischen Energiemix drastisch zu reduzieren. Dieser beträgt momentan 75 Prozent, wodurch der Energiesektor für mehr als drei Viertel der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich ist. In Ihrer Analyse vergleichen die Wissenschaftler drei Optionen zur Ausgestaltung des zukünftigen Energiemix, in denen entweder elektrischer Strom aus erneuerbaren Energien, grüner Wasserstoff oder grüne synthetische Gase der jeweils dominante klimafreundliche Energieträger sind. Dabei zeige sich, dass nicht nur im Falle einer weitgehenden Elektrifizierung ein massiver Zubau erneuerbarer Energien erforderlich ist, sondern auch bei gasförmigen Energieträgern. Solange nicht genügend Strom aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung stehe, könne laut dem DIW Wasserstoff und synthetische Gase keine dominante Rolle in einem nachhaltigen Energiemix spielen. Wenn nachhaltig produzierter Strom erst noch in grünen Wasserstoff oder grüne synthetische Gase umgewandelt wird, statt ihn direkt zu nutzen, sei das Ganze letztlich auch deutlich teurer.

Vorteile der direkten Elektrifizierung nutzen

Im Kostenvergleich habe sich das Szenario, das auf eine direkte Elektrifizierung mit grünem Strom setzt, daher als beste Option erwiesen. Nicht nur wäre der Aufwand in der Energieproduktion deutlich niedriger als bei der Herstellung gasförmiger Energieträger. Auch die hohen Investitionskosten, insbesondere in Bezug auf die für einen flächendeckenden Einsatz von Wasserstoff und synthetischen Gasen notwendige Erzeugungsinfrastruktur, entfielen bei einer direkten Stromnutzung. Auch beim Gesamtwirkungsgrad, also dem Verhältnis der schlussendlich nutzbaren und primär zugeführten Energie, sei elektrischer Strom seiner gasförmigen Konkurrenz überlegen. Im Verkehrssektor etwa liege dieser für elektrischen Strom bei voraussichtlich 78 Prozent, für Wasserstoff und synthetische Gase hingegen jeweils nur knapp über 40 Prozent.

Auch Vorteile gasförmiger Energieträger nutzen

Auch würden gasförmige Energieträger eine Rolle im zukünftigen Energiemix spielen, da sie den großen Vorteil böten, kurzfristige Schwankungen bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ausgleichen zu können. Dennoch sollte laut der Autoren der Studie der Fokus der Politik nun darauf liegen, Rahmenbedingungen zu setzen, die für eine weitgehende Elektrifizierung notwendigen Investitionen attraktiv machen. Dies erfordere insbesondere klare Signale an die Endverbraucher, dass sich die größtenteils bei ihnen anfallenden Investitionen für sie rentieren werden. Darüber hinaus brauche es auch eine zeitnahe Abkehr von fossilen Energieträgern, so das Autorenteam abschließend.

Anmerkung

Die Vorteile einer direkten Nutzung grüner Energie durch Wärmepumpen und Elektroautos sind bereits länger bekannt. Hervorzuheben ist jedoch, dass die Studie mit drei Szenarien diese These bestätigt. Auch erscheint es denklogisch, dass die direkte Nutzung grüner Energie bei Wärmepumpen und Elektroautos einen deutlich höheren Wirkungsgrad erzielt, da keine Umwandlungsprozesse wie etwa bei Wasserstoff erforderlich sind, sondern direkt aus der Energie Kraft erzeugt wird. Dieses Argument ist insofern überzeugend, weil Flächen für die Erzeugung grüner Energie begrenzt sind und grüner Strom möglichst verlustfrei verwendet werden sollte.

Dennoch darf die Wasserstofftechnologie nicht vernachlässigt werden. In den Kommunen sind Interesse, Potenzial und vielerorts auch bereits Know-how vorhanden, um die vom Bund bereits auf den Weg gebrachte Wasserstoffstrategie weiter umzusetzen. Wasserstoff kann ein Instrument in den Kommunen werden, der nicht nur die Stickoxid- und CO2-Belastung in vielen Ballungszentren deutlich reduziert, sondern auch die Entwicklung energieautarker Quartiere möglich macht. Im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung müssen alle örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt werden. Hier kann die gute existierende Gasinfrastruktur dazu beitragen, die Kosten zu begrenzen. Grüner Wasserstoff wird insbesondere im Altbaubestand in Quartieren, die nicht mit Wärmepumpen ausgestattet werden können, ein wichtiges Hilfsmittel zur Dekarbonisierung darstellen. Für diese Anwendungsfälle werden grüne Gase und die dazugehörige Infrastruktur benötigt wie etwa die Netze bzw. die Umrüstung der Thermen; daher werden weitere technologieoffene Investitionshilfen erforderlich sein.

Hinzu kommt, dass Wasserstoff ein großes Potenzial bietet, neue Wertschöpfungsketten gerade in ländlichen Räumen zu schaffen. Eine dezentrale Wasserstofferzeugung wird lokales Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen generieren. Die Herstellung der Komponenten für Erzeugung, Nutzung und Transport von Wasserstoff bietet viele Möglichkeiten, um künftig zur regionalen Wertschöpfung beizutragen, die in diesen Bereichen tätigen Unternehmen zu stärken beziehungsweise neue Unternehmensgründungen anzureizen.

Die Pressemitteilung ist zu finden unter: www.diw.de

Die vollständige Studie ist zu finden unter: www.diw.de

Eine DStGB-Dokumentation, die die Potenziale von Wasserstoff in den Kommunen aufzeigt, ist zu finden unter: www.dstgb.de

Az.: 28.6.9-004/003 we

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search