Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 687/2003 vom 18.08.2003

Vergaberecht und stadteigene Gesellschaften

Die Landesregierung hat auf die Kleine Anfrage 1328 des Abgeordneten Dr. Gerhard Papke (DRS 13/4076) geantwortet. Die Fragen und die Antworten sind in der Drucksache 13/4226 vom 08.08.2003 im Einzelnen dargelegt. Die Frage des Abgeordneten befasst sich konkret mit der Straßenausbaumaßnahme Droste-Hülshoff-Weg der Gemeinde Reken. Die Baumaßnahme wird über die Kommunale Dienstleistungsgesellschaft mbH mit Sitz in Heiden abgewickelt. Die Gesellschaft wird durch die Stadt Borken sowie die Gemeinden Heiden, Raesfeld, Reken und Südlohn unterhalten und betrieben. In der Ausschreibung des entsprechenden Auftrages sei ausdrücklich vermerkt worden, dass die Gesellschaft "aufgrund des bundesdeutschen, aber auch des EU-Rechts mit dieser Ausschreibung nicht an die Verdingungsordnung für Bauleistung gebunden sei. Teil A der VOB finde insoweit keine Anwendung."

Die sich nach Auffassung des Abgeordneten Dr. Papke aus diesem Vorgang abzuleitenden Fragen sind nachfolgend im Einzelnen wiedergegeben. Die Antwort der Landesregierung ist den einzelnen Fragen zugeordnet worden.

1. Hält die Landesregierung die anhand des Rekener Beispiels dargelegte Vorgehensweise nordrhein-westfälischer Kommunen zur Umgehung der VOB/A für vereinbar mit dem ministeriellen Runderlass der Landesregierung, der die Städte und Gemeinden in NRW zur Anwendung der VOB/A verpflichtet?

Der Landesregierung ist kein Fall bekannt, in dem Kommunen Gesellschaften nur deshalb gegründet haben, um das Vergaberecht zu umgehen.

Der Landesregierung ist bekannt, dass Kommunen im Rahmen ihrer gesetzlich garantierten Organisationsfreiheit Gesellschaften gegründet haben, um durch das gemeinsame Einkaufen von Waren und Dienstleistungen Synergieeffekte und wirtschaftliche Vorteile zu erzielen. Dies ist auch in dem von Ihnen geschilderten "Rekener Beispiel" der Fall.

Hier haben mehrere Kommunen des Kreises Borken, darunter auch die Gemeinde Reken, die Dienstleistungsgesellschaft mbH gegründet. Für die Gründung dieser Gesellschaft waren in erster Linie Synergieeffekte und wirtschaftliche Vorteile durch das gemeinsame Einkaufen von Waren und Dienstleistungen ausschlaggebend. Da die Kommunen schon seit einigen Jahren in mehreren Verwaltungsbereichen zusammenarbeiten, lag es nahe, auch die im Zusammenhang mit Auftragsvergaben zu erledigenden Verwaltungsaufgaben zu bündeln. Der mögliche Verzicht dieser Gesellschaft auf Vergabeverfahren nach der VOB/A stellt lediglich einen Nebeneffekt dar.

Insofern sieht die Landesregierung hier auch keinen Widerspruch zu dem RdErl. d. Innenministeriums vom 10.04.2003 - 34-67.10.10 - 1649/03 - (SMBl. NRW 6300), in dem unter anderem die Teile A und B der Verdingungsverordnung für Bauleistungen (VOB) für die Gemeinden und Gemeindeverbände für verbindlich erklärt worden sind; zumal unter Ziffer 3 dieses Runderlasses ausdrücklich festgestellt worden ist, dass die Vergabegrundsätze unterhalb der EU-Schwellenwerte keine Anwendung auf Eigenbetriebe und kommunale Eigengesellschaften finden.

2. Wie viele Fälle sind der Landesregierung bekannt, in denen nordrhein-westfälische Kommunen ihre Beschaffungstätigkeit auf Gesellschaften in privater Rechtsform übertragen haben?

Der Landesregierung sind zwei Fälle bekannt, in denen nordrhein-westfälische Kommunen ihre Beschaffungstätigkeit auf kommunale Eigengesellschaften übertragen haben.

Zum einen handelt es sich dabei um die im Kreis Borken angesiedelte Dienstleistungs mbH und zum anderen um die im Kreis Kleve angesiedelte Kommunallogistik mbH.

3. Wenn die Landesregierung die Arbeit kommunaler Beschaffungsgesellschaften zur Umgehung der VOB/A nicht für vereinbar mit ihrem ministeriellen Runderlass hält, was hat sie bisher unternommen, um diese Vorgehensweise zu unterbinden?

Die Landesregierung hält, wie bereits unter Frage 1 beantwortet, die Vorgehensweise der kommunalen Gesellschaften für vereinbar mit dem zitierten Runderlass.

4. Welche Konsequenzen ergeben sich nach Ansicht der Landesregierung mit Blick auf die Tätigkeit solcher Gesellschaften aus dem o. g. Urteil des OLG Düsseldorf für die künftige Praxis bei der Vergabe öffentlicher Aufträge?

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 30. April 2003 äußert sich zu zwei vergaberechtlichen Fragestellungen: Zum einen geht es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen gemischtwirtschaftliche Gesellschaften als funktionale Auftraggeber i.S. des § 98 Nr. 2 GWB einzuordnen sind.

Hierzu stellt das OLG in seiner Begründung in den Vordergrund, dass die im Beschlussfall gegründete Beschaffungsgesellschaft in der Privatrechtsform einer GmbH das Instrument darstelle, um eine im Grundgesetz verankerte eigene Aufgabe des Bundes zu erfüllen. Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der gesellschaftsbezogenen Rechtsverhältnisse bleibt die Vergaberechtsunterworfenheit erhalten, da der Staat (die Bundeswehrverwaltung) einen letztlich entscheidenden Einfluss auf die Aufgabenerledigung nicht nur behalten wollte, sondern diesen auf Grund des Art. 87 b Abs. 1 Satz 2 GG sogar behalten musste.

Der Beschluss des OLG Düsseldorf vom 30. April 2003 betrifft daher nur einen ganz speziellen Fall und ist auf andere Konstellationen nicht übertragbar.

Zum anderen befasst sich das OLG Düsseldorf mit der Frage der Anwendbarkeit des § 13 S. 6 VgV auf sog. De-facto-Vergaben. Die Entscheidung betrifft den Sonderfall, in dem der Kreis der zu beteiligenden Bieter bereits durch vorangegangene Angebotsaufforderung konkretisiert war. Aus diesem Grund ergeben sich Konsequenzen für die künftige Praxis kommunaler Beschaffungsgesellschaften nur in den Fällen, in denen eine dem Beschlussfall vergleichbare Fallkonstellation vorliegt.

5. Was wird die Landesregierung konkret unternehmen, um etwaige Konsequenzen aus dem OLG-Urteil schnellstmöglich bei der Vergabepraxis der öffentlichen Hand in Nordrhein-Westfalen umzusetzen?

Aus Sicht der Landesregierung besteht keine Veranlassung, aus dem der Entscheidung des OLG Düsseldorf zugrunde liegenden sehr speziellen Fall allgemeine Handlungsanweisungen für die Kommunen abzuleiten.

Az.: II/1 608-00

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