Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 415/2022 vom 19.07.2022

Studie zum Wärmemarkt: Kommunen müssen vor Ort individuelle Lösung für Wärmewende finden

Der Nationale Wasserstoffrat hat erste Ergebnisse einer Studie zum Wärmemarkt veröffentlicht. Ziel ist es, eine Analyse und Bewertung unterschiedlicher Dekarbonisierungspfade für den Wärmemarkt vorzunehmen. Darin kommen die Autoren des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) zu dem Zwischenergebnis, dass für die erfolgreiche Transformation der Wärmeversorgung Vor-Ort-Analysen zwingend erforderlich sind, da eine energiesystemanalytische Betrachtung auf nationaler Ebene nicht alle lokalen Anforderungen und Restriktionen berücksichtigen kann. Weiter empfiehlt ISE, bei einer Einführung von verpflichtenden kommunalen Wärmeplänen zum jetzigen Zeitpunkt keine Technologieoption auszuschließen und auch den weiteren Einsatz der Gasnetze für Wasserstoff weiter zu prüfen. Denn gerade die Belange der in der Fläche auf Prozesswärme und teilweise auf Prozessgase angewiesenen Industrie- und Gewerbebetriebe seien zwingend zu beachten.

Anders als in bekannten Systemstudien mit Top-Down-Ansatz werden in dieser sogenannten Bottom-Up-Studie des ISE vier Städte und Gemeinden unterschiedlicher Größenklassen, Siedlungs- und Wirtschaftsstrukturen auf ihre Optionen für eine effiziente Dekarbonisierung hin untersucht. Diese vier ausgewählten Versorgungsgebiete sind Mainz, Fellbach, Burg bei Magdeburg und Westerstede. Die finalen Ergebnisse der Studie werden erst im Herbst vorliegen, jedoch können bereits jetzt erste Erkenntnisse für die Transformation der Wärmeversorgung abgeleitet werden.

Örtliche Gegebenheiten für Wärmeplanung berücksichtigen

Der bisherige Erfahrungsgewinn aus der Bottom-Up Studie zeige, dass der Lösungsraum maßgeblich von den benötigten Temperaturniveaus, der Wärmenachfrage und der Verfügbarkeit lokaler Wärmequellen bestimmt wird. Wichtig sei daher eine Datenerhebung, um umfassende Kenntnisse über die besonderen Gegebenheiten vor Ort für die kommunale Wärmeplanung zu erlangen. Hierfür müssten personelle und finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden. Für die Erhebung der Wärmenachfragen, Bestandsanlagen, Potenziale für Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien und Abwärmepotenziale empfehlen die Autoren zudem ein standardisiertes Vorgehen, um eine verlässliche Grundlage für die kommunale Wärmeplanung zu gewährleisten.

Kein vorzeitiges Ende der kommunalen Gasnetze

Die Autoren betonen in ihrer Zwischenanalyse, „dass es zum jetzigen Zeitpunkt keine belastbare Begründung dafür gibt, die Option der Umnutzung von Gasverteilnetzen zur Wasserstoffnutzung für die Beheizung von Einzelgebäuden generell und für alle gegebenen Einzelfälle auszuschließen“. Ein wichtiger Anhaltspunkt für die künftige Weiternutzung und die damit verbundene Umrüstung des Gasverteilnetzes auf H2 sei die aktuelle bzw. zukünftige Nachfrage nach Prozesswärme bzw. Prozessgasen. Sofern eine Nachfrage aus der Industrie bestehe, würde sich dies auch auf die Versorgungslösung vorhandener Wohngebäude im jeweiligen Gebiet auswirken.

Alle Technologien der Region im Blick behalten

Bei dem Übergang hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung müssten alle wesentlichen Technologien auf dem Prüfstand stehen. Als Optionen zur Umsetzung müssten sowohl Wärmepumpen auf Basis von Strom aus erneuerbaren Energien, Fernwärme, Geothermie, Solarthermie, Biomasse und nicht vermeidbare Abwärme, Wasser-/Abwasserwärme als auch H2 basierte Strom- und Wärmeerzeuger in den Planungen geprüft werden. Dies sei aufgrund der lokal/regional sehr unterschiedlich ausgeprägten Versorgungsaufgaben auf Basis der lokalen/regionalen Verfügbarkeiten und Netztopologien relevant.

Hintergrund

Mit der Verabschiedung der Nationalen Wasserstoffstrategie hat die Bundesregierung am 10. Juni 2020 den Nationalen Wasserstoffrat berufen. Der Rat besteht aus 26 hochrangigen Expertinnen und Experten der Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die nicht Teil der öffentlichen Verwaltung sind. Die Mitglieder des Wasserstoffrats verfügen über Expertisen in den Bereichen Erzeugung, Forschung und Innovation, Dekarbonisierung von Industrie, Verkehr und Gebäude/Wärme, Infrastruktur, internationale Partnerschaften sowie Klima und Nachhaltigkeit. Der Nationale Wasserstoffrat wird geleitet durch Katherina Reiche, Vorstandsvorsitzende der Westenergie AG und Parlamentarische Staatssekretärin a. D. Aufgabe des Nationalen Wasserstoffrats ist es, den Staatssekretärsausschuss für Wasserstoff durch Vorschläge und Handlungsempfehlungen bei der Umsetzung und Weiterentwicklung der Wasserstoffstrategie zu beraten und zu unterstützen.

Anmerkung

Die aktuellen Preisentwicklungen am Gasmarkt und die im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien vereinbarten Pläne bezüglich der Etablierung einer verpflichtenden kommunalen bundesweiten Wärmeplanung machen es erforderlich, zeitnah den Umstieg in die klimaneutrale Wärmeversorgung zu starten. Dies bedeutet richtigerweise, dass das Gasnetz bei der künftigen Wärmeversorgung weiterhin eine Rolle spielen muss. Denn die Nutzung von Wasserstoff kann hierfür ein wichtiger Baustein sein, wie auch die Dokumentation („Wasserstoff im kommunalen Einsatz“) des DStGB und seiner Partner aufzeigt. Gasnetze können bei der Verteilung von Wasserstoff ein wesentlicher Faktor sein, um das Ziel der CO2-neutralen Wärmeversorgung schnellstmöglich zu erreichen. Insofern muss tatsächlich eine Potenzialanalyse für das Gasnetz für den jeweiligen Einzelfall vorgenommen werden. Wichtig ist jedoch, dass die Städte und Gemeinden im Rahmen der geplanten verpflichtenden kommunalen Wärmeplanung auch mit ausreichenden finanziellen Mitteln für diese Jahrhundertaufgabe ausgestattet werden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat ein entsprechendes Eckpunktepapier zur bundesweiten Umsetzung angekündigt, welches ursprünglich am 24. Juni 2022 mit den kommunalen Spitzenverbänden diskutiert werden sollte. Jedoch wurde der Termin auf unbestimmte Zeit verschoben.

Die vollständige Pressemitteilung des NWR mit dem Zwischenergebnis zur Studie ist zu finden unter: www.wasserstoffrat.de

Die DStGB-Dokumentation „Wasserstoff im kommunalen Einsatz“ ist zu finden unter www.dstgb.de (Rubrik: Publikationen / Dokumentationen)

Az.: 28.6.9-005/003 we

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