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StGB NRW-Mitteilung 164/2008 vom 20.02.2008
Studie „Pisa-Verlierer - Opfer ihres Medienkonsums"
Vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. wird seit dem Jahr 2004 die Frage untersucht, wie sich bestimmte Mediennutzungsmuster auf Schulleistungen von Kindern und Jugendlichen auswirken. Die Befunde weisen nach Mitteilung des Instituts überraschend deutliche Parallelen zu den Ergebnissen der drei Pisa-Studien auf. Dort seien im Vergleich bestimmter Schülergruppen erhebliche Leistungsunterschiede festgestellt worden. So hätten Schüler mit Migrationshintergrund erheblich schwächer abgeschnitten als einheimische deutsche. Entsprechendes gelte im Vergleich von Schülern aus sozial schwachen Familien mit solchen aus der Mittelschicht. Ferner hätten Jungen schwächer abgeschnitten als Mädchen und norddeutsche Schüler schwächer als süddeutsche. Bei der Interpretation dieser teilweise sehr ausgeprägten Leistungsunterschiede sei bislang ein wichtiger Aspekt kaum beachtet worden.
Bereits als Viertklässler verfügten die vier Pisa-Verlierergruppen in ihren Kinderzimmern über eine erheblich größere Ausstattung mit Fernseher, Spielkonsole und Computer als ihre jeweilige Gegengruppe. So würden die Jungen zu 39 % eine eigene Spielkonsole, Mädchen dagegen nur zu 16 % eine solche besitzen. Bei Migrationskindern im Vergleich zu deutschen Kindern falle hier der Unterschied mit 44 % zu 22 % ähnlich groß aus. Er wachse sogar auf 43 zu 11 %, wenn man Kinder aus bildungsfernen Familien (beide Eltern höchstens Hauptschulabschluss) mit solchen aus der bildungsnahen Mittelschicht vergleiche (mindestens ein Elternteil Akademiker). Beim Fernseher zeichne sich ein ähnliches Bild ab: Norddeutsche Kinder verfügen zu 42 % über ein eigenes TV-Gerät, süddeutsche nur zu 27 %. 10-Jährige aus Migrationsfamilien lägen mit 52 zu 32 % vor den deutschen Kindern. Und erneut ergäbe sich der größte Unterschied, wenn man nach dem Bildungsniveau der Eltern unterscheide (bildungsfernes Elternhaus: 57 %, bildungsnahe Mittelschicht 16 %).
Als Folge dieser Ausstattungsunterschiede bei Mediengeräten würden die PISA-Verlierer schon als 10-Jährige und später als 15-Jährige einen weit höheren und auch inhaltlich problematischeren Medienkonsum als ihre bei PISA besser abschneidenden Vergleichsgruppen aufweisen. Dies belegten zwei vom KFN durchgeführte Querschnittsbefragungen von 5.500 Viertklässlern und 17.000 Neuntklässlern.
Die Studie belege, je mehr Zeit Schülerinnen und Schüler mit Medienkonsum verbringen und je brutaler dessen Inhalte seien, desto schlechter fielen die Schulnoten aus.
Die Befunde eröffneten viel versprechende Perspektiven dafür, wie man die schulischen Leistungen der PISA-Verlierer nachhaltig verbessern könne. Die Eltern sollten gezielt darüber aufgeklärt werden, wie negativ sich extensiver Medienkonsum auf Schulleistungen auswirke. Bildschirmgeräte gehörten im Übrigen nicht ins Kinderzimmer. Ferner sei festzustellen, dass der Jugendmedienschutz nach wie vor nicht die erhoffte Wirkung entfalte. Kinder und Jugendliche kämen relativ problemlos an Filme und Spiele heran, die als jugendgefährdend anzusehen seien.
Die nordrhein-westfälische Schulministerin Barbara Sommer und der niedersächsische Kultusminister Bernd Busemann haben am 15. Februar 2008 Stellung bezogen zu den Ergebnissen dieser Studie. Die Schulministerin des Landes Nordrhein-Westfalen zeigte sich besorgt darüber, dass die übermäßige und unkontrollierte Nutzung von elektronischen Medien die Bildungschancen von zu vielen jungen Menschen beeinträchtige. Die Ministerin kündigte eine Aufklärungskampagne des Schulministeriums NRW an: Die Lehrerinnen und Lehrer würden in der Fortbildung und im Amtsblatt verstärkt auf das Problem hingewiesen, um Eltern besser beraten zu können. Das Schulministerium nutze seine Homepage (www.schulministerium.nrw.de) und eine im Juni erstmals erscheinende Elternzeitschrift, um Eltern zu sensibilisieren. Eltern sollen ermutigt werden, den Kindern Grenzen zu setzen.
Az.: IV/2 200-3/2