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Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr
StGB NRW-Mitteilung 317/1998 vom 20.06.1998
Sitzung der Ausschüsse für Verkehr und Strukturpolitik und für Landesplanung
Am 29.4.1998 fand in Lage eine gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Landesplanung und des Ausschusses für Verkehr und Strukturpolitik des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes statt. Der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr und Strukturpolitik, 1. Beigeordneter Weihe, Lage, informiert zunächst über den Tod des langjährigen Präsidiumsmitglieds des NWStGB und ständigen Gastes beiden Sitzungen, Bürgermeister Stahlmecke, Meschede, worauf die Anwesenden seiner gedachten.
Bürgermeister Bentmann stellte die gastgebenden Stadt Lage als Verkehrsknotenpunkt von Bundesstraßen und Schienensträngen sowie als Wirtschaftsstandort vor. Wichtigstes Verkehrsprojekt sei weiterhin die Umleitung der B 239, die in ihrer derzeitigen Ortsdurchfahrt die Entwicklung der Stadt hemme. Der größte Aktivposten der Stadt Lage sei die Ausgewogenheit der Wirtschaftsstruktur, die gesunde Mischung der Betriebsgrößen und Branchen.
Den ersten thematischen Schwerpunkt bildete die Integrierte Entwicklungsplanung zwischen Nachhaltigkeit und Finanzierbarkeit. Dipl.-Kfm. Döllekes, Universität Dortmund, erklärte in Vertretung für Universitätsprofessor Dr. Kroes, für die Realisierung einer nachhaltigen Entwicklung - insbesondere für die Konkretisierung des allgemeinen Leitbilds hin zu den Bereichszielen für die Stadt- oder Gemeindeentwicklung - seien zumindest die Koordination, Partizipation und entscheidungsrelevante Informationen über die kommunalen Lebensbereiche zur Fundierung planerischer Entscheidungen weiterhin wesentlich. Sowohl das Prinzip der Nachhaltigkeit als auch die sehr engen finanziellen Handlungsspielräume der Städte und Gemeinden erforderten eine mittel- und langfristige Entwicklungsplanung. Jede Maßnahme erfordere eine noch sorgfältigere fachübergreifende Überprüfung der kurz-, mittel- und langfristigen Wirkungen, inklusive der Nebenwirkungen, nicht nur im Umwelt- sondern ebenso im ökonomischen, sozialen sowie institutionellem Bereich.
Um im kommunalen Bereich eine umwelt- und marktorientierte Entwicklungsplanung wirkungsvoll umsetzen zu können, müßten nachfolgende Forderungen berücksichtigt werden:
- Schaffung umwelt- und marktorientierter Informationsgrundlagen: Der Aufbau kommunaler integrierter Umwelt- und Management- Informationssysteme bis hin zum Controlling; die mittel- bis langfristigen Zeit- und Kosteneinsparungspotentiale durch die Nutzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien seien immens.
- Realisierung der organisatorischen Voraussetzungen: Stärkere Querschnittsorientierung und interdisziplinäre Zusammenarbeit brauchten eine organisatorische Verankerung in der Kommune.
- Stärkere Wettbewerbs- und Kooperationsorientierung: Wettbewerb zwischen den Kommunen fördere notwendige Innovationen. Dies dürfe jedoch nicht einem "try harder the same" führen. Chancen lägen in der sinnvollen Verknüpfung von Wettbewerb und Kooperation, dies könne sog. Gewinner-Gewinner-Verhältnisse bilden.
Einen weiteren Schwerpunkt der gemeinsamen Ausschußsitzung bildete ein Erfahrungsaustausch über die Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs. Zunächst berichtete Referent Thomas, Geschäftsstelle, über aktuelle Entwicklungen auf europäischer und Bundesebene. So sei die Europäische Kommision derzeit mit einer Novellierung der Deregulierungsverordnungen zum öffentlichen Personennahverkehrsmarkt befaßt. In einem Zwischenbericht habe die Kommission sog. "Erste Strategien" vorgelegt, um dem Ziel, allen europäischen Verkehrsunternehmen gleiche Marktzugangsvoraussetzungen zu schaffen, durch einen verstärkten Wettbewerb näherzukommen. Auf der Bundesebene werde z.Zt. über einen Referentenentwurf zur Änderung des Bundesregionalisierungsgesetzes diskutiert. Auf der Grundlage einer Wibera-Untersuchung zur Revisionsklausel des § 6 RegG sollten nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung die Regionalisierungsmittel gekürzt werden. Sowohl die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände wie auch die Länder hätten zwischenzeitlich den Gesetzentwurf abgelehnt und gefordert, daß die Regionalisierungsmittel in einer Höhe von 12 Mrd. DM erhalten werden und Kosteneinsparungen zur Verbesserung und Ausweitung des ÖPNV führen sollten.
In der Ausschußberatung wurde deutlich, daß noch immer nicht alle Nahverkehrspläne fertiggestellt sind. Dies liege nicht zuletzt an der Einführung des integralen Taktfahrplans, der den Aufgabenträgern erst zum Ende des vergangenen Jahres bekannt geworden sei. Übereinstimmend wurde im Ausschuß das derzeitige Konzessionierungsrecht des Personenbeförderungsgesetzes als hinderlich für eine konsequente Umsetzung des Regionalisierungsgedankens beurteilt. Die Bestandsschutzregeln des PBefG ließen keinen ausreichenden Wettbewerb aufkommen. Thematisiert wurden darüber hinaus die Probleme kreisangehöriger Städte und Gemeinden, beim Aufgabenträger Zweckverband angemessene Mitwirkungsmöglichkeiten durchzusetzen.
Eine intensive Beratung erfuhr sodann der Beschlußvorschlag, den die Geschäftsstelle zu Factory Outlet-Centers aus strukturpolitischer und landesplanerischer Sicht vorgelegt hatte. Referent Thomas führte hierzu zunächst aus, daß mit dem Beschlußvorschlag die heftig und emotional geführte Diskussion um großflächige Fabrikverkaufszentren versachlicht werden solle. Zur Zeit seien etwa 13 bis 20 Ansiedlungswünsche in der gesamten Bundesrepublik im Gespräch. Für mehr bestehe offensichtlich auch kein Bedarf, da die Hersteller der dort vertriebenen Produkte gar nicht in größerem Umfang produzieren könnten. Die Standorte seien häufig ausschließlich auf den Pkw-Verkehr bezogen. Nach dem Wunschdenken der Investoren müßten großflächige Fabrikverkaufszentren daher regelmäßig auf der sog. "grünen Wiese" mit Autobahn-Anschluß liegen. Dies sei allerdings kein Spezifikum der Factory Outlet-Centers. Vielmehr habe jeder, der die großflächigen Bauvorhaben plane, vergleichbare Wunschkritierien. Auf der Grundlage des Beschlußvorschlages sei es möglich, eindeutige und weitgehend rechtssichere Lösungen bei Ansiedlungswünschen herbeizuführen. Beigeordneter Dr. Janning, Rheine, ergänzte die Ausführungen und stellte fest, FOC müßten fachlich und rechtlich wie jedes andere Einzelhandelsgroßprojekt behandelt werden. Es müßten dieselben Ziele und rechtlichen Steuerungskriterien konsequent angewendet werden. Bei der Steuerung des großflächigen Einzelhandels gehe es vor allem darum, räumlich ausgeglichene Versorgungsstrukturen zu gewährleisten, attraktiven und lebendigen Stadt- und Ortszentren faire Wettbewerbschancen zu bieten sowie unnötigen Pkw-Verkehr und unnötigen Flächenverbrauch zu vermeiden.
Die Ausschüsse diskutierten eingehend über die Chancen und Risiken großflächiger Fabrikverkaufszentren insbesondere für die Einzelhandelsunternehmen in den Innenstädten und erörterten dabei auch den Vorschlag, Factory Oulet-Centers generell nicht zuzulassen. Die Mehrheit in den Ausschüssen vertrat die Auffassung, Factory Oulet-Centers, die vom Standort und von der Größenordnung her stadt- und regionalverträglich seien, könnten aus landesplanerischer und städtebaulicher Sicht rechtlich nicht generell verhindert werden. Vielmehr müsse es darum gehen, den Kommunen geeignete Kriterien und Hilfestellungen zur Entscheidung über Ansiedlungswünsche im Einzelfall an die Hand zu geben. Mehrheitlich wurde deshalb dem ausführlichen Beschlußvorschlag der Geschäftsstelle zugestimmt, der inzwischen auch vom Präsidium in dessen Sitzung am 27.5.1998 angenommen wurde und bei der Geschäftsstelle abrufbar ist.
Die Ausschüsse diskutierten schließlich über die Ansiedlung von Multiplex-Kinos, Strategeien zur Erhaltung des kommunalen Straßennetzes, die Neuregelung der Schülerfahrtkosten sowie einem Filialkonzept-Entwurf der Deutschen Post AG. Die nächste Sitzung soll wiederum gemeinsam am 27.10.1998 durchgeführt werden.
Az.: III/1 n 5/n 10