Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 631/2008 vom 14.10.2008

Perspektive der öffentlichen Haushalte

In seinem Monatsbericht vom September 2008 beschäftigt sich das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit der mittelfristigen Perspektive der öffentlichen Haushalte. Trotz der Unternehmensteuerreform 2008, der erneuten Absenkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und der zusätzlichen Ausgaben als Folge der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst sei im Jahr 2008 nur eine leichte Verschlechterung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos zu erwarten. Um mittelfristig weitere Haushaltsverbesserungen zu erreichen, müssten alle Haushaltsebenen am Konsolidierungskurs festhalten. Hingewiesen wird auf finanzpolitische Risiken, die sich aus der Bankenkrise ergeben und den Finanzierungssaldo belasten können.

Nachfolgend ist die Einschätzung des BMF zur Lage des öffentlichen Gesamthaushalts im Finanzplanungszeitraum wiedergegeben.

Konsolidierungserfolg im Jahr 2007

Das Jahr 2007 war durch einen deutlichen Konsolidierungserfolg der öffentlichen Haushalte gekennzeichnet: Der gesamtstaatliche Finanzierungssaldo in Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen verbesserte sich in einen leichten Überschuss (2007: +0,1 % des BIP, 2006: -1,5 % des BIP). Erstmals seit der deutschen Wiedervereinigung war der Staatshaushalt damit ausgeglichen.

Auch im europäischen Vergleich habe sich der deutsche Staatshaushalt merklich besser als in anderen Ländern entwickelt. Der Euro-Raum schloss mit einem Defizit von -0,6 Prozent des BIP ab. Ein Großteil der Verbesserung des Finanzierungssaldos gegenüber dem Jahr 2006 war auf strukturelle (d.h. Saldo bereinigt um konjunkturelle Effekte und Einmalmaßnahmen) Verbesserungen zurückzuführen, schreibt das BMF.

Die Staatsquote (Staatsausgaben/BIP nominal) ging im Jahr 2007 um -1,5 Prozentpunkte zurück. Gleichzeitig stieg die staatliche Einnahmequote (Staatseinnahmen/BIP nominal) nur geringfügig um +0,1 Prozentpunkte. Die Haushaltskonsolidierung im Jahr 2007 hat damit fast ausschließlich auf der Ausgabenseite stattgefunden, betont das BMF. Einerseits sind die monetären sozialen Leistungen angesichts der günstigen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt rückläufig gewesen (-1,8 %). Andererseits stagnierten die staatlichen Arbeitnehmerentgelte (Bruttolöhne und Sozialbeiträge der öffentlichen Arbeitgeber) nahezu (+0,3 %), so dass der Staatskonsum nur um +2,4 Prozent zunahm.

Der geringe Beitrag der Einnahmenseite zur Konsolidierung sei auf zwei gegenläufige Effekte zurückzuführen: Einerseits stiegen die Steuereinnahmen auf Grund der günstigen konjunkturellen Entwicklung, aber auch auf Grund der Mehrwertsteuererhöhung und eines höheren Versicherungsteuersatzes deutlich (+8,6 %), so dass sich die volkswirtschaftliche Steuerquote um knapp einen Prozentpunkt auf 23,8 % erhöhte. Andererseits aber stagnierten die Sozialbeiträge, so dass sich die soziale Beitragsquote angesichts des spürbaren BIP-Anstiegs um -0,7 Prozentpunkte verringerte. Die Stagnation der Sozialbeiträge war Resultat des immer noch deutlich unterproportionalen Anstiegs der Arbeitnehmerentgelte, aber auch der Entlastung der Arbeitnehmer durch einen geringeren Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung (bei geringfügig höherem Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung).

Vorübergehende Verschlechterung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos im Jahr 2008

Im laufenden Jahr reduziere sich die Staatsquote zwar weiter, allerdings sei – auf der Basis der Steuerschätzung Mai 2008 – mit einem Rückgang der staatlichen Einnahmequote zu rechnen. So erwartet das BMF infolge der Unternehmensteuerreform 2008 einen Rückgang der volkswirtschaftlichen Steuerquote um knapp einen halben Prozentpunkt auf rd. 23,5 Prozent. Gleichzeitig sei auf Grund der erneuten Absenkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung mit einer Verringerung der Sozialbeitragsquote zu rechnen. Die Abgabenquote (Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Relation zum BIP) reduziere sich infolgedessen um rd. einen halben Prozentpunkt auf etwa 40 Prozent. Die Staatsquote reduziere sich auf Grund eines fortgesetzt unterproportionalen Ausgabenanstiegs erneut um etwa einen halben Prozentpunkt auf 43 Prozent. Dies sei im Wesentlichen bedingt durch den nur sehr moderaten Anstieg der monetären Sozialleistungen. Auch die Investitionstätigkeit des Staates sei weiter positiv. Der Rückgang der Staatsquote komme trotz der nicht als Belastung im Bundeshaushalt 2008 vorgesehenen Ausgaben zustande, die der Bund in diesem Jahr für die Rettung der IKB (1,2 Mrd. Euro) und als Rückzahlung im Rahmen eines Beihilfeverfahrens an die Deutsche Post AG (1 Mrd. Euro) aufwenden musste, betont das BMF.

Struktureller Ausgleich bis 2010 nur bei fortgesetzter Konsolidierung

Bis spätestens 2010 werde Deutschland den Staatshaushalt strukturell ausgleichen, erwartet das BMF. Zwar werde sich der gesamtstaatliche Finanzierungssaldo im Jahr 2008 leicht verschlechtern. Ab dem Jahr 2009 setze sich die bisherige Konsolidierungslinie jedoch durch: Der gesamtstaatliche Finanzierungssaldo wird sich infolgedessen im Jahr 2009 wieder verbessern und am Ende des Finanzplanungszeitraumes einen Überschuss von etwa einem Prozent in Relation zum nominalen BIP aufweisen. Ab dem Jahr 2010 ist mit einem strukturellen Ausgleich des Staatshaushaltes zu rechnen. Entscheidende Voraussetzung für die Einhaltung der mittelfristigen Haushaltsziele sei, dass alle staatlichen Ebenen an der moderaten Ausgabenlinie festhalten, betont das BMF.

Die monetären Sozialleistungen werden im mittelfristigen Planungszeitraum im Durchschnitt nur um rd. +1,5 Prozent jährlich zunehmen. Der Staatskonsum wird jahresdurchschnittlich um etwa +2,5 Prozent steigen, wobei sich insbesondere die relativ dynamisch steigenden Ausgaben im Gesundheitsbereich und bei der Pflegeversicherung auswirken. Aber auch der Anstieg der Personalausgaben trägt hierzu bei. Durchaus positiv zu sehen ist der fortgesetzt spürbare Anstieg der öffentlichen Investitionen, die durchschnittlich mit +3 Prozent jährlich steigen.

Finanzpolitische Risiken in der Mittelfristprojektion liegen in möglichen Auswirkungen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts zur Abziehbarkeit von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung. Darüber hinaus könnte die Bankenkrise weitere defizitwirksame Buchungen – auch rückwirkend für das Jahr 2007 – nach sich ziehen, befürchtet das BMF.

Spielräume für Abweichungen vom Konsolidierungspfad – kurzfristige Konjunkturprogramme oder weitere Steuersenkungen – seien derzeit nicht vorhanden. Diese würden das mit Blick auf die zukünftige Handlungsfähigkeit und Generationengerechtigkeit vorrangige Ziel eines strukturell ausgeglichenen Staatshaushalts gefährden, heißt es.

Az.: IV/1 900-06

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