Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 691/2003 vom 13.08.2003

OVG NRW zur Allergie durch Baum

Das OVG NRW hat mit Beschluss vom 13.02.2003 (Az.: 8 A 5373/99) zu der Frage entschieden, ob ein nach der Baumschutzsatzung geschützter Baum entfernt werden kann wenn eine Baumallergie vorliegt. Das OVG NRW führt hierzu aus, dass eine Gefahr i.S. einer Baumschutzsatzung grundsätzlich vorliegt, wenn durch Blütenstaub eines Baumes bei einem Grundstücksnutzer eine Allergie ausgelöst oder spürbar verstärkt wird. Zum Nachweis hierfür sei allerdings ein hinreichend aussagekräftiges und substantiiertes Gutachten oder ein ärztliches Attest vorzulegen, welches in der Regel auf entsprechenden Allergietests beruhe.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger beabsichtigte, eine Colorado-Tanne auf seinem Grundstück zu fällen. Zu diesem Zweck beantragte er die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung von den Verboten der einschlägigen Baumschutzsatzung. Zur Begründung führte er u.a. an, dass seine Ehefrau an einer Allergie gegen den Blütenstaub der Tanne bzw. gegen Schimmelpilze auf den Tannennadeln leide. Das OVG gab dem Klagebegehren nicht statt.

Nach dem OVG NRW waren keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass durch die Colorado-Tanne bei der Ehefrau des Klägers eine Allergie ausgelöst oder spürbar verstärkt worden ist. Wenn ein Baum – so das OVG NRW - eine Allergie auslöse, könne dieses eine Gefahr nach der Baumschutzsatzung darstellen, wonach der Baum beseitigt werden müsse. Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass der in Rede stehende Baum in nennenswertem Umfang zu den allergischen Reaktionen der betroffenen Personen beitrage. Eine Entfernung des Baumes sei demnach gerechtfertigt, wenn hierdurch eine spürbare Linderung der allergischen Beschwerden herbeigeführt werden könne.

Ob eine nennenswerte Verbesserung der Gesundheit des Allergiekranken erwartet werden könne, hänge von verschiedenen Umständen ab, die in die Beurteilung einzustellen seien. Von Bedeutung sei zum einen, ob die betroffene Person lediglich gegen eine bestimmte Baumart oder auch gegen andere Pflanzen, Schimmelpilze, Tierhaare, Nahrungsmittel oder sonstige Stoffe allergisch sei, welchen Stellenwert also die betreffende Baumart als allergieauslösender Faktor bei der betroffenen Person habe. Zum anderen komme es auf die konkreten örtlichen Gegebenheiten an. Seien andere allergieauslösende Bäume und Pflanzen in der näheren Umgebung des Grundstücks des Grundstückseigentümers vorhanden, könne eine spürbare Gesundheitsverbesserung durch die Beseitigung des in Rede stehenden Baumes in Frage gestellt sein. Andererseits könne eine relevante Linderung der Beschwerden vor allem denn erwartet werden, wenn der zu fällende Baum sich in unmittelbarer Nähe des Nutzungsschwerpunktes des Grundstücks, also des Hauses oder der Terrasse befinde.

Für die allergieauslösende oder verstärkende Wirkung eines Baumes auf Nutzer des Grundstücks sei der Grundstückseigentümer nachweispflichtig. Er habe zu diesem Zweck grundsätzlich ein hinreichend aussagekräftiges und substantiiertes Gutachten oder ein ärztliches Attest vorzulegen, welches in der Regel auf entsprechenden Allergietest beruhe.

Die Nachweiserleichterungen, die der 7. Senat des OVG NRW (OVG, Urt.v. 08.10.1993 – 7 A 2021/92 -; OVG NRW, Urteile vom 13.09.1995 – 7 A 2642/92 und 2653/92 – ) bei einer geltend gemachten Bruch- oder Umsturzgefahr eines Baumes angenommen habe, seien auf die Darlegung einer Allergie durch Baumpollen nicht übertragbar. Der vorgenannten Rechtsprechung des OVG NRW liege die Überlegung zugrunde, dass die Beseitigung eines umsturzgefährdeten Baumes schon bei entsprechenden äußeren Anzeichen auf die Gefahrenlage möglich sein müsse und die Bediensteten des zuständigen Fachamtes der Gemeinde in der Regel ohne weiteres aufgrund ihrer Fachkunde in der Lage seien, die von einem Baum ausgehende mögliche Gefahr zu begutachten. Dem gegenüber falle die durch Baumpollen ausgelöste Allergie in die Sphäre des Grundstückseigentümers, den eine entsprechende Darlegungs- und Nachweislast treffe.

Hiervon ausgehend sei zunächst nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die allergischen Beschwerden der Ehefrau des Klägers durch Schimmelpilze auf den Nadeln der Colorado-Tanne ausgelöst oder in relevanten Umfang verstärkt würden. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts sei auch nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Blütenstaub der Colorado-Tanne in nennenswertem Umfang zu den allergischen Beschwerden der Ehefrau des Grundstückseigentümers (Klägers) beitrage. Das OVG NRW sah deshalb keine Veranlassung, ein weiteres Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob die Ehefrau des Klägers allergisch gegen den Blütenstaub der in ihrem Garten stehenden Colorado-Tanne sei. Es sei nicht Aufgabe der Behörde oder des Gerichts, im Rahmen eines auf Erteilung einer Fällgenehmigung gerichteten Verfahrens erstmals Allergietests bei potentiell Betroffenen Personen durchführen zu lassen, um Anhaltspunkte für eine Gesundheitsbeeinträchtigung durch Baumblütenstaub zu erlangen. Vielmehr sei der Grundstückseigentümer (Kläger) grundsätzlich gehalten, den in seiner Sphäre fallenden Umstand, dass eine Allergie gegen eine bestimmte Baumart bestehen könne, substantiiert und plausibel durch Vorlage eines entsprechenden ärztlichen Attests oder Gutachtens darzulegen. Die bloße Behauptung oder Mutmaßung, es könne eine Allergie gegen einen Baum vorliege, reiche hierzu nicht aus und gebe keinen Anlass für eine weitere Sachverhaltsaufklärung. Im übrigen bleibe es dem Kläger unbenommen, der Beklagten zu einem späteren Zeitpunkt neue ärztliche Erkenntnisse oder Gutachten vorzulegen, die hinreichende Anhaltspunkte für die behauptete Allergie seiner Ehefrau gegen die Colorado-Tanne ergeben könnten. Bei einer neue Sach- bzw. Beweislage würde die beklagte Stadt erneut über einen entsprechenden Ausnahmeantrag zu befinden haben.

Schließlich weist das OVG darauf hin, dass der Grundstückseigentümer (Kläger) auch keinen
Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach der Baumschutzsatzung der beklagten Stadt hat. Nach den entsprechenden Regelungen könne eine Befreiung u.a. dann erteilt werden, wenn das Verbot der Baumfällung zu einer nicht beabsichtigten Härte führe und die Befreiung mit dem öffentlichen Interesse vereinbar sei. Im vorliegenden Fall fehle es - so das OVG NRW – bereits an einer nicht beabsichtigten Härte. Die in den Baumschutzsatzungen geregelten Befreiungstatbestände würden ausschließlich atypische Fallgestaltungen erfassen. Deshalb komme eine Befreiung regelmäßig nicht in Betracht bei typischerweise von Bäumen ausgehenden Belastungen wie etwa Schattenwurf, Laubfall, Samenflug oder Beeinträchtigung durch Wurzeln, soweit nicht der Grad einer Gefahr erreicht werde. Eine unbeabsichtigte Härte liege danach allenfalls dann vor, wenn die genannten Beeinträchtigungen ein Ausmaß erreichen würden, mit dem bei einem innerörtlichen Baumbestand nicht zu rechnen sei und dadurch die jeweilige Grundstücksnutzung unzumutbar eingeschränkt werde (vgl. OVG NRW, Urt. v. 13.09.1995 – 7 A 2646/92 – mit weiteren Nachweisen). Derartige unzumutbare Beeinträchtigungen der Grundstücksnutzung seien weder vom Kläger substantiiert vorgetragen worden noch sonst erkennbar.

Az.: II/2 60-20 qu/g

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