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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 187/2008 vom 14.02.2008
Oberverwaltungsgericht NRW zur ortsnahen Regenwasserbeseitigung
Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) hat sich mit Urteil vom 22.01.2008 (Az. 15 A 488/05) nochmals grundlegend mit der Regelung des § 51 a LWG NRW (ortsnahe Regenwasserbeseitigung) befasst.
In dem gerichtlichen Verfahren ging um § 51 a LWG NRW in der Fassung vor der Gesetzesänderung, die zum 11.5.2005 in Kraft getreten ist (GV NRW 2005, S. 463ff.), d.h. um die Fassung die seit 1995 bis zur Gesetzesänderung im Mai 2005 galt. Dabei war die Frage, ob eine Stadt von einem Grundstückseigentümer einen Kanalanschluss-Teilbeitrag für die Ableitungsmöglichkeit des Niederschlagswassers in die öffentliche Abwasseranlage verlangen konnte, wenn vor dessen Grundstück ein öffentlicher Abwasserkanal besteht. Dieses verneint das OVG NRW unter Hinweis darauf, dass auf dem besagten Grundstück das Niederschlagswasser gemäß § 51 a Abs. 1 LWG NRW alte Fassung versickert wurde und deshalb kein beitragsrelevanter Vorteil für das Grundstück gegeben ist, mit der Folge, dass eine Beitragspflicht erst dann entstehen kann, wenn das Grundstück tatsächlich an den öffentlichen Abwasserkanal in der Zukunft angeschlossen wird.
Das OVG NRW führt hierzu aus, dass ein Grundstück hinsichtlich des Niederschlagswassers nicht vorteilsrelevant angeschlossen werden kann, wenn eine Pflicht des Grundstückseigentümers oder sonstigen Nutzungsberechtigte besteht, dass Niederschlagswasser selbst auf dem Grundstück nach § 51 a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 LWG NRW alte Fassung (GV NRW 1995, Seite 248) zu beseitigen. Denn demjenigen, der selbst das Niederschlagswasser vor Ort zu versicken, zu verrieseln oder ortsnah in ein Gewässer einzuleiten hat, wird in diesem Punkt kein wirtschaftlicher Vorteil durch die gemeindliche Entwässerungsanlage geboten, so dass auch keine Beitragspflicht entsteht (so: OVG NRW, Urteil vom 15.02.2000 – Az. 15 A 772/97 NVwZ – RR 2000, Seite 719).
In diesem Zusammenhang stellt das OVG NRW nochmals klar heraus, dass die Vorschrift des § 51 a Abs. 1 alte Fassung mit der Stichtagsregelung 01.01.1996 (nur) bei solchen Grundstücken anzuwenden ist, die erstmals nach dem 01.01.1996 mit dem Schmutzwasser an die öffentliche Kanalisation angeschlossen werden (so bereits: OVG NRW, Beschluss vom 31.01.2007 – Az. 15 A 150/05 und OVG NRW, Beschluss vom 01.10.2007 – Az. 15 A 3787/05).
Nach dem OVG NRW war die Konzeption des § 51 a Abs. 1 LWG NRW alte Fassung dahin gebildet, dass typischerweise gerade keine gemeindliche Entwässerungsanlage die Entwässerungsaufgabe übernehmen sollte, so dass eine solche auch typischerweise nicht geeignet war, den für eine Beitragserhebung erforderlichen wirtschaftlichen Vorteil zu bieten. Dieses gilt nach dem OVG NRW auch dann, wenn im Einzelfall aufgrund der besonderen Grundstückssituation eine gemeinwohlverträgliche ortsnahe Niederschlagswasserbeseitigung durch den Grundstücksnutzungsberechtigten nicht erfolgen konnte und damit durch die Möglichkeit des Anschlusses an die gemeindliche Kanalisation eine ordnungsgemäße Entwässerung des Grundstückes angeboten wurde.
In diesem Zusammenhang stellt das OVG NRW darauf ab, dass die Beitragsveranlagung ein Massengeschäft ist. Die abstrakte Beitragspflicht entsteht kraft Gesetzes und löst die Festsetzungsverjährungsfrist aus (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 b KAG NRW in Verbindung mit § 170 Abs. 1 Abgabenordnung). Im Interesse der Rechtssicherheit (auch für die Gemeinde als Beitragsgläubigerin) muss deshalb nach dem OVG NRW das Entstehen der Beitragspflicht auf klar erkennbaren Umständen beruhen und darf nicht davon abhängen, ob die Möglichkeit einer gemeinwohlverträglichen ortsnahen Niederschlagswasserbeseitigung durch den Grundstücksnutzungsberechtigten besteht, was selten erst auf der Grundlage wasserwirtschaftlicher Sachverständigen-Gutachten geklärt werden kann (vgl. hierzu auch OVG NRW, Urteil vom 24.01.2006 – Az. 15 A 3810/03 -, NWVWl 2006, Seite 383). Vor diesem Hintergrund kann daher die Beitragspflicht nach dem OVG NRW erst mit dem tatsächlichen Anschluss des Grundstückes an die öffentliche Abwasseranlage entstehen.
Mit Blick auf die seit dem 11. Mai 2005 geänderte Fassung des § 51 a und § 53 LWG NRW (GV NRW 2005, Seite 463 ff.) weist das OVG NRW klarstellend nochmals darauf hin, dass mit dieser Gesetzesänderung erneut ein Wechsel bei der Pflicht zur Niederschlagswasserbeseitigung eingetreten ist. Während § 51 a Abs. 2 Satz 1 LWG NRW alte Fassung zu einem automatischen Übergang der damals allgemein bei der Gemeinde liegenden Abwasserbeseitigungspflicht für Niederschlagswasser auf den Nutzungsberechtigten des Grundstückes führte, liegt nach der heutigen Gesetzeslage die Abwasserbeseitigungspflicht wieder bei der Gemeinde. Der Nutzungsberechtigte hat das Abwasser der Gemeinde zu überlassen (§ 53 Abs. 1 c Satz 1 LWG NRW). Beitragsrechtlich kann sich – so das OVG NRW – daraus ergeben, dass die Beitragspflicht mit der technischen Anschlussmöglichkeit an einen gemeindlichen Kanal wieder entsteht, da dieser nunmehr wieder typischerweise vorteilhaft ist (in diesem Sinne: Dietzel: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Loseblattkommentar, § 8 KAG NRW, Rz. 540; Queitsch KStZ 2008, S. 7ff., 22ff.).
Az.: II/2 24-30 qu/ko