Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 665/2023 vom 13.10.2023

Finanzierungsdefizit steigt an

Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach Ergebnissen der vierteljährlichen Kassenstatistik mitteilt, hat der Öffentliche Gesamthaushalt (s. Anm.) im 1. Halbjahr 2023 rund 11 % mehr ausgegeben, aber nur rund 6 % mehr eingenommen als im 1. Halbjahr 2022. Einnahmen von 889,7 Milliarden Euro standen Ausgaben von 965,8 Milliarden Euro gegenüber. Damit schlossen die Kern- und Extrahaushalte von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung das 1. Halbjahr 2023 mit einem Finanzierungsdefizit von 76,1 Milliarden Euro ab.

Wie Destatis nach vorläufigen Ergebnissen der vierteljährlichen Kassenstatistik weiter mitteilt, wiesen die Gemeinden und Gemeindeverbände (ohne Stadtstaaten) im 1. Halbjahr 2023 ein Finanzierungsdefizit von 7,3 Milliarden Euro auf. Damit war das Finanzierungsdefizit deutlich höher als im 1. Halbjahr 2022. Damals hatte das Defizit 1,6 Milliarden Euro betragen.

Das Ergebnis setzt sich auch hier aus kommunalen Kern- und Extrahaushalten zusammen: Das Defizit der Kernhaushalte belief sich im 1. Halbjahr 2023 auf 8,2 Milliarden Euro. Im 1. Halbjahr 2022 hatte es bei 2,0 Milliarden gelegen. Die Extrahaushalte erzielten dagegen im 1. Halbjahr 2023 einen Finanzierungsüberschuss von 0,8 Milliarden Euro. Im Vorjahreszeitraum hatte der Überschuss 0,4 Milliarden Euro betragen.

Die bereinigten Ausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände stiegen im 1. Halbjahr 2023 im Vergleich zum 1. Halbjahr 2022 sehr stark um 11,0 % beziehungsweise 16,6 Milliarden Euro auf 167,6 Milliarden Euro. Treiber der Ausgaben waren vor allem die Sozialleistungen, die im 1. Halbjahr 2023 um 11,8 % oder 3,9 Milliarden Euro höher waren als im 1. Halbjahr 2022 und sich auf insgesamt 37,1 Milliarden Euro beliefen. Hauptgrund für den Anstieg waren die zum 1. Januar 2023 erhöhten Regelsätze für das Bürgergeld in der Sozialhilfe nach SGB XII und SGB II. Außerdem wurden die Schutzsuchenden aus der Ukraine seit Juni 2022 aus dem Rechtskreis des Asylbewerberleistungsgesetz in den des SGB II überführt. Deswegen reduzierten sich die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im 1. Halbjahr 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 10,1 % auf 1,8 Milliarden Euro.

Beide Entwicklungen – die erhöhten Regelsätze für das Bürgergeld und der Bezug von Leistungen nach SGB II durch Schutzsuchende aus der Ukraine – führten zu einer höheren Zahl leistungsberechtigter Bedarfsgemeinschaften im SGB II. Da die kommunalen Leistungen nach SGB II – überwiegend für Unterkunft und Heizung – zusätzlich vom Anstieg der Energiepreise infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine betroffen waren, lagen sie im 1. Halbjahr 2023 mit +20,4 % deutlich höher als im Vorjahreszeitraum und beliefen sich auf 7,1 Milliarden Euro. Im Gegenzug stiegen die Erstattungen des Bundes der Kosten für Unterkunft und Heizung um 21,9 % auf 4,4 Milliarden Euro. Der Bund trug damit vorläufig knapp zwei Drittel (66 %) der Unterkunfts- und Heizkosten.

Auch die Ausgaben für die übrigen wesentlichen kommunalen Sozialleistungen stiegen im 1. Halbjahr 2023 beträchtlich: Die Ausgaben für Eingliederungshilfen nach SGB IX erhöhten sich gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 8,1 % auf 9,8 Milliarden Euro, die Leistungen der Sozialhilfe nach SGB XII um 15,7 % auf 9,2 Milliarden Euro und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach SGB VIII um 14,3 % auf 7,7 Milliarden Euro.

Neben den Ausgaben für Sozialleistungen wuchsen auch andere bedeutsame Ausgabearten kräftig: In den Kernhaushalten stiegen die Personalausgaben um 7,0 % auf 37,1 Milliarden Euro, was vor allem auf den Tarifabschluss 2023 im öffentlichen Dienst zurückzuführen ist, insbesondere auf die Sonderzahlung zum Inflationsausgleich im Juni 2023. Die laufenden Sachaufwendungen stiegen um 7,9 % und die Sachinvestitionen um 15,2 %, was auch auf die allgemeine Teuerung zurückzuführen ist.

Dagegen wachsen die Steuereinnahmen langsamer als die Sozialleistungen. Die bereinigten Einnahmen der kommunalen Kern- und Extrahaushalte waren im 1. Halbjahr 2023 mit 160,3 Milliarden Euro zwar um 7,3 % oder 10,9 Milliarden Euro höher als im 1. Halbjahr 2022, sie konnten damit aber den Anstieg auf der Ausgabenseite nicht ausgleichen.

Für eine detailliertere Darstellung der Ergebnisse wird auf die Destatis-Pressemitteilungen Nr. 394 vom 5. Oktober 2023 und Nr. 396 vom 6. Oktober 2023 verwiesen.

Anmerkung:

Der Öffentliche Gesamthaushalt umfasst neben den Kernhaushalten des Bundes, der Länder, der Gemeinden/Gemeindeverbände und der Sozialversicherung sowie den Finanzanteilen der Europäischen Union alle Extrahaushalte des Bundes, der Länder, der Gemeinden/Gemeindeverbände und der Sozialversicherung.

Wegen der Einführung des Deutschlandtickets und der damit verbundenen größeren Abhängigkeit von öffentlichen Zuweisungen wurden ab dem 2. Quartal 2023 etwa 440 Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) als Extrahaushalte in den Öffentlichen Gesamthaushalt einbezogen. Diese Neuaufnahmen beeinträchtigen den Vorjahresvergleich insbesondere bei den Personalausgaben, den Ausgaben für den laufenden Sachaufwand und den Einnahmen aus Verwaltungs- und Benutzungsgebühren der zusammengefassten Ergebnisse der Kern- und Extrahaushalte.

Az.: 41.12.3-001/001

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