Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 547/2008 vom 01.08.2008

Europäischer Gerichtshof zu Änderungen bei vergaberechtlichen Dauerschuldverhältnissen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat auf Anfrage des österreichischen Bundesvergabeamtes klargestellt, welche vertraglichen Änderungen bei laufenden Dauerschuldverhältnissen möglich sind, ohne dass eine Leistung neu ausgeschrieben werden muss (Rs. C-454/06, Urteil vom 19.06.2008). So genannte Dauerschuldverhältnisse sind zum Beispiel auf viele Jahre angelegte Public Private Partnerships oder auch komplexe IT-Vorhaben. Bislang herrschte in der Rechtspraxis noch Unsicherheit darüber, welcher Spielraum für nachträgliche Änderungen besteht.

Unzulässig sind Änderungen an laufenden Verträgen nach Auffassung des EuGH nur dann, wenn sie wesentlich sind. Dies sei zum Beispiel der Fall, wenn der Auftrag in „großem Umfang“ auf ursprünglich nicht vorhergesehene Dienstleistungen erweitert werde. Auch gilt dies für Modifikationen, die das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrags in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändern. Ebenfalls unzulässig sei eine Änderung der Preise während der Laufzeit, wenn sie nach den Bestimmungen des ursprünglichen Auftrags nicht ausdrücklich erlaubt ist. Weiterhin „wesentlich“ sei der Austausch des Vertragspartners (beispielsweise im Rahmen einer Unterbeauftragung), wenn dies nicht bereits in den Vertragsbedingungen des ursprünglichen Auftrags vorgesehen gewesen sei.

Im konkreten Fall ging es um einen Rechtsstreit zwischen der Republik Österreich und der österreichischen Presseagentur pressetext austria. Sie hatte beim Bundesvergabeamt Beschwerde eingelegt, da der Bund und die Presseagentur APA eine langjährige vertragliche Beziehung änderten, anstatt dass die Dienstleistung neu ausgeschrieben wurde. Das Bundesvergabeamt wandte sich daraufhin mit einem Vorabentscheidungsersuch an den EuGH, welcher feststellte, dass die Vorgänge auf Basis der vertraglichen Beziehungen zwischen Bund und APA keiner Ausschreibungspflicht unterlagen. Selbst der Wechsel eines Vertragspartners – von der APA zu einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft der APA – ist nach Ansicht des EuGH keine wesentliche Vertragsänderung, da lediglich eine interne Neuorganisation der APA vorliege.

Damit lässt der EuGH viel Gestaltungsspielraum für die Anpassung laufender Verträge.

Az.: II/1 608-00

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