Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 539/2021 vom 06.09.2021

EuGH: Deutschland verstößt gegen die Unabhängigkeit der BNetzA

Der EuGH hat mit Urteil vom 02.09.2021 (Rechtssache C-718/18) festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen die in den EU-Binnenmarktrichtlinien vorgeschriebene Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde verstößt. Die Regulierungsbehörde könne aufgrund einer Reihe von Verordnungsvorgaben nicht völlig unabhängig die Tarife für den Netzzugang festlegen. Auch entsprechende Regelungen im Energiewirtschaftsgesetz seien unzulässig.

EU-Mitgliedstaaten sind laut der EU-Strom- bzw. Gasbinnenmarktrichtlinie verpflichtet, die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde zu gewährleisten. Hierzu gehört u.a., dass die Regulierungsbehörde bei der Wahrnehmung der Regulierungsaufgaben keine direkten Weisungen von Regierungsstellen oder anderen öffentlichen oder privaten Einrichtungen einholt oder entgegennimmt, d.h. dass sie unabhängig von allen politischen Stellen selbstständige Entscheidungen treffen kann. Sie ist u.a. dafür verantwortlich, anhand transparenter Kriterien die Netzentgelte bzw. die entsprechenden Methoden festzulegen oder zu genehmigen. Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ermächtigt hingegen die Bundesregierung u.a., Verordnungsvorgaben zu Modalitäten der Netzentgeltregulierung und des Netzzugangs zu erlassen. So enthalten vor allem die Netzentgeltverordnungen Vorgaben, die die Bundesnetzagentur im Rahmen ihrer Festlegungen berücksichtigen muss, z.B. Preisindizes zur Ermittlung der Tagesneuwerte von Netzanlagen. Die deutschen Verordnungsregelungen verstoßen nach Auffassung der Europäischen Kommission gegen die Richtlinienvorgaben zur Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde. Die Kommission hatte daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem EuGH angestrengt.

EuGH-Entscheidung:

Der EuGH hat die Auffassung der EU- Kommission mit Urteil vom 02.09.2021 l Rechtssache C-718/18 bestätigt, dass die deutschen Vorgaben gegen die EU-Richtlinie verstoßen. Die Auslegung der einschlägigen Richtlinienregelungen in dem Sinne, dass es einer nationalen Regierung freisteht, die von den nationalen Regulierungsbehörden anzuwendenden Methoden zur Berechnung der Netzzugangstarife und der Ausgleichsleistungen festzulegen oder zu genehmigen, liefe den Zielen der Richtlinien zuwider. Die Richtlinien enthielten auch hinreichend genaue materielle Vorgaben zur Ausgestaltung der Netzzugangs- und Tarifierungsmethoden. Die nationalen Regulierungsbehörden zugewiesenen Befugnisse sowie die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörde gegenüber allen politischen Stellen seien zudem nicht nur gegenüber der Regierung, sondern auch gegenüber dem nationalen Gesetzgeber zu gewährleisten. Damit dürfte eine Konkretisierung der streitigen Verordnungsvorgaben in Parlamentsgesetzen, d.h. dem EnWG, ebenfalls unzulässig sein.

Nach der bisherigen BGH-Rechtsprechung gelten bis zu einer gesetzlichen Änderung die in Deutschland bestehenden Regulierungsregelungen aber weiterhin fort.

Az.: 28.6.10-002/002 we

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