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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 328/1998 vom 20.06.1998
Energetische Verwertung in MVA
Eine energetische Verwertung von Abfällen ist auch in Müllverbrennungsanlagen (MVA) grundsätzlich zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 und 6 Abs. 2 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) erfüllt sind. Dies hat das OVG Lüneburg mit Beschluß vom 06. Mai 1998 (7 M 3055/97) entschieden. Das OVG Lüneburg weist darauf hin, daß nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG Erzeuger und Besitzer von "Abfällen zur Beseitigung" aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen (z.B. Industrie- und Gewerbebetriebe) verpflichtet sind, diesen den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu überlassen, soweit sie diese "Abfälle zur Beseitigung" nicht in eigenen Anlagen beseitigen oder überwiegende öffentliche Interessen eine Überlassung erfordern. Eine rechtmäßige Überlassungsverfügung der abfallentsorgungspflichtigen Kommune setzt damit nach dem OVG Lüneburg voraus, daß es sich um überlassungspflichtige "Abfälle zur Beseitigung" und nicht um "Abfälle zur Verwertung" handelt. Zu den Abfällen, die verwertet werden können, gehören nach dem OVG Lüneburg dabei grundsätzlich diejenigen Abfälle, für die der Abfallbesitzer konkrete Verwertungsmaßnahmen benennt oder Möglichkeiten einer zeitnahen Verwertung substantiiert, d.h. schlüssig und nachvollziehbar, aufzeigt.
In diesem Zusammenhang weist das OVG Lüneburg darauf hin, daß auch die Möglichkeit besteht, Abfälle in Müllverbrennungsanlagen (hier: in einem Müll-Heiz-Kraftwerk) energetisch zu verwerten. Grundsätzlich ist eine energetische Verwertung der Einsatz von Abfällen als Ersatz für Brennstoffe (z.B. Kohle, Öl, Gas). Nach dem OVG Lüneburg kann jedenfalls aus § 4 Abs. 4 KrW-/AbfG nicht entnommen werden, daß die thermische Behandlung, d.h. schlichte Verbrennung, von Hausmüll oder hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen in Müllverbrennungsanlagen schlechterdings und unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen in § 6 Abs. 2 KrW-/AbfG nicht als energetische Verwertung eingeordnet werden kann. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, daß nur dann eine energetische Verwertung stattfindet, wenn die Abfälle als Ersatzbrennstoff (für Kohle, Gas, Erdöl) Primärenergie direkt ersetzen, bei einer Verbrennung auf dem Rost einer Müllverbrennungsanlage deshalb stets eine Beseitigung durch thermische Behandlung vorliegt. Dies folge auch aus der Anpassung der Anhänge II A und II B der EG-Abfallrichtlinie durch Entscheidung der Kommission vom 24. Mai 1996 (96/350/EG, Amtsblatt EG Nr. L 135 S. 32). Denn dort sei der Verwertungstatbestand R 1 nunmehr dahin konkretisiert worden, daß unter einer Verwertung von Abfällen eine "Hauptverwendung als Brennstoff oder andere Mittel der Energieerzeugung" zu fassen ist.
Voraussetzung für eine zulässige energetische Verwertung ist allerdings nach dem OVG Lüneburg, daß die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 - 4 KrW-/AbfG erfüllt sind. Dabei muß der Heizwert des einzelnen Abfalls ohne Vermischung mit anderen Stoffen mindestens 11.000 kj/kg betragen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG). Auch Abfallgemische können insoweit nach dem OVG Lüneburg "Abfall zur (energetischen) Verwertung" sein. Der Gesetzgeber habe aber verhindern wollen, daß Abfälle, die im Zustand ihres Anfallens die Voraussetzung einer energetischen Verwertung nicht erfüllen, mit anderen Stoffen vermischt werden, damit sie durch die Vermischung den Anforderungen der energetischen Verwertung entsprechen. Ausgehend hiervon unterscheidet das OVG Lüneburg zwischen Abfallgemischen, die beim einzelnen Abfallbesitzer (vor Ort) anfallen und Abfallgemischen, die als sog. Sortierrest in Abfall-Sortierungsanlagen anfallen. Hierzu führt das OVG Lüneburg aus, daß diese beiden Arten von Abfallgemischen grundsätzlich nicht einfach gleichgesetzt werden können. Denn das Gebot, bei der Ermittlung des Heizwertes auf den unvermischten Abfall abzustellen, würde leerlaufen, wenn auch die bei der Behandlung von Abfällen in einem Abfallentsorgungsbetrieb vermischten Abfälle als "einzelner Abfall" dieser Betriebes zu werten wären. Allerdings weist das OVG Lüneburg darauf hin, daß die Vermischung von Sortierresten in einer Abfall-Sortierungsanlage dann ausnahmsweise unschädlich sein könnte, wenn die eingesammelten Abfälle - jedenfalls nach Aussonderung der aussortierten Stoffe und bezogen auf ihren Heizwert - im wesentlichen gleichartig sind, so daß sich diese Sortierreste insgesamt in bezug auf ihren Heizwert nicht erheblich von dem einem einzelnen Abfallerzeuger zuzurechnenden Sortierresten unterscheiden würden.
Klarstellend führt das OVG Lüneburg abschließend aus, daß bei der Abgrenzung der energetischen Abfallverwertung von der thermischen Behandlung (schlichten Verbrennung) als Maßnahme der Abfallbeseitigung grundsätzlich auf den Hauptzweck der Maßnahme abzustellen ist (§ 4 Abs. 4 Satz 2 KrW-/AbfG). Hier sei jeweils eine konkrete Betrachtungsweise erforderlich. Im Rahmen dieser konkreten Betrachtungsweise spreche allerdings eine hohe Schadstoffhaltigkeit des Abfalls für das Vorliegen einer Abfallbeseitigung. Je stärker die Abfälle verunreinigt seien, um so eher sei eine thermische Behandlung (schlichte Verbrennung) im Sinne der Abfallbeseitigung anzunehmen.
Az.: II/2 31-02-5 qu/g