Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 665/2022 vom 29.11.2022

BGH: Angebotsausschluss bei abweichenden Vorgaben der Vergabeunterlagen

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 13.09.2022 (XIII ZR 9/20) entschieden, dass ein Angebot eines Bieters im Vergabeverfahren auszuschließen ist, wenn der Bieter die Vorgaben eines eindeutigen Leistungsverzeichnisses falsch versteht und daher den deutlich höheren Preis einer Leistung unter Einschluss nicht geforderter Aufgaben angibt.

Eine Kommune hatte im Jahr 2019 Erd- und Rohbauarbeiten öffentlich ausgeschrieben. Nach dem Leistungsverzeichnis war unter anderem der Bodenaushub in fünf Entsorgungsklassen aufzunehmen und zu entsorgen. Das klägerische Bauunternehmen gab ein Gebot ab, das für die Erdarbeiten den Einsatz eines Nachunternehmers vorsah. Dabei lagen die Einheitspreise für die betreffenden Positionen des Katalogs bei allen Geboten etwa 500 bis 900 Prozent über dem Baukostenindexpreis (Stand 2018) für Lösen, Laden und Abfahren von Baugrubenaushub.

Im Nachgang fanden Bietergespräche zur Aufklärung des Angebotsinhalts statt. Ein Bieter hatte die betreffenden Positionen so verstanden, dass darin die Deponiekosten einzukalkulieren seien, und klärte dies auf. Auf Nachfrage der Stadtverwaltung erklärte die Klägerin, dass ihr Angebot diese Positionen nicht enthalte. Daraufhin erteilte die Kommune dem Mitbieter den Zuschlag. Sie begründete die Entscheidung damit, dass dessen Angebot das wirtschaftlichste sei, da in den betreffenden Positionen die Deponiekosten enthalten und daher die Einheitspreise niedriger als die der Klägerin seien. Die Klägerin verlangte daraufhin von der Gemeinde Schadensersatz. Die Klage scheiterte beim LG Heidelberg. Das OLG Karlsruhe gab dem Baubetrieb hingegen Recht. Dagegen legte die Beklagte beim BGH die Revision ein - mit Erfolg.

Der XIII. Zivilsenat verwies die Sache an das OLG zurück. Dieses hätte einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz des Gewinns, den sie mit der Ausführung des Auftrags erzielt hätte, nicht bejahen dürfen. Zwar sei der Zuschlag an den Konkurrenten erteilt worden, aber es sei fraglich, ob die klagende Baufirma als Siegerin des Vergabeverfahrens hätte hervorgehen müssen. Ob das Angebot Deponiekosten enthalten habe oder nicht, hätte dabei geklärt werden müssen, monierte der BGH. Unterstelle man zugunsten der Gemeinde, dass diese eingepreist worden seien, so hätte die Baufirma die berechtigte Nachfrage der Kommune falsch beantwortet, was einen Ausschluss gerechtfertigt hätte. Aufgrund der Höhe der Preise aller Gebote hätte auch ein Anspruch bestanden, zugunsten des Haushalts die Korrektheit der angegebenen Einheitspreise aufzuklären. Da hier die Übereinstimmung von Angebot und Leistungsverzeichnis zweifelhaft war, hätte auch über die Preiskalkulation des Nachunternehmers aufgeklärt werden müssen. Sollte der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin der Nachweis gelingen, dass in ihrem Angebot tatsächlich keine Deponiekosten einkalkuliert waren, müsse das OLG prüfen, ob ihr bei fehlerfreier Fortsetzung des tatsächlich zu Ende geführten Vergabeverfahrens unter Beachtung des der Vergabestelle gegebenenfalls zukommenden Wertungsspielraums der Zuschlag hätte erteilt werden müssen. Dabei müsse das Berufungsgericht davon ausgehen, dass das Angebot des Konkurrenten nach §§ 13 Abs. 1 Nr. 3, 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2016 hätte ausgeschlossen werden müssen.

Az.: 21.1.4.4-002/005

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