Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 666/2023 vom 17.10.2023

9. Sektorgutachten Energie der Monopolkommission

Die Monopolkommission hat am 09. Oktober 2023 ihr „9. Sektorgutachten Energie: Mit Wettbewerb aus der Energiekrise“ veröffentlicht. Darin macht sie Vorschläge zur Versorgungssicherheit und zur künftigen Ausgestaltung des Energiemarktes. Weiterhin empfiehlt die Kommission u.a., dass die Kommunen bei Ausschreibungen zum wettbewerblichen Ladesäulenaufbau unterstützt werden. Der DStGB hatte die kommunale Sichtweise im Rahmen des Gutachtens mit einer Stellungnahme eingebracht.

Vorschläge zur Versorgungssicherheit

Die Monopolkommission untersucht zunächst, wie die Versorgungssicherheit langfristig gewährleistet werden kann. Dazu wird zum einen vorgeschlagen, die Importstruktur bei Gas stärker zu diversifizieren und zu flexibilisieren. Zum anderen wird dafür plädiert, zur frühzeitigen Identifikation von Versorgungsrisiken einen datenbasierter Versorgungsrisikoindex in den Notfallplan Gas der Bundesnetzagentur aufzunehmen. Dadurch könnten mögliche Risiken für die Versorgungssicherheit frühzeitiger erkannt werden. Im Strombereich sieht die Monopolkommission Risiken für die Versorgungssicherheit insbesondere aufgrund der anstehenden Transformation des Energiesystems hin zu kohlenstofffreien, aber häufig wetterabhängigen Einspeiseformen. Um hier in Zeiten geringer Einspeisung Versorgungssicherheit zu schaffen, sollte die Bundesregierung nach den Vorstellungen der Kommission das bestehende System der strategischen Kraftwerksreserve durch einen wettbewerblich gesteuerten Kapazitätsmarkt für gesicherte Leistung ersetzen. Im wettbewerbsgesteuerten Kapazitätsmarkt beschaffen Stromversorger und Großkunden ihren erwarteten Bedarf an Kraftwerkskapazitäten im Voraus. Diese Kapazitäten könnten dann von der Bundesregierung gezielt aufgestockt werden, um verbleibende Risiken für die Versorgungssicherheit zu vermeiden.

Maßnahmen für den Endkundenmarkt

Im Fokus der Monopolkommission stehen auch die Endkundenmärkte für Energie. Insbesondere die Gasverknappung infolge des Krieges in der Ukraine hat zu Unsicherheit und Preissteigerungen für Haushalte und Industrie geführt. Daher ist nach der Schlussfolgerung der Monopolkommission der Wettbewerb zwischen mehreren Anbietern und die Wechselbereitschaft von Verbraucherinnen und Verbrauchern umso wichtiger, um langfristig bezahlbare Preise zu sichern. Die Wechselbereitschaft könnte nach den Vorstellungen der Monopolkommission etwa durch Informationskampagnen erhöht werden. Bei den Regelungen zur Grund- und Ersatzversorgung wird vorgeschlagen, Alternativen zum jetzigen System zu prüfen: etwa indem der größte Anbieter automatisch zum Grundversorger wird und somit seine Marktmacht erhalten kann. Als Alternative wird ein Ausschreibungsmodell zur Bestimmung des Grundversorgers gesehen. Sollte nach dem geplanten Auslaufen der Gaspreisbremse im Dezember 2023 Unterstützungsbedarf bestehen, seien direkte Transferzahlungen an bedürftige Haushalte besser geeignet als Eingriffe in die Preisbildung. Preiseingriffe verzerren nach Einschätzung der Kommission Knappheitssignale und sind zudem aus Verteilungssicht ungenau, da auch einkommensstarke Haushalte von ihnen profitieren. Daneben wird dafür plädiert, die Energiepreisbremsen auslaufen zu lassen; direkte Transferzahlungen seien Preiseingriffen auf der Haushaltsebene vorzuziehen.

Wettbewerb für Ladeinfrastruktur

Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren auch im Bereich der Elektromobilität von einem Wettbewerb der Anbieter von Ladeinfrastruktur. Die Monopolkommission stellt hier einen weiterhin hohen, aber abnehmenden Konzentrationsgrad der einzelnen Anbieter fest. Die größten Anbieter verfügen über einen immer noch hohen durchschnittlichen deutschlandweiten Marktanteil von 49 bzw. 45 Prozent bei Normal- und Schnellladepunkten. Die Monopolkommission bietet eine Website an, auf der zahlreiche regionale Daten, z. B. auch der relevante Marktanteil des größten Anbieters vor Ort, detailliert abgerufen werden können.

Ladeinfrastrukturaufbau in Kommunen

Die Monopolkommission sieht eine wichtige energie- und verkehrspolitische Aufgabe darin, die Kommunen in ihrer im Masterplan Ladeinfrastruktur II der Bundesregierung beschriebenen Rolle zu unterstützen. In dieser Rolle kontrollieren sie insbesondere den Zugang zum öffentlichen Raum und können damit erst Ladeangebote auf öffentlichem Grund ermöglichen.

Die Monopolkommission empfiehlt, die Kommunen bei Ausschreibungen zum wettbewerblichen Ladesäulenaufbau zu unterstützen und die finanzielle Förderung an entsprechende Bedingungen zu knüpfen. Ein funktionierender Wettbewerb um Autobahn-Ladesäulen erfordere den Zugang mehrerer Wettbewerber zu den Raststätten. Schließlich sollten die Preise für das Ad-hoc-Laden den Ladekundinnen und -kunden zugänglich gemacht werden.

Aus Sicht der Monopolkommission waren die einzelnen Märkte weiterhin durchschnittlich durch dominante Anbieter gekennzeichnet, jedoch zeichnete sich eine grundsätzlich positive Marktentwicklung mit sinkender Anbieterkonzentration ab. Die lokale Durchmischung unterschiedlicher CPOs sollte weiter erhöht werden.

Anmerkung aus kommunaler Sicht

Der Vorschlag der Monopolkommission für eine Sicherung der Gasversorgung durch die Diversifizierung des Bezugs kann dazu beitragen, die Versorgung für Haushaltskunden und Gewerbe in Krisenzeiten zu stabilisieren. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen, wie auch die Ergänzung des Notfallplans Gas durch einen Versorgungsrisikoindex. Der weitere Ansatz, einen Kapazitätsmarkt zu schaffen, der zur Sicherung der Leistung staatlicherseits aufgestockt wird, sollte im Rahmen der Diskussion um einen Energiemarkt der Zukunft tiefergehend analysiert werden. Dabei geht die staatliche Absicherung gesicherter Leistung in die Richtung des Vorschlags des DStGB, der zusammen mit den anderen kommunalen Spitzenverbänden eine Stellungnahme gegenüber der Monopolkommission im Rahmen der Erstellung des Sektorgutachtens abgegeben hat. In dieser Stellungnahme wird darauf hingewiesen, dass Investitionen in Kapazitätsreserven (gesicherte Leistung) in einem Kapazitätsmarkt gefördert werden müssten, um langfristige Planungen der Betreiber von Erzeugungsanlagen zu ermöglichen. Dazu wurde ein Marktelement für Versorgungssicherheit vorgeschlagen, dass die Bereitstellung gesicherter Kapazitäten belohnt. Dies würde unter anderem die Investitionen vieler Stadtwerke absichern.

Die Vorschläge zur Grund- und Ersatzversorgung sollten dagegen ebenfalls tiefergehend mit den relevanten Stakeholdern diskutiert und bewertet werden. Grundsätzlich hat sich das System der Grund- und Ersatzversorgung in Krisenzeiten bewährt. Auch haben die kommunalen Spitzenverbände bereits in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass Preiserhöhungen in den Grundversorgungstarifen nicht einfach dem Optimierungsinteresse des Versorgers geschuldet sind. Allerdings wurde im Zuge der Preissprünge im letzten Winter auch deutlich, dass diese exorbitant sein können. Davon waren etwa auch Kommunen betroffen, die große Energiemengen beziehen, um Bereiche der Daseinsvorsorge aufrechterhalten zu können, wie z. B. Verwaltungsgebäude, Kitas, Schulen oder Sportstätten. Bei Verbrauchsmengen außerhalb des Haushaltskundenbereichs sollte zudem künftig gesetzlich sichergestellt werden, dass ein Angebot zur Ersatzversorgung erfolgt.

Das Sektorgutachten verdeutlicht mit seiner Bewertung zudem die rasante Entwicklung am Lademarkt, in dem eine wachsende Zahl an Akteuren sich um immer rentablere öffentlich-zugängliche Ladestandorte bemüht. Der DStGB hatte betont, dass ein wesentlicher Grund für die bisherige Konzentration einzelner Betreiber in bestimmten Regionen die fehlende Wirtschaftlichkeit des Betriebs von Ladeinfrastruktur war und weiterhin ist. Insbesondere kommunale Energieversorgungsunternehmen sind durch eigene Aktivitäten und Investitionen bei der Ladeinfrastruktur in den vergangenen zehn Jahren umfangreich in Vorleistung gegangen.

Klar ist, dass auch kommunale Flächen für Ladeinfrastruktur nur begrenzt zur Verfügung stehen. Umso wichtiger sind daher konzeptionelle Vorüberlegungen und lokale Konzepte, die auch politisch vor Ort mitgetragen werden müssen. Nun, in Zeiten des Hochlaufs, muss der erforderliche Ausbau in großen Teilen auf privaten Flächen durch marktwirtschaftliche Akteure erfolgen. Es braucht dafür auch staatliche Anreize, um bei drohender Unterversorgung Marktkräfte freizusetzen und in Regionen mit ggf. zu wenig Ladeinfrastruktur zu unterstützen. Es darf keine Situation eintreten, bei der am Ende die Kommunen oder kommunale Energieversorger als „Lückenbüßer“ einspringen müssen. Die Anregungen der Monopolkommission, die Kommunen seitens Bund und Ländern in einer koordinierenden Rolle stärker als bisher zu unterstützen sind richtig. Der DStGB hat kürzlich gemeinsam mit dem Deutschen Städtetag und Agora Verkehrswende einen Leitfaden für kommunale Akteure zum Ladeinfrastrukturaufbau veröffentlicht. Hierbei werden Ausschreibungsverfahren und Sondernutzungen erläutert sowie ein Fokus auf die Aktivierung privater Lademöglichkeiten gelegt.

Weitere Informationen

Die Pressemitteilung der Monopolkommission sowie das Gutachten sind verfügbar unter: www.monopolkommission.de.

Webseite der Monopolkommission zur regionalen Marktkonzentration von Ladeinfrastrukturbetreibern: www.monopolkommission.de

Leitfaden „Stadt, Land, Ladefluss“: www.dstgb.de (Rubrik: Themen / Mobilität / Elektromobilität)

Az.: 28.6.9-012/001 gr

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