Sozialkosten reißen tiefe Löcher in Kommunaletats

Städte- und Gemeindebund NRW fordert gesamtgesellschaftliche Verantwortung für finanzielle Folgen des demografischen Wandels

StGB NRW-Pressemitteilung
Düsseldorf, 01.10.2009

Kostensteigerungen im Sozialbereich drohen die Haushalte der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen zu sprengen. Darauf hat der Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW, der Bergkamener Bürgermeister Roland Schäfer, heute in Düsseldorf vor dem Präsidium des kommunalen Spitzenverbandes hingewiesen. „Wenn es uns nicht gelingt, die Kosten für soziale Fürsorge auf mehr Schultern zu verteilen, brechen die Kommunen unter der Last zusammen“, warnte Schäfer. Damit entfiele jedoch eine tragende Säule des - europaweit vorbildlichen - sozialen Sicherungssystems.

Mehr als die Hälfte der kommunalen Steuereinnahmen gehen in den Sozialbereich, weil die Kommunen gegenüber Bund und Ländern mit rund 53 Prozent die höchste Sozialleistungsquote haben. Insbesondere die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung schlägt bei den Kommunen zu Buche. Von den fast 22 Mrd. Euro jährlicher Sozialleistungen bundesweit fließen knapp 12,5 Mrd. Euro in die Eingliederungshilfe. Für Nordrhein-Westfalen sind dies 2,8 Mrd. Euro (Stand 2008). „Bund und Land müssen endlich erkennen, dass die Unterstützung für Behinderte eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die nicht den Kommunen allein aufgebürdet werden darf“, merkte Schäfer an.

Signifikant erhöht haben sich auch die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - von 1,44 Mrd. Euro bundesweit bei der Einführung 2003 auf 3,78 Mrd. Euro im Jahr 2008. Nordrhein-Westfalen wird derzeit mit fast 1 Mrd. Euro belastet. Hauptgrund der enormen Steigerung ist die um fast 70 Prozent gewachsene Zahl der Grundsicherungsempfänger. Auch wenn sich der Bund derzeit mit 13 Prozent - bis 2012 ansteigend auf 16 Prozent - an den Kosten der Grundsicherung beteiligt, verbleibt die Hauptlast auf Dauer bei den Kommunen.

Besorgnis erregend stellt sich auch die Kostenentwicklung beim Ausbau der Betreuung unter Dreijähriger dar. Nach den Berechnungen von Bund und Ländern sind bis 2013 zwölf Mrd. Euro erforderlich, um die Betreuung unter Dreijähriger bis zu einer Versorgungsquote von 35 Prozent auszubauen. Bund, Länder und Kommunen sollen hierbei jeweils ein Drittel übernehmen. Die kommunalen Spitzenverbände kommen dagegen in ihren Berechnungen auf einen Bedarf von rund 16 Mrd. Euro - und damit auf einen kommunalen Anteil von gut 5,3 Mrd. Euro statt 4 Mrd. Euro.

„Die Kostenschätzung von Bund und Ländern war von Anfang an nicht realistisch“, legte Schäfer dar. Zudem sei darin der - nach dem „Krippengipfel“ beschlossene - Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Einjährige ab dem Jahr 2013 nicht berücksichtigt. „Dies wird dazu führen, dass die Quote von 35 Prozent, die der Berechnung zugrunde lag, bei Weitem überschritten wird und auf die Kommunen höhere Kosten zukommen“, warnte Schäfer.

Jenseits dieser finanziellen Risiken beteiligten sich die Kommunen bereits mit mehr als 1 Mrd. Euro jährlich am Ausbau des Betreuungsangebots für unter Dreijährige. Für NRW bedeute dies jährlich über 200 Mio. Euro. Hinzu kämen Mehrbelastungen von 500 bis 700 Mio. Euro bundesweit durch den jüngsten Tarifabschluss für Erzieherinnen und Erzieher. Dies heiße für NRW eine zusätzliche Kostenbelastung von 100 bis 140 Mio. Euro.

Selbst beim System der Betreuung Langzeitarbeitsloser (Hartz IV), welches als Entlastung für die Kommunen konzipiert war, zeichneten sich eklatante Kostensteigerungen ab. So seien die Ausgaben für Unterkunft und Heizung, die hauptsächlich von den Kommunen zu tragen sind, NRW-weit von 2,8 Mrd. Euro im Jahr 2005 auf voraussichtlich 3,5 Mrd. Euro im Jahr 2008 gestiegen. Gleichzeitig sei der Bundesanteil von ursprünglich 31,8 Prozent auf weniger als 26 Prozent gesunken. Dies beweise - so Schäfer -, dass die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften als Bemessungsgrundlage für die Kostenbeteiligung des Bundes ungeeignet sei.

„Die NRW-Landesregierung muss sich bei der neuen Bundesregierung für Gesetzesänderungen einsetzen mit dem Ziel, dass die Sozialkosten künftig von allen staatlichen Ebenen gemeinschaftlich getragen werden“, erklärte Schäfer. Die kommunale Selbstverwaltung sei mit diesen Lasten, die sich aus der demografischen Entwicklung ergäben, schlichtweg überfordert.

V.i.S.d.P.: HGF Christof Sommer, Pressesprecher Philipp Stempel, Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen, Kaiserswerther Straße 199-201, 40474 Düsseldorf, Tel. 0211/ 4587-230, Fax: -287, E-Mail: presse@kommunen.nrw , Internet: www.kommunen.nrw      
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