Heft September 2001

Entscheidungskompetenz des Bürgermeisters in Personalfragen

Dem Bürgermeister kann durch Hauptsatzung jedenfalls die Zuständigkeit für Personalentscheidung nicht völlig entzogen werden, die Bedienstete betreffen, die auf der Ebene der Sachbearbeitung oder in vergleichbarer Art unterhalb der Leitungsebene (Referatsleiter) tätig sind. Dem Bürgermeister steht eine Mitentscheidungsbefugnis über die Einstellung, Ernennung, Beförderung und Entlassung von Beamten und Angestellten bestimmter Besoldungs- und Vergütungsgruppen und von Arbeitern zu. Wo die Grenze hinsichtlich der Besoldungs- und Vergütungsgruppen liegt, hängt von der Größe und Organisation der Kommune ab (nichtamtliche Leitsätze).

- VG Aachen, Urteil vom 28.06.2001
- Az.: 4 K 1787/00 -

Der Kläger ist der Bürgermeister, der Beklagte der Rat einer kreisangehörigen Kommune. Der Kläger hat sich mit der Klage gegen eine Änderung der Hauptsatzung gewandt, wonach künftig der Rat über die Einstellung., Höhergruppierung und Entlassung aller Beamter sowie von Angestellten der Vergütungsgruppen I bis einschließlich VI b BAT und nicht nur (wie bisher) bis einschließlich V c BAT entscheide. In der Stadtverwaltung sind insgesamt 16 Beamte beschäftigt, davon 7 in den Besoldungsgruppen A 6 bis A 9 und 9 in Besoldungsgruppen A 11 bis A 14. Die Stadt beschäftigt 56 Angestellte, darunter 15 in den Vergütungsgruppen BAT VIII und BAT VII sowie 41 Angestellte in den Vergütungsgruppen BAT VI b bis BAT III. Schließlich sind bei der Stadt noch 23 Arbeiter und einige geringfügig Beschäftigte angestellt.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, als es dem Bürgermeister unentziehbare Personalentscheidungskompetenzen jedenfalls für einen bestimmten Teil der Beamten, Angestellten und Arbeiter zugesprochen hat. § 74 Abs. 1 Satz 3 GO NRW ermächtige den beklagten Rat nicht unbeschränkt, dem Kläger Personalentscheidungskompetenzen zu entziehen und auf sich zu verlagern. Mit der Änderung der GO aus 1994 habe der Gesetzgeber neben das durch Wahl demokratisch legitimierte Organ "Rat" mit der Urwahl des Bürgermeisters eine zweite Säule demokratisch legitimierte Repräsentanz der Bürgerschaft gestellt. Der Rat ist - anders als früher gegenüber dem Gemeindedirektor - nicht Dienstvorgesetzter des Bürgermeisters.

In Konsequenz dieser grundlegenden gewandelten Stellung des Bürgermeisters seien dessen Kompetenzen in der GO erheblich modifiziert worden. Schließlich gebiete auch die unmittelbare demokratische Legitimation, dem Bürgermeister in seinem Verantwortungsbereich die erforderlichen Personalkompetenzen zu belassen. Die Bürgerschaft wähle nämlich mit dem Bürgermeister die Person, die die kommunale Verwaltung leiten und organisieren soll.

Der Rat könne sich jedoch in der Hauptsatzung ein Mitentscheidungsrecht vorbehalten, das die Kompetenzen des Bürgermeisters wahre. Mit dieser Einschränkung trage die Kammer den gesetzlichen Regelungen der §§ 41 Abs. 3 und 74 Abs. 1 Satz 3 GO NRW Rechnung, die es dem Rat ermöglichen, sich Mitspracherechte auch in den Bereichen einzuräumen, für die grundsätzlich der Bürgermeister zuständig sein soll. Der Rat wird dabei aber zu beachten haben, daß jedenfalls für den im Tenor bezeichneten Bedienstetenkreis eine Regelung, die Personalentscheidungen des Rates gegen den Willen des Bürgermeisters ermöglichen soll, nicht zulässig wäre. Die Kompetenzen des Bürgermeisters sind um so stärker zu berücksichtigen, je niedriger die Stelle eingruppiert ist, über die entschieden werden soll.

Sonderurlaub für Übernahme des Bürgermeisteramtes

Die Wahl zum hauptamtlichen Oberbürgermeister ist ein wichtiger Grund im Sinne des § 50 Abs. 2 BAT-O, einen Angestellten für die Ausübung des Amtes zu beurlauben (nichtamtlicher Leitsatz).

- BAG, Urteil vom 8. Mai 2001
- Az.: 9 AZR 179/00 -

Der Kläger ist bei dem beklagten Freistaat als Diplom-Lehrer angestellt. Im Sommer 1996 ist er in Urwahl zum Oberbürgermeister der Stadt S. und darauf in ein Beamtenverhältnis auf Zeit berufen worden. Der Kläger hat im August 1996 für die siebenjährige Amtszeit unbezahlten Sonderurlaub erbeten. Das zuständige Regierungspräsidium hat den Antrag des Klägers zurückgewiesen, weil eine Beurlaubung ausschließlich im Interesse des Klägers liege.

Die Revision des Klägers gegen das ablehnende Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) hatte vor dem BAG Erfolg. Nach § 50 Abs. 2 BAT-O kann Sonderurlaub ohne Fortzahlung der Bezüge bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gewährt werden, wenn die dienstlichen Verhältnisse es gestatten. Die Wahl zum hauptamtlichen Oberbürgermeister ist nach Auffassung des BAG ein wichtiger Grund, einen Angestellten für die Ausübung des Amtes zu beurlauben. Das folge aus der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 GG). Das habe das LAG verkannt. Außerdem habe es nicht berücksichtigt, das während der Beurlaubung des Klägers kein Unterrichtsausfall zu besorgen und der Arbeitgeber bei der Entscheidung über den Urlaubsantrag zu einer umfassenden Interessenabwägung verpflichtet ist. Diese Interessenabwägung müsse nachgeholt werden. Das BAG hat deshalb den Rechtsstreit an das LAG zurückverwiesen.

Verhalten von Fußgängern bei Regen

Ein Fußgänger muß sich bei Regen auf rutschige Treppenstufen einrichten (nichtamtlicher Leitsatz /nicht rechtskräftig).

- OLG Koblenz, Urteil vom 25.07.2001
- Az.: 1 U 1582/98 -

Einer Stadt oder Gemeinde kann nach Auffassung des OLG Koblenz nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß sie sich für einen bestimmten Tritten- oder Kantenbelag entscheide, dessen Rutschwiderstand bei Regenwetter geringer ist bzw. nicht optimal ist. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung liegt der Fall derzeit dem BGH in Karlsruhe zur Entscheidung vor. Das Koblenzer OLG hatte mit dem Urteil die Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage eines Fußgängers abgewiesen, der auf einer regennassen Treppe ausgerutscht und gestürzt war. Er warf der beklagten Stadt vor, die Stufenkanten mit einem Riffelblech verkleidet zu haben, dessen Rutschwiderstand bei Regenwetter deutlich nachlasse. Die erste Instanz hatte der Klage stattgegeben. Das OLG räumte dagegen zwar den Rutscheffekt ein, meinte aber, dies wäre einem aufmerksamen Fußgänger nicht entgangen. Dieser hätte vor allem erkannt, daß er seinen Fuß ganz oder zum größten Teil auf der rauhen Betonstufe der Treppe aufsetzen müsse, um nicht auszurutschen.

Lebenspartnerschaft und Ehe

Bei einem In-Kraft-Treten des Lebenspartnerschaftsgesetzes sind irreversible Nachteile für das Institut der Ehe nicht zu erwarten. Das vorgelegte Gesetz ist auch vollziehbar (nichtamtliche Leitsätze).

- BVerfG, Urteil vom 18.07.2001
- Az.: 1 BvQ 23/01, 26/01 -

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit dieser Entscheidung den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung der Länder Bayern, Sachsen und Thüringen gegen das In-Kraft-Treten des Lebenspartnerschaftsgesetzes ab 1. August 2001 abgelehnt. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die einstweilige Anordnung ist aufgrund einer Folgenabwägung getroffen worden. Dabei hat der erste Senat festgestellt, dass irreversible Nachteile für das Institut der Ehe durch das In-Kraft-Treten des Gesetzes nicht zu erwarten seien. Das rechtliche Fundament der Ehe werde nicht verändert, sämtliche Rechtsfolgen der Ehe blieben unberührt. Ob die Einführung des neuen Instituts der Lebenspartnerschaft einem aus Art. 6 Abs. 1 GG hergeleiteten Abstandsgebot zuwider laufe, sei eine verfassungsrechtliche Frage, die bei der Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich außer Betracht zu bleiben habe. Von daher sind in den Ländern nunmehr die Ausführungsgesetze zu erlassen, wovon auch die Kommunen im Rahmen der Durchführung betroffen werden.

Das Lebenspartnerschaftsgesetz ist Teil eines ursprünglich einheitlichen Gesetzgebungsvorhabens. Wegen der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat sind jedoch alle Regelungen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, in ein Ergänzungsgesetz aufgenommen worden, das sich im Vermittlungsverfahren befindet. Das Partnerschaftsgesetz enthält unter anderem Bestimmungen zur Begründung und Aufhebung der Lebenspartnerschaft, der Verpflichtung zum Unterhalt, dem nachpartnerschaftlichen Unterhalt, zum Erb- und Mietrecht, zum sog. kleinen Sorgerecht bis hin zur Ausdehnung von Vorschriften des Familiennachzugs im Ausländerrecht auf Lebenspartnerschaften. Das Ergänzungsgesetz beinhaltet steuerrechtliche Fragen und Fragen des Adoptionsrechts.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist in Internet unter www.bundesverfassungsgericht.de abrufbar.

© StGB NRW 2001

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