Heft Oktober 2002

Widerruf einer Waffenbesitzkarte

Ein Waffenbesitzer besitzt bereits dann nicht die erforderliche Zuverlässigkeit, wenn er die Waffen und Munition nicht ordnungsgemäß, d.h. für Dritte unzugänglich und voneinander getrennt, aufbewahrt. (nichtamtlicher Leitsatz)

VG Berlin, Beschluß vom 30.4.2002
- Az.: VG 1 A 99.02 -

Im vorliegenden Fall hatte der Inhaber der Waffenbesitzkarte mehrere Waffen und die zugehörige Munition offen in seiner Wohnung gelagert; ein für die Aufbewahrung von Waffen vorgesehener Stahlschrank war nicht fest in der Wand verankert. Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid widerrief daraufhin die zuständige Behörde die dem Eigentümer der Waffen erteilte Waffenbesitzkarte und behielt sie ein.

Dagegen wandte sich der Eigentümer mit einem gerichtlichen Eilantrag, den das Gericht ablehnte.

Das VG Berlin hielt den Widerruf und die Anordnung seiner sofortigen Vollziehbarkeit für rechtmäßig. Eine Waffenbesitzkarte sei u.a. zu versagen und im Falle bereits erfolgter Erteilung zu widerrufen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, daß der Waffenbesitzer nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitze. Dies sei bereits dann anzunehmen, wenn der Waffenbesitzer, wie im vorliegenden Fall, die Waffen und Munition nicht ordnungsgemäß, d.h. für Dritte unzugänglich und voneinander getrennt, aufbewahre.

Videoüberwachung eines öffentlichen Platzes

Zur Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigung zur Videoüberwachung in § 21 Abs. 3 BadWürttPolG und zu den Voraussetzungen der Zulässigkeit einzelner Überwachungsmaßnahmen (hier: Mannheim). (nichtamtlicher Leitsatz)

VG Karlsruhe, Urteil vom 10.10.2001
- Az.: 11 K 191/01 -

Der Kläger hatte sich gegen die Überwachung verschiedener Plätze in Mannheim mit Kameras gewendet, die das Innenministerium im Rahmen eines Modellversuchs betrieben hatte. Das Gericht hielt dies als allg. Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage für zulässig. Es liege kein Verwaltungsakt vor. Auch sei das bloße Beaobachten öffentlicher Räume mittels Kameras mit Übersichtsaufnahmen ohne Identifizierungsmöglichkeit kein grundrechtsrelevanter Eingriff. Ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei jedoch nicht ausgeschlossen, da im vorliegenden Fall die Aufnahmen für bis zu 48 Stunden gespeichert werden und mit digitaler Technik auch so bearbeitet werden können, daß eine Identifizierung einzelner Personen möglich ist.

Das VG wies die Klage als unbegründet ab. Rechtsgrundlage sei § 21 Abs. 3 BadWürttPolG. Nach dieser Vorschrift können der Polizeivollzugsdienst und die Ortspolizeibehörden zur Beseitigung von Störungen oder Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit bestimmte öffentlich zugängliche Orte offen mittels Bildübertragung beobachten und Bildaufzeichnungen von Personen anfertigen. Zulässig ist dies nach dem Gesetz nur an Orten, an denen erfahrungsgemäß Straftäter sich verbergen, Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben, sich ohne erforderliche Aufenthaltserlaubnis treffen, oder der Prostitution nachgehen. Auch die Dauer der Bildaufzeichnung ist im Gesetz geregelt.

§ 21 Abs. 3 BadWürttPolG genüge dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitserfordernis und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da die Überwachung nur an gefährlichen Orten stattfindet. Durch die Offenheit der Überwachung können sich die Betroffenen darauf einstellen. Damit sei keine unverhältnismäßige Einschränkung ihrer allg. Handlungsfreiheit verbunden. Die Rechtsposition der Betroffenen werde nicht stärker beeinträchtigt, als bei einer Beobachtung durch Polizeibeamte vor Ort. Eine flächendeckende Überwachung sei weder geplant noch dem Gesetz nach zulässig. Sie sei nur an Orten erlaubt, die aufgrund polizeilicher Erfahrung als Kriminalitätsschwerpunkte angesehen werden können. Sie diene nicht der Observation einzelner Personen, sondern dem Schutz von Rechtsgütern, indem sie durch Abschreckung präventive Wirkung entfaltet. Es sei nicht nachvollziehbar, warum ein in der Praxis kaum durchführbarer verstärkter Einsatz von Polizeikräften zur Erzielung der gleichen Wirkung verhältnismäßiger sein soll. Ein Eingriff in das Grundrecht auf Informationsfreiheit i.S. v. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG liege nicht vor.

Das Land habe die konkret ausgewählten Plätze zu Recht als Kriminalitätsschwerpunkte eingestuft. Es komme allein darauf an, ob diese Bereiche nach den Erfahrungen der Polizei im Verhältnis zu anderen Gebieten der Stadt deutlich als gefährliche Orte i.S.d. Gesetzes anzusehen sind. Dafür genüge es, daß sich dort verhältnismäßig viele Straftäter aufhalten bzw. Straftaten verabredet, vorbereitet oder begangen werden.

"TV-Duell" ohne Westerwelle

Der Vorsitzende der FDP Dr. Guido Westerwelle hat keinen Anspruch auf Teilnahme an dem "TV-Duell" zwischen Bundeskanzler Schröder und seinem Herausforderer, Ministerpräsident Dr. Stoiber, das am 8. September 2002 von ARD und ZDF gemeinsam ausgestrahlt wird. (nichtamtlicher Leitsatz)

OVG NRW, Beschluß vom 15.8.2002
- Az.: 8 B 1444/02 -

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, das von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu beachtende Gebot der Chancengleichheit der politischen Parteien werde nicht verletzt, auch wenn dem erstmals vor einer Bundestagswahl stattfindenden "TV-Duell" wahlwerbende Wirkung zukomme. Bedenken gegen das der Sendung zu Grunde liegende redaktionelle Konzept, nur die beiden Spitzenkandidaten von SPD und CDU/CSU aufeinander treffen zu lassen, bestünden nicht. ARD und ZDF hätten das Sendeformat nachvollziehbar mit der besonderen Bedeutung des Amtes des Bundeskanzlers insbesondere in der politischen Praxis und dem deshalb gegebenen besonderen Informationsinteresse der Öffentlichkeit an den Positionen der beiden eingeladenen Kandidaten begründet. Es sei davon auszugehen, dass zum Bundeskanzler entsprechend dem bislang stets geübten demokratischen Brauch in der Bundesrepublik Deutschland der Kandidat der stärksten Regierungspartei gewählt werde. Nach Lage der Dinge habe der Vorsitzende der FDP keine realistische Aussicht, in der nächsten Legislaturperiode das Amt des Bundeskanzlers zu übernehmen.

Die FDP sei bei einer Gesamtbetrachtung der wahlbezogenen Sendungen entsprechend ihrer Bedeutung angemessen berücksichtigt worden. Die nach parteirechtlichen Grundsätzen deutlich geringere Bedeutung der FDP im Verhältnis zu den "großen" Parteien ergebe sich insbesondere aus dem Ergebnis der letzten, aber auch aus dem voraussichtlichen Abschneiden bei der bevorstehenden Bundestagswahl. Der FDP bleibe auch nach dem "TV-Duell", das zwei Wochen vor der Wahl stattfinde, noch ausreichend Gelegenheit zur Selbstdarstellung und zur Auseinandersetzung mit den in dem "TV-Duell" vertretenen Ansichten.

Insbesondere die von der ARD veranstaltete sog. "Elefantenrunde" am 17. September 2002, an der die Parteivorsitzenden und/oder Spitzenkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien teilnehmen, biete ihr die Möglichkeit, ihre Position einem breiten Publikum vorzustellen.

Bevorzugung von Frauen bei der Meistergründungsprämie

Die vom Land NRW bei der seit 1996 gewährten Meistergründungsprämie geübte Praxis der Bevorzugung von Frauen ist rechtmäßig. (nichtamtlicher Leitsatz)

BVerwG, Urteile vom 18. Juli 2002
- Az.: 3 C 53-56.01 -

Das Land Nordrhein-Westfalen gewährt seit 1996 Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeistern, die sich bald nach der Meisterprüfung selbständig machen und Arbeitsplätze schaffen, eine Meistergründungsprämie von 10.000.- € (früher 20.000.- DM). Nach den ministeriellen Richtlinien, die die Vergabe der Prämie regeln, werden Existenzgründungen von Handwerksmeisterinnen gefördert, wenn sie innerhalb von fünf Jahren nach der Meisterprüfung erfolgen. Für Handwerksmeister galt dagegen zunächst eine Frist von zwei Jahren und seit 1998 von drei Jahren. Das Bundesverwaltungsgericht hat jetzt entschieden, dass die darin liegende Bevorzugung von Frauen zulässig ist.

Geklagt hatten mehrere Handwerksmeister, die sich vier bis fünf Jahre nach ihrer Meisterprüfung 1996 und 1997 selbständig gemacht hatten. Die Vorinstanzen gaben ihnen Recht, weil die Regelung eine unzulässige Diskriminierung der Kläger wegen ihres Geschlechts darstelle. Diese Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht aufgehoben und die Klagen abgewiesen.

Prinzipiell verbiete zwar sowohl das Grundgesetz als auch das europäische Gemeinschaftsrecht eine Bevorzugung oder Benachteiligung von Männern und Frauen wegen ihres Geschlechts. Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes verpflichte den Staat aber, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. Diese Regelung rechtfertige die großzügige Fristenregelung für die Förderung der Handwerksmeisterinnen, weil sie in der gesellschaftlichen Wirklichkeit gravierend unterrepräsentiert seien. Während Frauen in Nordrhein-Westfalen 51,4 % der Wohnbevölkerung ausmachten, liege ihr Anteil bei den selbständigen Handwerksbetrieben nur bei 13,6 %. In der gesellschaftlichen Wirklichkeit sei daher die Gleichberechtigung in diesem Bereich bei weitem nicht erreicht. Die Gründe hierfür seien sehr vielfältig und reichten bis hin zu schwer ausrottbaren Vorurteilen. Die von den Klägern angegriffene Regelung sei ein geeigneter Weg, für mehr Gleichberechtigung zu sorgen. Der den Frauen gewährte Vorteil sei maßvoll und nicht von existenzieller Bedeutung. Er beschränke sich auf eine positive Fördermaßnahme, ohne die Rechte der Männer einzuschränken.

Diese Differenzierung bedürfe keiner Grundlage in einem Gesetz.

Das Gemeinschaftsrecht lasse derartige Maßnahmen zu, wenn sie mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar seien. Das sei insbesondere wegen des fehlenden Eingriffscharakters der Fall.

© StGB NRW 2002

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