Heft November 2009

Abschleppen in einer Anwohnerparkzone

Das Abschleppen eines ohne ausliegenden Parkausweis in einer Anwohnerparkzone abgestellten Fahrzeugs ist jedenfalls dann verhältnismäßig, wenn sich ohne zeitliche Verzögerung weder die Parkberechtigung feststellen lässt noch der Fahrzeugführer zur Beseitigung des verbotswidrigen Parkens veranlasst werden kann. Das gilt auch dann, wenn für das Fahrzeug tatsächlich ein Anwohnerparkausweis ausgestellt worden ist.

OVG NRW, Beschluss vom 27. August 2009
- Az.:
5 A 1430/09 -

Der Wagen der Klägerin stand im Bereich von Anwohnerparkflächen, ohne dass ihr alternativ für zwei Fahrzeuge ausgestellter Anwohnerparkausweis auslag. Abends nach 18.00 Uhr stellten Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamts das Parken ohne Parkausweis fest. Nach kurzer Wartezeit ließen sie das Fahrzeug abschleppen. Die Klägerin wandte sich mit ihrer Klage in zwei Instanzen erfolglos gegen die Zahlung der Abschleppkosten.

Die streitige Abschleppmaßnahme ist nach Auffassung des OVG rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin macht ohne Erfolg geltend, von ihrem Fahrzeug habe im Hinblick auf die Möglichkeit einer schriftlichen Verwarnung keine oder allenfalls eine geringfügige negative Vorbildwirkung ausgehen können, sodass das Abschleppen unverhältnismäßig gewesen sei. Unabhängig von einer negativen Vorbildwirkung sei ein Abschleppen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge im Falle der Behinderung von anderen Verkehrsteilnehmern regelmäßig geboten.

Das gelte auch in dem hier vorliegenden Fall des rechtswidrigen Parkens auf Anwohnerparkflächen gem. § 41 Abs. 2 Nr. 8 Satz 7 StVO. Nach Satz 8 der Vorschrift gelten die zuvor geregelten Ausnahmen vom eingeschränkten Haltverbot zugunsten (u. a.) der mit besonderem Parkausweis ausgestatteten Anwohner nur, wenn die besonderen Parkausweise gut lesbar ausgelegt sind. Durch Parken ohne Anwohnerparkausweis wird die Nutzung der Parkflächen durch Berechtigte, die ihren Ausweis ordnungsgemäß auslegen, verhindert.

Das Abschleppen war auch nicht aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls unverhältnismäßig. Es gelte die Leitlinie, dass bei einer zeitnah nach Entdeckung des Verkehrsverstoßes erfolgenden Abschleppmaßnahme nur dann eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in Betracht zu ziehen ist, wenn der Fahrzeugführer ohne Schwierigkeiten und ohne Verzögerung festgestellt und zur Beseitigung des verbotswidrigen Parkens veranlasst werden kann.

Kein Blaulicht für kommunalen Ordnungsdienst

Die Städte und Gemeinden sind nicht berechtigt, Fahrzeuge ihres kommunalen Ordnungsdienstes mit Blaulicht und Einsatzhorn auszurüsten (nichtamtlicher Leitsatz).

OVG NRW, Urteil vom 29. September 2009
– Az.: 8 A 1531/09 -

Die Stadt Wuppertal (Klägerin) hatte bei der beklagten Bezirksregierung Düsseldorf die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für die Ausstattung von Fahrzeugen ihres kommunalen Ordnungsdienstes mit Blaulicht und Einsatzhorn beantragt. Die Klägerin hatte darauf verwiesen, dass ihr uniformierter Vollzugsdienst zunehmend anstelle der Polizei Gefahrenabwehraufgaben übernehme. Dabei gerate er in eilbedürftige Situationen, die den Einsatz von Blaulichtfahrzeugen erforderlich machten. Im Übrigen sei der kommunale Ordnungsdienst dem Vollzugsdienst der Polizei gleichzustellen und aus diesem Grund auch ohne Ausnahmegenehmigung zum Bereithalten von Blaulichtfahrzeugen berechtigt.

Die Bezirksregierung hatte den Antrag unter Hinweis auf die (neue) restriktive Handhabung der Vergabe von Blaulichtberechtigungen abgelehnt. Soweit in der Vergangenheit befristete Ausnahmegenehmigungen (z. B. für die Städte Düsseldorf und Duisburg) erteilt worden seien, würden diese nach einer ministeriellen Weisung nicht mehr verlängert. Der Widerspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg. Die nachfolgend erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Mit ihrer Berufung blieb die Klägerin auch vor dem OVG erfolglos.

In der mündlichen Urteilsbegründung führte der Vorsitzende des 8. Senats aus: Fahrzeuge eines kommunalen Ordnungsdienstes dürften nicht ohne Ausnahmegenehmigung mit Blaulicht und Einsatzhorn ausgestattet werden. Die Ordnungsbehörden nähmen zwar Aufgaben der Gefahrenabwehr wahr, seien aber keine „Polizei“ im Sinne der verkehrsrechtlichen Vorschriften. Den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung habe die Beklagte ermessensfehlerfrei abgelehnt. Die Beklagte habe zu Recht angenommen, dass die Zahl der mit Blaulicht ausgerüsteten Fahrzeuge möglichst gering bleiben müsse, um dessen Wirkung in der Bevölkerung nicht zu beeinträchtigen und um die mit dem Blaulichtgebrauch einhergehende erheblich erhöhte Unfallgefahr gering zu halten. Eine Ausnahmesituation bestehe nicht, weil der Bedarf an Blaulichtfahrzeugen durch die Polizei gedeckt werde.

Beitragsstundung aus Billigkeitsgründen

1. Eine zur Stundung eines Beitrags aus Billigkeitsgründen nach § 222 Satz 1 AO berechtigende erhebliche Härte ist gegeben, wenn der Beitragsschuldner nach einer Abwägung zwischen dem Interesse der Gemeinde an einer vollständigen und gleichmäßigen Beitragserhebung und dem Interesse des Beitragspflichtigen an einem Aufschub der Fälligkeit zumutbar nicht in der Lage ist, die Beitragsschuld ohne ein Entgegenkommen in zeitlicher Hinsicht zu begleichen.

2. Die für eine Stundung erforderliche Stundungswürdigkeit setzt voraus, dass der Beitragspflichtige sein Möglichstes zur Abtragung der Beitragsschuld getan hat. Sie scheidet somit aus, wenn es dem Beitragsschuldner möglich und zumutbar war, sich für eine Zahlung am Fälligkeitstag die erforderlichen Mittel zu verschaffen.

OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2009
– Az.: 15 A 4164/06 –

Der Kläger wurde wegen seines unbebauten, landwirtschaftlich genutzten Grundstücks, das als Gewerbegebiet überplant ist, zu einem Kanalanschlussbeitrag herangezogen. Der Kläger zahlte darauf einen Teil unter Inanspruchnahme eines Darlehens seiner Eltern. Im Verwaltungsprozess um den Beitragsbescheid ermäßigte die Gemeinde den Beitrag. Unabhängig davon hatte der Kläger beantragt, ihm aus Billigkeitsgründen den Beitrag - auch soweit er schon gezahlt worden war - zinslos zu stunden, da er ein Familienheim für sich und seine Familie errichtet habe und daher den Beitrag nicht begleichen könne. Das VG verurteilte den beklagten Bürgermeister antragsgemäß, soweit der Beitrag noch nicht bezahlt war, und wies die Klage im Übrigen ab. Im Berufungsrechtszug wies das OVG NRW die Klage vollständig ab.

Die Ablehnung der zinslosen Stundung des Anschlussbeitrags ist nach Auffassung des OVG rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrte Maßnahme. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a KAG NRW i. V. m. § 222 Satz 1 AO können Beitragsansprüche ganz oder teilweise gestundet werden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Hier fehle es bereits am Merkmal der erheblichen Härte.

Eine erhebliche Härte ist gegeben, wenn der Beitragsschuldner nach der Abwägung zwischen dem Interesse der Gemeinde an einer vollständigen und gleichmäßigen Beitragserhebung und dem Interesse des Beitragspflichtigen an einem Aufschub der Fälligkeit zumutbar nicht in der Lage ist, die Beitragsschuld ohne ein Entgegenkommen in zeitlicher Hinsicht zu begleichen. Die Entscheidung über die Beitragsstundung ist eine Ermessensentscheidung.

Der Begriff der erheblichen Härte in § 222 AO ist ebenso wie der Begriff unbillig in § 227 Abs. 1 AO ein unbestimmter Rechtsbegriff, der Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimmt. In die Beurteilung, ob die Zahlung zum Fälligkeitszeitpunkt eine erhebliche Härte darstellt, ist auch einzustellen, ob der Beitragspflichtige stundungswürdig ist.

Dies folgt aus dem Billigkeitscharakter der Stundung. Nur dann, wenn der Beitragspflichtige sein Möglichstes zur Abtragung der Beitragsschuld getan hat, ist eine Stundung zu rechtfertigen. Sie scheidet somit aus, wenn es dem Beitragsschuldner möglich und zumutbar war, sich für eine Zahlung am Fälligkeitstag die erforderlichen Mittel zu verschaffen.

Das sei hier der Fall: Der Kläger musste jedenfalls seit der Bekanntgabe des Beitragsbescheids damit rechnen, in Kürze eine erhebliche Beitragszahlung leisten zu müssen. Dennoch hat er sich danach entschlossen, für sich und seine Familie ein Wohnhaus zu errichten bzw. umzubauen, obwohl er nur geringes Eigenkapital einbrachte. Da der Kläger somit keinen Anspruch auf - zinspflichtige (§ 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b KAG NRW i. V. m. § 234 Abs. 1 AO) - Stundung habe, komme ein Anspruch auf zinslose Stundung (§ 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b KAG NRW i. V. m. § 234 Abs. 2 AO) erst recht nicht in Betracht.

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