Heft Mai 2020

Menschenwürdige Unterbringung einer obdachlosen Familie

Die Unterbringung einer seit 6 Monaten obdachlosen 5-köpfigen Familie, bestehend aus der Mutter, zwei minderjährigen und zwei volljährigen Töchtern, in zwei Zimmern von insgesamt 30 qm Größe genügt nicht den rechtlichen Anforderungen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht im Rahmen des Eilrechtsschutzes entschieden und die Stadt Köln verpflichtet, der Familie eine Obdachlosenunterkunft zur Verfügung zu stellen, die zum einen ausreichend groß ist und zum anderen über getrennte Räume verfügt, die Rückzugsmöglichkeiten eröffnen.

OVG NRW, Beschluss vom 06.03.2020
- Az.: 9 B 187/20 (I. Instanz VG Köln 20 L 27/20) -

Der Senat hat in seinem Beschluss die Einschätzung des Verwaltungsgerichts Köln verworfen, die Antragstellerinnen seien nicht obdachlos, weil die Stadt ihnen weiterhin die Möglichkeit vermittelt habe, die bislang genutzten 30 qm in einem ausschließlich von der Stadt Köln zur Unterbringung von Obdachlosen genutzten „Hotel“ eines gewerblichen Betreibers in eigenem Namen anzumieten.

Die Inanspruchnahme dieser Anmietungsmöglichkeit, die Kosten in Höhe von 26,75 Euro täglich pro Person verursacht (d. h. für 5 Personen 133,75 Euro pro Tag oder rund 4.000 Euro im Monat, was einem Quadratmeterpreis von weit über 100 Euro pro Monat entspricht), hielt der Senat für nicht zumutbar, auch wenn die Kosten anscheinend vom zuständigen Sozialleistungsträger (Sozialamt oder Jobcenter) übernommen werden.

Der Unterbringungsanspruch eines Obdachlosen sei zwar grundsätzlich nur auf die Unterbringung in einer menschenwürdigen Unterkunft gerichtet, die Schutz vor den Unbilden der Witterung biete sowie Raum für die notwendigsten Lebensbedürfnisse lasse. Dabei müssten Obdachlose im Verhältnis zur Versorgung mit einer Wohnung weitgehende Einschränkungen hinnehmen.

Allerdings müsse dem Unterzubringenden eine gewisse Mindestfläche von ca. 9 qm, je nach den Einzelfallumständen - insbesondere bei nicht nur kurzfristiger Obdachlosigkeit - auch mehr, zur Verfügung stehen. Zudem sei schutzwürdigen Belangen von minderjährigen Kindern Rechnung zu tragen, und die Unterkunft müsse eine Rückzugsmöglichkeit für einzelne (erwachsene) Familienangehörige bieten.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Zur Abgrenzung eines Miniatur Bullterriers von einem Bullterrier

Hunde der Rasse „Miniatur Bullterrier“, die im Unterschied zu Standard Bullterriern nicht als gefährliche Hunde im Sinne des Landeshundegesetzes gelten, sind von diesen in erster Linie anhand der Widerristhöhe und ergänzend anhand weiterer Kriterien abzugrenzen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht entschieden und damit anders als in erster Instanz das Verwaltungsgericht Düsseldorf zwei Klagen von Hundehalterinnen stattgegeben.

OVG NRW, Urteile vom 17.02.2020
- Az.: 5 A 3227/17 (I. Instanz: VG Düsseldorf 18 K 6659/16), 5 A 1631/18 (VG Düsseldorf 18 K 11662/16) -

In Streit stand zwischen den Klägerinnen und der Stadt Düsseldorf die Einstufung ihrer Hunde als Bullterrier.

Der Bullterrier ist nach dem Landeshundegesetz ein sogenannter Listenhund, dessen Haltung grundsätzlich verboten ist. Wird die Haltung ausnahmsweise erlaubt, gelten strenge gesetzliche Anforderungen (etwa Erlaubnisbedürftigkeit der Haltung, erweiterte Leinenpflicht, Maulkorbzwang). Die streitgegenständlichen Tiere sind beide als Miniatur Bullterrier erworben worden. Der Rassestandard des Miniatur Bullterriers unterscheidet sich von dem des Bullterriers hinsichtlich der Widerristhöhe, die bei Ersterem 35,5 cm nicht überschreiten soll. Daneben wird beim Bullterrier ein „Ausdruck höchstmöglicher Substanz“ gefordert. Die hier betroffenen Tiere sind jeweils einige Zentimeter größer als 35,5 cm.

Die Stadt Düsseldorf hat die Hunde als Bullterrier und damit als gefährlichen Hund eingestuft. Die gegen diese Feststellung erhobenen Klagen hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf abgewiesen. Hiergegen haben sich die Klägerinnen mit den vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Berufungen gewandt.

Das Oberverwaltungsgericht hat beiden Klägerinnen Recht gegeben. Die Abgrenzung zwischen Miniatur Bullterrier und Standard Bullterrier orientiere sich zwar vorrangig an der Widerristhöhe des Hundes. Allerdings sei angesichts der Soll-Bestimmung des Rassestandards eine Überschreitung von ca. 10 % regelmäßig unschädlich. Oberhalb dieser Widerristhöhe sei zu vermuten, dass es sich zumindest um einen Standard Bullterrier-Mischling handele. Diese Vermutung könne allerdings widerlegt werden, wenn starke Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Überschreitung der Widerristhöhe nicht auf der Einkreuzung eines Standard-Bullterriers beruhe.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Oberverwaltungsgericht nach Befragung von zwei Amtsveterinären beiden Klagen stattgegeben. Beide Hunde überschritten mit einer Höhe von 39-40 cm die Widerristhöhe nur geringfügig und wiesen nicht das sehr kompakte Erscheinungsbild eines Standard Bullterriers auf.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

 

OVG NRW zu geplanter Länderöffnungsklausel für Mehrfachspielhallen

Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts NRW dürften Mehrfachspielhallen, die am 01.01.2020 bestanden haben und bestimmte qualitative Anforderungen erfüllen, nicht ohne weiteres von einer unter den Ministerpräsidenten der Länder kürzlich abgestimmten Länderöffnungsklausel profitieren können, selbst wenn diese - wie derzeit angedacht - am 01.07.2021 in Kraft treten sollte. Der im Eilverfahren ergangene Beschluss hat Bedeutung für viele bei den Verwaltungsgerichten anhängige Verfahren.

OVG NRW, Beschluss vom 16.03.2020
- Az.: 4 B 977/18 (I. Instanz: VG Münster, 9 L 408/18) -

Um die Zahl der Spielhallen zu verringern, ist nach dem seit 2012 geltenden Glücksspielstaatsvertrag unter anderem die Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle ausgeschlossen, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht (sogenannte Verbundspielhalle). Bestehende Verbundspielhallen, für die bis zum 28.10.2011 eine Erlaubnis erteilt worden war, durften abweichend davon aufgrund einer Übergangsregelung noch bis 2017 rechtmäßig weiter betrieben werden. Über diesen Zeitpunkt hinaus dürfen Verbundspielhallen nach dem noch bis Mitte 2021 geltenden Glücksspielstaatsvertrag grundsätzlich nur noch ausnahmsweise für einen angemessenen Zeitraum zur Vermeidung unbilliger Härten erlaubt werden.

Zahlreiche Betreiber von Verbundspielhallen wenden sich unter Berufung auf Härtefälle seit einiger Zeit gegen behördliche Schließungsverfügungen. Seit kurzem wird von Betreiberseite auch darauf verwiesen, dass zu erwarten sei, ab dem 01.07.2021 könnten Erlaubnisse für bis zu drei Verbundspielhallen erteilt werden, weshalb eine Schließung zum jetzigen Zeitpunkt unverhältnismäßig sei. Sie führen aktuelle Abstimmungen unter den Ministerpräsidenten der Länder für die ab Mitte 2021 geplante Neuregelung der Glücksspielregulierung an. Nach einer dabei angedachten Länderöffnungsklausel sollen die Länder angeblich Bestimmungen erlassen können, um für bis zu drei am 01.01.2020 bestehende Verbundspielhallen je Gebäude unter bestimmten qualitativen Voraussetzungen (z. B. Zertifizierung und Schulungen des Personals) abweichend vom Verbundverbot eine Erlaubnis erteilen zu können.

Das OVG NRW hat dennoch - ebenso wie bereits das Verwaltungsgericht Münster - die kurzfristige Schließung einer von zwei im Verbund miteinander stehenden Spielhallen gebilligt. Es hat unter anderem ausgeführt, wer unter Berufung auf eine geplante gesetzliche Neuregelung ein erlaubnispflichtiges Gewerbe betreiben wolle, müsse grundsätzlich deren Inkrafttreten abwarten, bevor er auf ihrer Grundlage eine Erlaubnis erhalten könne.

Die Schließungsverfügung sei auch im Einzelfall rechtmäßig, weil in der gesetzlich vorgesehenen Schließung für den in Münster ansässigen Antragsteller nicht ausnahmsweise eine unbillige Härte liege. Zudem spreche Vieles dafür, dass in den Genuss der für die Zeit nach dem 01.07.2021 angedachten staatsvertraglichen Neuregelung grundsätzlich nur solche Verbundspielhallen gelangen würden, die am 01.01.2020 rechtmäßig betrieben worden seien. Das seien diejenigen Spielhallen, für die am Stichtag eine Härtefallerlaubnis erteilt worden oder zumindest offensichtlich zu Unrecht versagt worden sei, ohne dass zuvor rechtzeitig gerichtlicher Rechtsschutz hätte erlangt werden können. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall nicht gegeben.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

 

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