Heft März 2014

Mitglieder-Votum über Koalition im Bund

Das Bundesverfassungsgericht hat den Antrag abgelehnt, der SPD im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, eine Abstimmung ihrer Mitglieder über das Zustandekommen einer Großen Koalition durchzuführen. Eine diese Abstimmung beanstandende Verfassungsbeschwerde wäre unzulässig (nichtamtliche Leitsätze).

BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2013
- Az.:
2 BvQ 55/13 -

Im Wege der Verfassungsbeschwerde können nur Akte der öffentlichen Gewalt angegriffen werden (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG). An einem solchen Akt fehlt es hier. Mit der Durchführung einer Abstimmung über einen Koalitionsvertrag unter ihren Mitgliedern übt die SPD keine öffentliche Gewalt aus. Öffentliche Gewalt ist vornehmlich der Staat in seiner Einheit, repräsentiert durch irgendein Organ. Parteien sind nicht Teil des Staates. Sie wirken in den Bereich der Staatlichkeit lediglich hinein, ohne ihm anzugehören.

Der Abschluss einer Koalitionsvereinbarung zwischen politischen Parteien und die ihm vorangehende oder nachfolgende parteiinterne Willensbildung wirken nicht unmittelbar so in die staatliche Sphäre hinein, dass sie als staatliches Handeln qualifiziert werden könnten. Koalitionsvereinbarungen bedürfen vielmehr weiterer und fortlaufender Umsetzung durch die regelmäßig in Fraktionen zusammengeschlossenen Abgeordneten des Bundestages.

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG). Die politische Einbindung des Abgeordneten in Partei und Fraktion ist verfassungsrechtlich erlaubt und gewollt. Das Grundgesetz weist den Parteien eine besondere Rolle im Prozess der politischen Willensbildung zu, weil ohne die Formung des politischen Prozesses durch geeignete freie Organisationen eine stabile Demokratie in großen Gemeinschaften nicht gelingen kann.

Wie die politischen Parteien diesen parlamentarischen Willensbildungsprozess innerparteilich vorbereiten, obliegt unter Beachtung der - jedenfalls hier - nicht verletzten Vorgaben aus Art. 21 und 38 GG sowie des Parteiengesetzes grundsätzlich ihrer autonomen Gestaltung. Es ist nicht erkennbar, dass die vom Antragsteller beanstandete Abstimmung für die betroffenen Abgeordneten Verpflichtungen begründen könnte, die über die mit der Fraktionsdisziplin verbundenen hinausgingen.

Zweitwohnungsteuer

Nutzen nicht dauernd getrennt lebende Eheleute sowohl die Hauptwohnung am Familienwohnsitz als auch die aus beruflichen Gründen gehaltene Zweitwohnung gemeinsam, verstößt die Besteuerung der Zweitwohnung nicht gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 6 Abs. 1 GG (nichtamtlicher Leitsatz).

VG Düsseldorf, Urteil vom 28. Oktober 2013
- Az.: 25 K 2036/11 -

Sowohl der Kläger als auch die Klägerin sind mit Nebenwohnung in X. gemeldet. Die Hauptwohnung beider Kläger befindet sich in I. Dementsprechend gaben die Kläger in der an die Beklagte gerichteten ZwSt-Erklärung übereinstimmend an, die Anschrift des Erstwohnsitzes sei in I. Die Zweitwohnung in X. wird von den Eheleuten gemeinschaftlich genutzt. Der Kläger geht seiner Arbeit in X. nach, die Klägerin dagegen in I.

Die Entscheidung wird wie folgt begründet: Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Zweitwohnungssteuersatzung (ZwStS) sind ausgenommen von der Steuerpflicht Inhaber von Zweitwohnungen dann, wenn sich ihre Hauptwohnung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Meldegesetz NRW bestimmt. Danach ist Hauptwohnung eines verheirateten Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seiner Familie lebt, die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie. Die Bestimmung der ZwStS resultiert aus der Umsetzung des Beschlusses des BVerfG v. 11.10.2005 - 1 BvR 1232/00.

Das BVerfG hat in dem o. a. Beschluss seine Auffassung, ZwStS verstießen gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 6 Abs. 1 GG, soweit die Innehabung einer aus beruflichen Gründen gehaltenen Wohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten besteuert werde, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befinde, im Wesentlichen wie folgt begründet: Art. 6 Abs. 1 GG, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stelle, enthalte einen besonderen Gleichheitssatz. Er verbiete, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen.

Bei den finanziellen Aufwendungen für die Innehabung einer Zweitwohnung handele es sich um einen zwangsläufigen Aufwand für die Vereinbarkeit von Ehe und Beruf. Eine verheiratete, nicht dauernd von ihrem Ehegatten getrennt lebende Person, die neben der gemeinsamen Ehewohnung eine weitere Wohnung aus Gründen der Berufsausübung unterhalte, sei von Rechts wegen gehindert, sich für diese Wohnung trotz deren vorwiegender Nutzung mit dem Hauptwohnsitz zu melden und damit die Erhebung von Zweitwohnungssteuern zu vermeiden. Demgegenüber würden von der steuerlichen Belastung durch die Zweitwohnungssteuer solche Personen nicht erfasst, die nicht infolge einer ehelichen Bindung von der Verlegung ihres Hauptwohnsitzes an ihren Beschäftigungsort abgehalten würden.

Der Fall der Kläger unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von diesem Sachverhalt. Den Klägern war es nicht infolge einer für Eheleute geltenden Sonderregelung des Melderechts verwehrt, ihre Hauptwohnung dort zu erklären, wo sie sich aus beruflichen Gründen vorwiegend aufgehalten haben; durch die Meldung in X. mit Hauptwohnsitz hätten sie die Erhebung von ZwSt vermeiden können. Benutzen beide Eheleute sowohl die Wohnung am Familienwohnsitz als auch die weitere Wohnung außerhalb gemeinsam, besteht hinsichtlich der melderechtlichen Situation kein Unterschied zwischen Verheirateten oder Ledigen.

Weltanschauungs-Unterricht in NRW

Den vom Humanistischen Verband NRW angestrebten Weltanschauungsunterricht im Schulfach „Humanistische Lebenskunde“ an den öffentlichen Schulen in NRW wird es vorerst nicht geben. Der Verband hat seine Klage in der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2014 vor dem 19. Senat des Oberverwaltungsgerichts zurückgenommen (nichtamtliche Leitsätze).

OVG NRW, mdl. Verhandlung vom 14. Januar 2014
- Az.: 19 A 496/11 -

Damit reagierte der Verband auf die Mitteilung des Vorsitzenden, das Grundgesetz knüpfe die Einführung eines Unterrichtsfaches unter anderem daran, dass der Verband durch seine Verfassung und die Zahl seiner Mitglieder die Gewähr für eine dauerhafte Durchführung des Unterrichts biete. Dieses Erfordernis sei wegen des Planungs-, Organisations- und Kostenaufwands unverzichtbar, der mit der landesweiten Einführung eines neuen Unterrichtsfachs für den Staat verbunden sei.

Beim Kläger könne der Senat diese Voraussetzung nicht feststellen, weil der Verband es ablehne, die Zahlen seiner Mitglieder und ihrer schulpflichtigen Kinder vollständig mitzuteilen. Seine Begründung dafür sei nicht tragfähig, dass er es prinzipiell ablehne, nicht religionsmündige Kinder von Verbandsmitgliedern ohne ausdrückliche Entscheidungen ihrer Eltern zu Adressaten weltanschaulicher Bildung und Erziehung zu machen.

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