Heft Juni 2014

Schulfach Ethik in der Grundschule

Das Grundgesetz verpflichtet den Landesverordnungsgeber nicht dazu, ein Schulfach Ethik für diejenigen Schüler in der Grundschule vorzusehen, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen (nichtamtlicher Leitsatz).

BVerwG, Urteil vom 16. April 2014
- Az.: 6 C 11.13 -

Die Klägerin, Mutter konfessionsloser Schulkinder, hält die Einführung eines gesonderten Ethikunterrichts in der Grundschule für geboten. Es fehle an einem adäquaten Ersatzfach für den Religionsunterricht. Darin liege eine verfassungswidrige Benachteiligung gegenüber konfessionell gebundenen Schülern. Ihre Klage blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Bei der Einrichtung von Schulfächern verfüge der Staat über Gestaltungsfreiheit. Mit dem Verzicht auf die Einrichtung des Fachs Ethik in der Grundschule würden die Grenzen dieser Gestaltungsfreiheit nicht überschritten. Eine verfassungswidrige Benachteiligung gegenüber Schülern, die am Religionsunterricht teilnehmen, folge hieraus nicht. Das Fach Religion sei anders als das Fach Ethik durch das Grundgesetz vorgeschrieben. Daher liege ein Gleichheitsverstoß nicht vor.

Wartezeit vor dem Abschleppen vom Taxenstand

Eine kostenpflichtige Abschleppmaßnahme bei einem Fahrzeug, das verbotswidrig an einem mit einem absoluten Haltverbot ausgeschilderten Taxenstand (Verkehrs?)Zeichen 229 abgestellt wurde, darf regelmäßig auch ohne Einhaltung einer bestimmten Wartezeit eingeleitet werden (nichtamtlicher Leitsatz).

BVerwG, Urteil vom 9. April 2014
- Az.: 3 C 5.13 -

Der Kläger wollte die Aufhebung von Kostenbescheiden erreichen, mit denen er zur Zahlung von Abschleppkosten herangezogen worden war. Ein mit der Überwachung des ruhenden Verkehrs beauftragter Bediensteter der beklagten Stadt Frankfurt stellte um 19.30 Uhr fest, dass ein Reisebus des Klägers auf einem mit dem (Verkehrs?)Zeichen 229 ausgeschilderten Taxenstand abgestellt und dessen Fahrer nicht im Fahrzeug oder dessen Umgebung anzutreffen war.

Nachdem er einmal vergeblich versucht hatte, den Kläger über eine im Reisebus ausgelegte Mobilfunknummer telefonisch zu erreichen, ordnete er das Abschleppen des Busses an. Gegen 19.40 Uhr erschien der Fahrer am Reisebus und fuhr ihn wenig später weg. Daraufhin wurde die Abschleppmaßnahme noch vor dem Eintreffen des bestellten Abschleppfahrzeugs um 19.42 Uhr abgebrochen. Mit Bescheid machte die Beklagte gegenüber dem Kläger Kosten in Höhe von 513,15 Euro geltend; dieser Betrag setzte sich aus den vom Abschleppunternehmen in Rechnung gestellten Kosten für die Leerfahrt in Höhe von 446,25 Euro sowie Verwaltungsgebühren und Zustellkosten zusammen.

Die dagegen gerichtete Klage hat das VG Frankfurt abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof diese Entscheidung geändert und die Bescheide aufgehoben. Die dem Kostenbescheid zugrunde liegende Abschleppanordnung sei unverhältnismäßig gewesen. Der städtische Bedienstete hätte länger mit der Einleitung der Abschleppmaßnahme warten müssen. Die Wartezeit betrage an einem mit dem (Verkehrs?)Zeichen 229 ausgeschilderten Taxenstand im Allgemeinen 30 Minuten.

Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der Auffassung des Berufungsgerichts konnte nicht gefolgt werden. Wenn ein Fahrzeug entgegen dem sich aus dem (Verkehrs?)Zeichen 229 ergebenden absoluten Haltverbot an einem Taxenstand abgestellt wird, widerspreche es im Allgemeinen nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn dessen Abschleppen auch ohne die Einhaltung einer Wartefrist angeordnet wird. Der Verordnungsgeber messe der jederzeitigen bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit der Taxenstände eine hohe Bedeutung bei, wie auch die Verschärfung des früher an Taxenständen geltenden Parkverbots zu einem absoluten Haltverbot für Nichtberechtigte zeige.

Im Einzelfall könne es ausnahmsweise dann geboten sein, mit der Einleitung der Abschleppmaßnahme abzuwarten, etwa wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Abschleppanordnung konkrete Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Verantwortliche kurzfristig wieder am Fahrzeug erscheinen und es unverzüglich selbst entfernen wird. Das war hier nicht der Fall. Zwar hatte der Kläger seine Mobilfunknummer im Bus hinterlegt, doch war er bei dem unternommenen Versuch der telefonischen Kontaktaufnahme nicht erreichbar.

Kostenbeteiligung kreisangehöriger Kommunen nach SGB II

Satzungsregelungen des Kreises Wesel, wonach die kreisangehörigen Kommunen an den vom Kreis zu tragenden Kosten für die SGB II-Leistungen für Unterkünfte zu 15 Prozent direkt beteiligt werden sollen, soweit sie in der jeweiligen Kommune entstehen, sind unwirksam (nichtamtlicher Leitsatz).

VG Düsseldorf, Urteile vom 22. April 2014
- Az.: 21 K 3828/13 u. a. -

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat vorläufige Kostenbeteiligungsbescheide des Kreises Wesel für das Haushaltsjahr 2013/2014 teilweise aufgehoben. Mit diesen Bescheiden hatte der Kreis die kreisangehörigen Städte Kamp-Lintfort, Dinslaken, Moers, Voerde und Wesel zu einer Kostenbeteiligung von 15 % an den Aufwendungen aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende herangezogen, während die kleineren Kommunen des Kreises (Hamminkeln, Neukirchen-Vluyn, Rheinberg, Xanten, Alpen, Hünxe, Schermbeck, Sonsbeck) entsprechend entlastet wurden. Darüber hinausgehende Kosten für Leistungen nach dem SGB II verteilt der Kreis nach wie vor im Rahmen der Kreisumlage auf alle Kommunen. Gegen die Mehrbelastung haben sich die betroffenen Städte mit ihren Klagen gewehrt. Den Klagen der Kommunen hat die Kammer stattgegeben. Eine Klage der Stadt Voerde (21 K 4502/13) ist aus prozessualen Gründen noch anhängig.

Das Gericht hat festgestellt, dass die beiden den angegriffenen Bescheiden zugrunde liegenden Satzungen, die der Kreistag im September 2012 beschlossen hatte, unwirksam sind. Mit den Satzungsregelungen will der Kreis Wesel die kreisangehörigen Kommunen an den von ihm zu tragenden Kosten für die SGB II-Leistungen für Unterkünfte zu 15 % direkt beteiligen, soweit sie in der jeweiligen Kommune entstehen. Den 15 %-igen Beteiligungssatz beziffert der Kreis Wesel für sämtliche kreisangehörige Kommunen auf insgesamt 8.619.600,00 Euro. Für die kleineren Kommunen des Kreises Wesel ergibt sich daraus eine Minderbelastung, für die klagenden Kommunen jedoch eine Mehrbelastung.

Nach Auffassung der Kammer hat der vom Kreis festgelegte Zeitraum von weniger als einer Woche zwischen der Mitteilung der Regelungsabsicht und der entscheidenden Kreistagssitzung am 27. September 2012 angesichts der Bedeutung der Sache nicht ausgereicht, um sich mit den Kommunen ins Benehmen zu setzen. Diese seien auch nicht vollständig über den Satzungsinhalt informiert worden. Die Kammer hält es zudem nicht für ausreichend, dass die betreffenden Städte zusätzliche finanzielle Lasten stemmen sollen, ohne dass damit zusätzliche Aufgaben gegenüber den Sozialleistungsempfängern einhergehen. Die Berufung vor dem OVG NRW wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

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