Heft Juli-August 2002

Öffnungszeiten von Bäckereien und Immissionsschutz

Die für Verkaufsstellen für Bäckerwaren nach § 3 Abs. 1 Satz 2 LadschlG eröffnete Möglichkeit, die Ladenöffnungszeiten an Werktagen auf 5.30 Uhr vorzuverlegen, befreit den Betreiber nicht von der Einhaltung der Bestimmungen des § 22 Abs. 1 BImSchG i.V.m. den Immissionsrichtwerten der TA Lärm, die dem Lärmschutz - hier der Nachtruhe in einem allgemeinen Wohngebiet bis 6.00 Uhr - dienen.

OVG NRW, Beschluss vom 28.02.2002
- Az.: 21 B 771/01 -

Die Antragstellerin betreibt inmitten eines allgemeinen Wohngebietes eine Verkaufsstelle für Bäckerwaren, die an Werktagen ab 5.30 Uhr geöffnet ist. Wegen Anlieferungslärms zur Nachtzeit ordnete der Antragsgegner nach einer entsprechenden Lärmmessung unter Anordnung der sofortigen Vollziehung an, dass keinerlei Lärm verursachende Aktivitäten auf dem Betriebsgelände in der Nachtzeit zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr durchgeführt werden dürfen, die den Lärmrichtwert von 40 dB(A) gemäß Nr. 6.1 d TA Lärm am Immissionsort eines bestimmten Nachbarhauses überschreiten. Das VG hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung wiederherzustellen, abgelehnt. Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Die angefochtene Ordnungsverfügung greife nicht in das Recht der Antragstellerin ein, die Ladenöffnungszeiten für ihre Verkaufsstelle für Bäckerwaren grundsätzlich in Ausnutzung der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 2 Ladenschlußgesetz (LadschlG) an Werktagen auf 5.30 Uhr vorzuverlegen. Es verstehe sich aber von selbst, dass die Antragstellerin, wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, die geltenden Rechtsvorschriften im Übrigen einzuhalten habe. Dazu gehöre auch die Einhaltung der Bestimmungen des § 22 Abs. 1 BImSchG i.V.m. den Immissionsrichtwerten der TA Lärm, die dem konkreten Lärmschutz - hier der Nachtruhe in einem allgemeinen Wohngebiet bis 6.00 Uhr - dienen. Mit der angefochtenen Ordnungsverfügung sei die Einhaltung dieser Vorschriften unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Situation und der spezifischen betriebsbedingten Gegebenheiten der Warenanlieferung durchgesetzt worden.

Demgegenüber sichere das Ladenschlussgesetz mit anderer Zielrichtung in objektiv-rechtlicher und generell abstrakter Weise die Arbeitsruhe, vgl. im Zusammenhang mit dem Sonn-, und Feiertagsschutz etwa, OVG NRW, Urteile vom 16.2.1983 - 4 A 871/87 -, NJW 1983, 2209, und vom 15.4.1987 - 4 A 1527/86 -, NJW 1987, 2603, jeweils m.w.N.

Die speziell den Lärmschutz sichernden Bestimmungen werden durch das LadschlG nicht eingeschränkt. Das LadschlG diene schon im Ansatz nicht der Erweiterung der Möglichkeiten betrieblicher Betätigungen, sondern deren Begrenzung. Schon deshalb können sich aus ihm allenfalls zusätzliche, weiteren Lärmschutz faktisch bewirkende Beschränkungen ergeben.

Einführung einer Gebühr zur Friedhofs-Unterhaltung

Die nachträgliche Einführung einer Friedhofsunterhaltungsgebühr für Grabstellen, deren vertraglich vereinbarte Ruhezeit noch nicht abgelaufen ist, beurteilt sich nicht nach Art. 14 Abs. 1 GG.

BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2001
- Az.: BVerwG 9 BN 5.01 -

Die Frage, ob die Einführung einer Friedhofsunterhaltungsgebühr diejenigen Nutzungsberechtigten in ihrem Eigentumsrecht (Art. 14 GG) verletzt, die ihr Nutzungsrecht an einer Grabstelle aufgrund eines in der Vergangenheit geschlossenen "Grabstellenvertrages" erworben haben, ist auf der Grundlage der zu diesem Fragenkreis ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne weiteres zu verneinen. Die Frage, ob ein gegen Entgelt erworbenes Grabstellennutzungsrecht der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG unterfällt, ist vom Bundesverwaltungsgericht mit der Begründung verneint worden, es handele sich nicht um eine durch Arbeit oder Kapitaleinsatz geschaffene vermögenswerte Rechtsposition, sondern im Wesentlichen um eine von der öffentlichen Hand erbrachte Leistung. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass selbst ein insoweit entrichteter "Kaufpreis" nicht ein Entgelt für die Überlassung der Grabstelle, sondern nur einen Unkostenbeitrag darstellt, der dazu dienen soll, die Unterhaltung der Friedhofsanlage zu gewährleisten.

Die Verfassungsmäßigkeit der streitigen Friedhofsunterhaltungsgebühr beurteilt sich danach nicht nach Art. 14 Abs. 1 GG. Die Eigentumsgarantie schützt das Vermögen ohnehin nicht vor einer Auferlegung öffentlich-rechtlicher Geldleistungspflichten, solange diese nicht eine "erdrosselnde" Wirkung zeitigen.

Die Anknüpfung der Gebühr an bestehende Grabstellenverträge ist lediglich an dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Rückwirkungsverbot zu messen. Im vorliegenden Fall stellte sich die Frage nach einer - im echten Sinne - rückwirkenden Vertragsänderung aber nicht. Zur Frage, ob der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes eine sog. unechte Rückwirkung verbietet, hat das Normenkontrollgericht - nach Meinung des VerwG ebenfalls ohne erkennbaren Rechtsverstoß - festgestellt, es fehle "schon an einem in dieser Hinsicht vertrauensbildenden Tatbestand". Dafür spreche insbesondere, dass die Nutzungsberechtigten bei Abschluss der "Grabstellenverträge" sich einer Nutzungsordnung unterwarfen, die jederzeit geändert werden konnte.

Förderung auswärtiger Kindergartenplätze

Der Träger eines Kindergartens kann eine finanzielle Förderung von einem Träger der öffentlichen Jugendhilfe auch dann verlangen, wenn der Kindergarten zwar nicht in dessen Gebiet liegt, aber von Kindern aus diesem Gebiet besucht wird. (nichtamtlicher Leitsatz).

BVerwG, Urteile vom 25. April 2002
- Az.: - 5 C 16.01 u.a. -

In drei Streitfällen hatte das BVerwG darüber zu entscheiden, ob der Träger eines Kindergartens Förderung von einem Träger der öffentlichen Jugendhilfe verlangen kann, wenn der Kindergarten zwar nicht in dessen Gebiet liegt, aber von Kindern aus diesem Gebiet besucht wird. Der zunächst beklagte und nunmehr in der Region Hannover aufgegangene Landkreis hatte es abgelehnt, Einrichtungen außerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereiches bei der Jugendhilfeplanung und -förderung zu berücksichtigen. Das Oberverwaltungsgericht hatte zwar den Landkreis dem Grunde nach für verpflichtet gehalten, den klagenden Träger des Kindergartens insofern zu fördern, als der Kindergarten von Kindern aus dem ehemaligen Kreisgebiet besucht worden ist; es hatte aber die Förderung der Höhe nach auf verbliebene Defizite im jeweiligen Kindergartenjahr beschränkt.

Das BVerwG hat die drei Berufungsentscheidungen aufgehoben und die Sachen zur anderweitigen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses habe zwar zu Recht erkannt, dass auch eine Förderung von auswärtigen Kindergartenplätzen in Betracht komme. Die Förderung stehe aber nach § 74 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel im pflichtgemäßen Ermessen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe; dabei sei zu berücksichtigen, dass sich das Leistungsangebot pädagogisch und organisatorisch an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien orientieren solle (§ 22 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII). Bei der Förderung verschiedener Kindergartenträger seien unter Berücksichtigung ihrer Eigenleistungen gleiche Grundsätze und Maßstäbe anzulegen (§ 74 Abs. 5 SGB VIII). Das gelte auch für die Höhe der Förderung.

In einer vierten Streitsache (BVerwG 5 C 16.01) hat das BVerwG entschieden, dass Eltern vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht einkommensunabhängig die Übernahme des Teiles des Teilnahmebeitrages verlangen können, den der Träger des Kindergartens ihnen als Auswärtigenzuschlag in Rechnung stellt, weil er für diesen Kindergartenplatz - ob zu Recht oder zu Unrecht - keine institutionelle Förderung erhalten hat.

Schutz vor Abschiebung für Asylbewerber

Asylbewerber aus der Demokratischen Republik Kongo können sich in der Regel nicht mit Erfolg auf das Vorliegen von Abschiebungshindernissen berufen (nichtamtlicher Leitsatz).

OVG NRW, Urteil vom 18. April 2002
- Az.: 4 A 3113/95.A

Zur Begründung hat der Senat ausgeführt: Personen, die in der Demokratischen Republik Kongo und/oder in der Bundesrepublik Deutschland das Mobutu-Regime bekämpft haben, hätten wegen dieser Aktivitäten schon unter der Regierung Laurent Désiré Kabila nichts mehr zu befürchten; dass sich insoweit nach dem Regierungsantritt von Joseph Kabila etwas zum Nachteil der Asylsuchenden geändert habe, sei nicht ersichtlich.

Eine Verfolgungsgefahr wegen exilpolitischer Aktivitäten gegen die Regierungen L.D. Kabila und/oder J. Kabila bestehe nicht, wenn sich diese Aktivitäten auf die bloße Mitgliedschaft in einer Oppositionspartei oder auf darüber hinausgehende normale Parteiaktivitäten beschränkten, wie etwa die Teilnahme an gegen die Kabila-Regierungen gerichteten Demonstrationen und Kundgebungen, selbst wenn dabei für die Öffentlichkeit bestimmte regimekritische Flugblätter verteilt und Resolutionen verfasst würden. Entsprechendes gelte für das Verfassen von Zeitungsartikeln oder Schreiben an Regierungsstellen bzw. an den jeweiligen Präsidenten, auch wenn in diesen eine Gegnerschaft zum bestehenden Regime zum Ausdruck gebracht werde.

Weder die schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen in der Demokratischen Republik Kongo in Folge der mangelhaften Ernährung und der medizinischen Versorgung noch die für die Rückkehrer aus Deutschland erhöhte Gefahr einer Malariaerkrankung rechtfertigen die Annahme einer extremen Gefahrenlage, so dass in der Regel die Abschiebung nicht auszusetzen sei.

Verbot neuer Ölfeuerungsanlagen

Im Bebauungsplan kann festgestellt werden, dass in einem Wohngebiet keine neuen Ölfeuerungsanlagen errichtet werden dürfen (nichtamtlicher Leitsatz).

OVG Niedersachsen, Urteil vom 14. Januar 2002<
- Az.: - 1 KN 468/01 -

Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB können im Bebauungsplan aus städtebaulichen Gründen Gebiete festgesetzt werden, in denen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte luftverunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen.

Die Gemeinde hatte im vorliegenden Fall im Bebauungsplan textlich festgesetzt, dass im Plangebiet in Verbrennungsanlagen, die neu errichtet, erweitert oder umgebaut werden, Kohle, Öl und Abfälle aller Art weder zu Heiz- und Feuerungszwecken noch zum Zwecke der Beseitigung verbrannt werden dürfen.

Das OVG hat den Antrag, diese Festsetzung für nichtig zu erklären, abgelehnt. An das Gewicht der städtebaulichen Gründe für die Festsetzung eines Gebietes im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB sind nach Auffassung des Gerichts keine hohen Anforderungen zu stellen, weil eine solche Festsetzung den (künftigen) Eigentümern der Grundstücke im Plangebiet keine großen Belastungen auferlegt und sie in der Praxis nur bei Bildung größerer zusammenhängender Gebiete sinnvoll sein kann. Die Festsetzung muss aber städtebaulich motiviert vernünftigerweise geboten sein und darf nicht generell aus Sorge um das Weltklima erfolgen.

© StGB NRW 2002

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