Heft Januar-Februar 2014

BVB-Fahne im Wohngebiet

Ein Fahnenmast mit einer Fahne eines Bundesliga-Fußballvereins stellt keine wohngebietsfremde Nutzung dar. In dem Aufstellen des Masts liegt keine eigene gewerbliche Betätigung. Die aufgezogene Fahne bringt lediglich die innere Verbundenheit mit dem Fußballclub zum Ausdruck (nichtamtliche Leitsätze).

VG Arnsberg, Urteil vom 15. Juli 2013 (nicht rechtskräftig)
- Az.:
8 K 1679/12 -

Im Streit um die in einem Wohngebiet der Stadt Hemer gehisste Fahne des Fußballclubs Borussia Dortmund hat das Verwaltungsgericht die Beseitigungsklage eines Nachbarn abgewiesen.

BVB-Fans hatten die ca. 1 x 2 m große Fahne an einem etwa 5 m hohen Fahnenmast im hinteren Teil ihres Grundstücks angebracht. Die Kläger, deren Grundstück rund 11,50 m von dem Fahnenmast entfernt ist, verlangten - erfolglos - bauaufsichtliches Einschreiten von der Stadt Hemer. Sie machten u. a. geltend, dass die Fahne eine im Wohngebiet unzulässige Werbeanlage für den BVB als börsennotiertes Unternehmen darstelle und von ihr unzumutbare Störungen durch Lärm und Schlagschatten ausgingen.

Das Verwaltungsgericht folgte der Argumentation der Kläger nicht. Der Fahnenmast mit der BVB-Fahne stelle keine wohngebietsfremde Nutzung dar. In dem Aufstellen des Masts liege keine eigene gewerbliche Betätigung. Auch handele es sich nicht um eine Werbeanlage im baurechtlichen Sinne, weil der Mast nicht als Träger für wechselnde Werbung vorgesehen sei; die aufgezogene Fahne bringe lediglich die innere Verbundenheit mit dem BVB zum Ausdruck. Mast und Fahne seien eine im Wohngebiet zulässige Nebenanlage. Von dieser gingen auch keine unzumutbaren Beeinträchtigungen aus. Dass die Fahne gerade bei Nässe und starkem Wind nicht unerhebliche Geräusche verursache, führe nicht zu einem Einschreitensanspruch der Kläger.

Die Eigentümer des Nachbargrundstücks hätten glaubhaft versichert, die Fahne bei entsprechenden Wetterlagen einzuholen. Selbst wenn dies gelegentlich versäumt werde, sei ein zumutbares Maß an Beeinträchtigungen nicht überschritten. Auch der Blick auf die flatternde Fahne begründe keine unzumutbare Störung der Kläger. Nicht anders als bei den Lebensäußerungen der Bewohner selbst und den durch die Gartennutzung üblicherweise entstehenden Geräuschen gehe es auch hier um gelegentlich auftretende Beeinträchtigungen, die mit der Wohnnutzung zusammenhingen und im Nachbarschaftsverhältnis grundsätzlich hingenommen werden müssten.

Sondernutzungs-Erlaubnis für Gruppen-Tandems

Eine Sondernutzung von Straßen liegt vor, wenn jemand die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken benutzt. Bei Anwendung dieser Vorgaben ist die vom Antragsteller begehrte pauschale Feststellung, dass jede Nutzung der Tandems mit 12, 14, 15, 22 Sitzplätzen keiner Sondernutzungserlaubnis bedürfe, nicht möglich (nichtamtliche Leitsätze).

VG Münster, Beschluss vom 28. Mai 2013
- Az.:
8 L 229/13 -

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt, im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festzustellen, dass die Benutzung von Tandems mit 12, 14, 15, 22 Sitzen des Antragstellers auf den öffentlichen Straßen im Stadtgebiet Münsters keiner straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis bedarf.

Der Antragsteller vermietet mehrere so genannte Gruppenfahrräder mit 2 bis 22 Sitzplätzen unter anderem für Betriebsfeiern und Familienausflüge. Die Fahrzeuge sind überdacht und mit Beleuchtung, Stauraum für Proviant und einem Getränkehalter an jedem Sitzplatz versehen.

Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Gericht im Wesentlichen aus: Eine Sondernutzung von Straßen liege nach den gesetzlichen Vorgaben vor, wenn jemand die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken benutze. Bei Anwendung dieser Vorgaben sei die vom Antragsteller begehrte pauschale Feststellung, dass jede Nutzung der Tandems mit 12, 14, 15, 22 Sitzen keiner Sondernutzungserlaubnis bedürfe, nicht möglich. Vielmehr komme es auf die objektiven Umstände des Einzelfalls an. Hier sei nicht erheblich, dass die vom Antragsteller beschriebenen Tandems - anders als die so genannten „Bier-Bikes“ - nicht mit einem Bierfass, einer Zapfanlage, einer Soundanlage mit CD-Player und/oder einem überdachten Tisch ausgestattet seien.

Das Fehlen dieser Bestandteile schließe nicht aus, dass die Tandems zu anderen Zwecken als Verkehrszwecken genutzt werden könnten und im Einzelfall auch zu solchen anderen Zwecken genutzt würden. Die Bauart der Fahrzeuge möge zwar nicht in derselben Art wie die Bauart der „Bier-Bikes“ auf eine Nutzung zu Partyzwecken ausgerichtet sein. Die Bauart der Tandems mit 12, 14, 15, 22 Sitzen schließe aber nicht ihre Eignung aus, sie (auch) als Mittel für Partys, Feiern oder ähnliche Veranstaltungen zu nutzen.

Leerfahrt eines Abschleppfahrzeugs

1. Die Kosten für eine Leerfahrt sind dem vor dem eingeleiteten Abschleppvorgang erschienenen Störer ohne Weiteres zuzurechnen, wenn das Abschleppfahrzeug konkret für sein Fahrzeug angefordert worden ist.

2. Kosten für eine Leerfahrt dürfen jedoch ausnahmsweise dann nicht erhoben werden, wenn das Abschleppfahrzeug ohne Einbußen für eine effektive Aufgabenerfüllung auf Kosten eines anderen Pflichtigen unmittelbar anderweitig eingesetzt werden kann.

OVG NRW, Beschluss vom 10. Juli 2013
- Az.: 5 A 1687/12 -

Um den reibungslosen Ablauf eines Autocorsos sicherzustellen, hatte die Beklagte weiträumig über ganze Straßenzüge zeitlich beschränkte absolute Haltverbote verhängt und ausgewiesen. Kurz vor Veranstaltungsbeginn war noch eine Vielzahl von Kraftfahrzeugen in diesen Bereichen verbotswidrig abgestellt. Mehrere Außendienstmitarbeiter stellten die Parkverstöße fest und forderten sodann für konkret abzuschleppende Fahrzeuge bestimmte Abschleppwagen an.

Nach Anforderung des Abschleppdienstes für das Fahrzeug des Klägers erschien dieser und fuhr seinen Wagen selbst weg. Er wandte sich gegen die Erstattungsforderung der Beklagten für die Kosten der Leerfahrt mit der Begründung, der Abschleppwagen hätte unmittelbar für ein anderes Fahrzeug eingesetzt werden können. Das VG wies die Klage ab. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hatte hinsichtlich der Kosten für die Leerfahrt Erfolg. Nach Zulassung der Berufung wurde der Kläger insoweit klaglos gestellt.

Hinsichtlich der Annahme des VG, der Kläger sei zu Recht zur Zahlung der Kosten für die Leerfahrt herangezogen worden, bestehen aus den vom Kläger dargelegten Gründen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Er rügt eine unzulässige doppelte Abrechnung der Kosten für die Anfahrt des zum Abschleppen seines Fahrzeugs beauftragten Abschleppfahrzeugs, weil dieses wenige Minuten nach seinem Eintreffen ein anderes Fahrzeug abgeschleppt habe. Dieser Sachverhalt ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der Kläger unter den konkreten Umständen des Falles nur deshalb mit den Kosten einer Leerfahrt belastet werden durfte, weil das Abschleppfahrzeug ursprünglich konkret für sein Fahrzeug angefordert worden ist.

Das VG ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Kosten für eine Leerfahrt dem vor dem eingeleiteten Abschleppvorgang erschienenen Störer ohne Weiteres zuzurechnen sind, wenn das Abschleppfahrzeug konkret für sein Fahrzeug angefordert worden ist. Bereits hierdurch tritt die Kostenpflicht des Fahrzeughalters ein, die grundsätzlich nachträglich nicht entfällt.

Trotz einer derart konkreten Zuordnung eines Abschleppfahrzeugs zu einem abzuschleppenden Fahrzeug können Leerfahrt-Kosten jedoch ausnahmsweise nicht erhoben werden, wenn das Abschleppfahrzeug ohne Einbußen für eine effektive Aufgabenerfüllung auf Kosten eines anderen Pflichtigen unmittelbar anderweitig eingesetzt werden kann. Dann erweist sich die zusätzliche Berechnung von Kosten für eine Leerfahrt nämlich als nicht mehr erforderlich, weil die Anfahrt des Abschleppfahrzeugs dem Verantwortlichen für das benachbart geparkte, unmittelbar anschließend tatsächlich abgeschleppte Fahrzeug zu Gute kommen und diesem gegenüber in Rechnung gestellt werden kann. Werden in einem solchen Fall die Kosten für die Anfahrt über eine Pauschale für eine Leerfahrt ein weiteres Mal in Ansatz gebracht, widerspricht dies dem Gebot der Verhältnismäßigkeit nach § 58 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW, wonach das Zwangsmittel möglichst so zu bestimmen ist, dass der Einzelne und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt werden.

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