Heft Dezember 2016

Aufnahme von Fundkatzen

Zur notwendigen Eigenschaft eines Fundtiers im Sinne der §§ 965 ff. BGB, das von einer Gemeinde gemäß § 967 BGB in Verwahrung zu nehmen ist. (Orientierungssatz)

OVG NRW, Beschluss vom 01.08.2016
- Az. 5 B 1265/15 -

Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster hat im Wege vorläufigen Rechtsschutzes in zweiter Instanz die Verpflichtung einer Gemeinde bestätigt, eine vom Antragsteller gefangene Hauskatze vorläufig als Fundsache in Verwahrung zu nehmen. Die besondere Eilbedürftigkeit folge bereits daraus, weil dem Antragsteller eine tierschutzgerechte Unterbringung des Tieres nicht möglich sei.

Das Gericht widersprach der Rechtsauffassung der Gemeinde, für die Annahme, es handele sich um ein Fundtier und kein herrenloses Tier, reiche es nicht aus, die fehlende Herrenlosigkeit des Tieres im Sinne des § 959 BGB bloß zu vermuten, sondern für eine Annahmepflicht der Fundbehörde müsse diese und damit die Eigenschaft als Fundsache positiv feststehen.

Das Gericht stellt zwar klar, dass Sachen - und damit gem. § 90 a BGB auch Tiere - dann verloren seien, wenn sie besitzlos, aber nicht herrenlos sind. Die fragliche, in einer Lebendfalle gefangene Katze sei aber nicht als herrenlos anzusehen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Katze ein herrenloses Wildtier i. S. d. § 960 BGB oder gemäß § 959 BGB ausgesetzt worden sei.

Wilde Tiere seien nur solche Tiere, die keine Haustiere sind, d. h. Tiere, die normalerweise (gattungsmäßig) unter menschlicher Herrschaft lebten. Bei der gefangenen Katze handele es sich um eine Europäische Kurzhaarkatze und nicht um eine Europäische Wildkatze. Europäische Kurzhaarkatzen würden aber regelmäßig als Haustiere gehalten und seien keine Wildtiere, auch wenn sie herumstreunten oder sogar verwilderten.

Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte dafür, dass das Tier gemäß § 959 BGB herrenlos geworden sei, indem der Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz der Sache aufgebe (sog. Dereliktion). Eine solche könne nur angenommen werden, wenn sie offensichtlich sei, wenn also die Umstände der Auffinde-Situation eindeutig auf einen Willen zur Eigentumsaufgabe schließen ließen.

Hier sprächen die Umstände des Auffindens und zusätzliche Indizien wie das Verhalten und der Allgemeinzustand der Katze vielmehr gegen einen Willen des Berechtigten zur Eigentumsaufgabe. Eine Herrenlosigkeit des Tieres habe das Verwaltungsgericht mit dem Hinweis auf den guten Ernährungszustand der Katze, ihr gepflegtes Erscheinungsbild und ihr menschlichen Kontakt suchendes Verhalten zu Recht verneint.

Für eine Eigentumsaufgabe spreche insbesondere nicht, dass sich die Katze in einer Lebendfangfalle verfangen hat, die mehrere Kilometer außerhalb der Wohnbebauung aufgestellt worden sei. Allein aus der Entfernung lasse sich nicht schließen, dass die Katze keinen Eigentümer (mehr) hatte. Katzen, die als Freigänger gehalten würden, könnten sich auch noch in einem Radius von mehreren Kilometern um die Wohnbebauung aufhalten.

Das Auffinden in einer Lebendfangfalle spreche vielmehr für die Annahme eines Fundtiers. Typisches Indiz für ein gefundenes Tier sei nämlich, dass es sich in einer hilflosen Lage befinde und aus eigener Kraft trotz seines Wollens nicht zum Eigentümer oder Besitzer zurückkehren könne. Wenn - wie hier - eine Dereliktion aufgrund der äußeren Umstände offensichtlich nicht angenommen werden könne, sei es sowohl im Interesse eines möglichen Verlierers der Katze als auch im Interesse eines Tieres, das als Hauskatze auf eine Inobhutnahme durch den Menschen angewiesen ist, dieses als Fundtier zu behandeln.

Erhebung von Straßenbaubeiträgen

Wenn nach dem Wortlaut des bayerischen Kommunalabgabengesetzes für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen Beiträge erhoben werden „sollen“, so hat dies nur in atypischen Ausnahmefällen keinen verbindlichen Charakter. (Orientierungssatz)

BayVGH, Urteil vom 09.11.2016
- Az. 6 B 15.2732 -

Mit Urteil vom 09.11.2016 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in zweiter Instanz bestätigt, dass das Landratsamt München zu Recht die Aufhebung der gemeindlichen Straßenausbaubeitragssatzung beanstandet habe.

Nach dem Wortlaut des bayerischen Kommunalabgabengesetzes „sollen“ für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen Beiträge erhoben werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts habe „sollen“ aber grundsätzlich verbindlichen Charakter, es sei denn, es liege ein atypischer Ausnahmefall vor. Ob dies der Fall sei, lasse sich nur im Einzelfall beurteilen.

Von Bedeutung sei bei dieser Beurteilung, dass die Gemeindeordnung die Reihenfolge festlege, nach der sich Städte und Gemeinden ihre erforderlichen Einnahmen zu beschaffen hätten. Hiernach seien Steuern und Kredite gegenüber der Erhebung von Beiträgen nachrangig. Der Gesetzgeber gehe insoweit von dem Grundsatz aus, dass derjenige, der durch eine kommunale Einrichtung einen Sondervorteil erhalte - hier also der jeweilige Eigentümer eines an der Straße gelegenen Grundstücks - die entstehenden Kosten in vertretbarem Umfang tragen solle.

Danach verbleibe nur ein sehr begrenzter Bereich, innerhalb dessen eine Gemeinde auf den Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung überhaupt verzichten könne. Vor allem genüge es nicht, dass eine Gemeinde haushaltsmäßig mehr oder weniger gut dastehe und sich den Beitragsausfall finanziell „leisten“ könne.

Eine atypische Situation komme demgegenüber nur in Betracht, wenn die Gemeinde die Reihenfolge der Einnahmequellen einhalte und trotz des Beitragsverzichts sowohl die stetige Aufgabenerfüllung als auch die dauernde Leistungsfähigkeit sichergestellt seien. In Betracht zu ziehen sei eine atypische Situation ferner, wenn der Verwaltungsaufwand für die Beitragserhebung die Einnahmen aus den Beiträgen so wesentlich übersteige, dass durch den Verzicht auf die Beitragserhebung eine Kosteneinsparung ermöglicht werden könne.

Im zu entscheidenden Fall habe aber keine solche atypische Situation vorgelegen. Der Haushalt der Gemeinde sei auch mittelfristig nicht unerheblich kreditfinanziert. Zudem erziele die Gemeinde einen wesentlichen Teil ihrer Einnahmen aus gemeindlichen Steuern, insbesondere aus der Gewerbesteuer. Schließlich sei nicht ersichtlich, dass die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für die Gemeinde generell nur defizitär durchgeführt werden könne.

Durch den beabsichtigten Verzicht auf die Beitragserhebung verlagere die Gemeinde die Finanzierung von Straßenbaumaßnahmen von den Begünstigten auf die Allgemeinheit, insbesondere auf die Steuerpflichtigen. Dass den Gemeinden gerade wegen des Nachrangs der Steuereinnahmen hinter den Beitragseinnahmen in aller Regel der Verzicht auf eine Straßenausbaubeitragssatzung verwehrt sein dürfte, entspreche dem Zweck des Gesetzes.

Das Gericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision kann beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Beschwerde eingelegt werden.

Das Urteil ist noch nicht veröffentlicht.

Aufruf Licht-Aus durch Oberbürgermeister

Der Aufruf des Düsseldorfer Oberbürgermeisters, am 12. Januar 2015, das Licht auszuschalten, sowie auch das tatsächliche Abschalten der Beleuchtung an öffentlichen Gebäuden der Stadt waren rechtswidrig, die Bitte zur Teilnahme an einer Gegendemonstration war hingegen rechtmäßig. (Orientierungssatz)

OVG NRW, Urteil vom 04.11.2016
- Az. 15 A 2293/15 -

Die Klägerin war verantwortliche Leiterin einer für den 12.01.2015 in Düsseldorf angemeldeten Versammlung mit dem Motto „Düsseldorfer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. In Bezug auf diese Versammlung hatte der Düsseldorfer Oberbürgermeister vom 07. bis zum 11.01.2015 auf der Internetseite www.duesseldorf.de die Erklärung veröffentlicht: „Lichter aus! Düsseldorf setzt Zeichen gegen Intoleranz“.

Der Oberbürgermeister kündigte mit der Erklärung an, dass am 12. Januar 2015 ab 18.25 Uhr an verschiedenen öffentlichen Gebäuden der Stadt die Beleuchtung ausgeschaltet würde. Zugleich rief er Düsseldorfer Bürger und Geschäftsleute dazu auf, die Beleuchtung an ihren Gebäuden ebenfalls auszuschalten, um ein „Zeichen gegen Intoleranz und Rassismus“ zu setzen.

Außerdem bat der Oberbürgermeister in der Erklärung um die Teilnahme an der parallel stattfindenden Gegendemonstration „Düsseldorfer Bürgerinnen und Bürger für Demokratie und Vielfalt - Mit rheinischer Toleranz gegen Ausgrenzung und Hass“. Die angekündigte Abschaltung der Beleuchtung an öffentlichen Gebäuden der Beklagten wie dem Rathaus, dem Rheinturm und dem Schlossturm fand am genannten Datum auch tatsächlich statt.

In seiner mündlichen Urteilsbegründung beurteilt das Gericht die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahmen gerichtete Klage als zulässig. Die Klägerin habe wegen des durch die Erklärung getätigten Eingriffs in ihre Versammlungsfreiheit ein berechtigtes Interesse daran gehabt, deren Rechtmäßigkeit in einem Hauptsacheverfahren überprüfen zu lassen.

Die Klage habe im Ergebnis jedoch nur insoweit Erfolg, als die Klägerin sich gegen den „Licht-Aus“-Aufruf und dessen Umsetzung durch die Stadt wende. Diese habe gegen das Sachlichkeitsgebot verstoßen. Mit ihr habe der Oberbürgermeister seine Befugnis, sich in sachlicher Weise mit Geschehnissen im Stadtgebiet von Düsseldorf auseinanderzusetzen, überschritten. Er habe den auf geistige, diskursive Auseinandersetzung beschränkten Bereich politischer Kommunikation verlassen.

Demgegenüber sei seine Bitte, an einer zeitgleichen - friedlichen - Gegendemonstration teilzunehmen, nicht als unsachlich zu qualifizieren. Dieser Aufruf sei weder diffamierend gewesen noch habe er die Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit durch die Klägerin in erheblicher Weise erschwert. Auch habe er damit das Neutralitätsgebot nicht verletzt. Dieses gelte nämlich grundsätzlich nur gegenüber politischen Parteien.

Der zuständige Senat hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen, weil der Fall grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen hinsichtlich des Inhalts und der Grenzen der grundrechtsrelevanten Äußerungsbefugnisse eines Oberbürgermeisters gegenüber politischen Bewegungen aufwerfe, die keine politischen Parteien seien.

Das Urteil ist noch nicht veröffentlicht.

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