Heft August 2000

Vorschlagsrecht für eine Schulleiterstell

Der Schulträgervorschlag ist lediglich ein Gesichtspunkt bei der zu treffenden Auswahlentscheidung für die Besetzung einer Schulleiterstelle, der im Kollisionsfall hinter dem Ernennungsrecht der Anstellungsbehörde zurücktreten muß. Die Bindung an den Grundsatz der Bestenauslese hat zur Folge, daß der Vorschlag eines Schulträgers abgelehnt werden muß, wenn einer von mehreren Bewerbern besser qualifiziert ist als die übrigen (nichtamtlicher Leitsatz).

- OVG NW, Urteil vom 19.11.1999
– Az.: 19 A 5358/98 -

Der klagende Schulträger rügt, daß die Anstellungsbehörde bei der Auswahl unter verschiedenen Bewerbern für das Amt einer Schulleiterstelle nicht nur auf das in den aus Anlaß der Bewerbung um die frei gewordene Schulleiterstelle erteilten dienstlichen Beurteilungen (sog. Bedarfsbeurteilungen) der Beigeladenen, sondern auch darauf abgestellt hat, daß eine der Beigeladenen zwar nicht hinsichtlich des Gesamturteils, aber nach dem Inhalt ihrer Bedarfsbeurteilung über einen "Amtsvorsprung" verfüge, weil sie bereits seit einiger Zeit die Funktion einer Schulleiterin ausübe.

Nach Auffassung des Gerichtes besteht jedoch auf der Grundlage der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften sowie der zum Schulträgervorschlagsrecht (vgl. § 21 a) Schulverwaltungsgesetz NW) und zum Beamtenrecht ergangenen Rechtsprechung kein Zweifel daran, daß die Beklagte bei ihrer Entscheidung über die Besetzung der frei gewordenen Schulleiterstelle berechtigt war und ist, auch auf den Inhalt der den Beigeladenen erteilten Bedarfsbeurteilungen abzustellen.

Nach § 21 a) Abs. 3 Satz 1 SchVG NW ist über die Besetzung von Schulleiterstellen an Schulen, deren Träger Gemeinden oder Gemeindeverbände sind, im Rahmen der dienstrechtlichen und schulrechtlichen Vorschriften zu entscheiden und hierbei der Vorschlag des Schulträgers zu würdigen. Dieser Schulträgervorschlag sei jedoch nur ein Gesichtspunkt bei der zu treffenden Auswahlentscheidung, der im Kollisionsfall hinter dem Ernennungsrecht der Anstellungsbehörde zurücktreten muß. Nur mit diesem Inhalt stehe das Schulträgervorschlagsrecht mit dem Ernennungsrecht der Landesregierung nach Artikel 58 der Landesverfassung im Einklang.

Bei der Auswahlentscheidung ist der Grundsatz der Bestenauslese zu beachten, so daß Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber zu bewerten und zu vergleichen sind. Die Bindung an den Grundsatz der Bestenauslese habe aber zur Folge, daß der Vorschlag eines Schulträgers abgelehnt werden muß, wenn einer von mehreren Bewerbern besser qualifiziert ist als die übrigen. Nur wenn die Bewerber im wesentlichen gleich qualifiziert seien und damit ein Auswahlermessen bestünde, komme dem Schulträgervorschlag bei der Besetzung von Schulleiterstellen wesentliches Gewicht zu.

Blumenkübel am Straßenrand und Verkehrssicherungspflicht

Zur Verkehrsberuhigung durch den Straßenbaulastträger am Straßenrand aufgestellte Blumenkübel stellen keine Verkehrshindernisse im Sinne des § 32 StVO dar (nichtamtlicher Leitsatz).

- OLG Saarbrücken, Urteil vom 25.03.1999
– Az.: 3 U 863/98 -

Der beklagte Straßenbaulastträger hatte am Straßenrand zur Gestaltung der Straße bzw. zur Verkehrsberuhigung Blumenkübel aufgestellt. Der Kläger war mit seinem Auto gegen einen solchen zur Verkehrsberuhigung aufgestellten Blumenkübel gefahren und verlangte Schadensersatz aus Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 823 Abs. 2 BGB) vom Straßenbaulastträger.

Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Maßnahmen des Trägers der Straßenbaulast zur Gestaltung der Straße, die im Rahmen der baulichen Gestaltung und Veränderung, zur Verkehrsberuhigung oder zur Durchsetzung von Geschwindigkeitsbeschränkungen bewußt und gezielt getroffen worden seien, könnten nicht als verkehrsfremde Gegenstände angesehen werden.

Mit dieser Auffassung weicht das Gericht von der Rechtsprechung zahlreicher anderer Gerichte ab.

Entlassung eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit

Eine Entlassungsverfügung, die ohne die Unterrichtung nach § 78 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 Bundespersonalvertretungsgesetz ergangen ist, ist rechtswidrig (nichtamtlicher Leitsatz).

- BVerwG, Urt. v. 09.12.1999
- Az.: 2 C 4.99 -

Die Klägerin war mit Wirkung vom 01.10.1990 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Bundesbahnsekretärin ernannt worden und im Januar 1999 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen worden. Nach dem Auftreten häufiger Fehlzeiten kam der Amtsarzt in mehreren Stellungnahmen im Dezember 1994 zu dem Ergebnis, daß die Klägerin dauernd dienstunfähig im Sinne des § 42 BBG ist. Daraufhin teilte ihr der Beklagte mit, er beabsichtige, sie in den Ruhestand zu versetzen. Nach der Einverständniserklärung seitens der Klägerin verfügte der Beklagte die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 30.04.1995, wobei die Klägerin gleichzeitig darauf hingewiesen worden ist, daß sich der Personalrat auf ihren Antrag hin mit ihrer Versetzung in den Ruhestand befassen könne. Auf einen solchen Antrag verzichtete die Klägerin.

Im Februar 1995 hob der Beklagte die Ruhestandsverfügung auf, da die Klägerin die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 BeamtVG nicht erfüllte, da sie weder eine ruhegehaltsfähige Dienstzeit von mindestens 5 Jahren abgeleistet noch sich eine Beschädigung bei Ausübung oder aus Veranlassung des Dienstes zugezogen hatte. Der Beklagte erklärte, er beabsichtige, die Klägerin wegen Dienstunfähigkeit zum 30.06.1995 aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen und tat dies schließlich mit Bescheid vom 28.08.1995.

Das Bundesverwaltungsgericht erklärt diese Entlassungsverfügung für rechtswidrig, da bei der Entlassung der Klägerin auf ihren Antrag hin die zuständige Personalvertretung mitzuwirken hatte. Diese Mitwirkungsmöglichkeit ergibt sich aus § 78 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift besteht eine Mitwirkungsmöglichkeit des Personalrates zwar nur bei der Versetzung in den Ruhestand.

Angesichts der schwerwiegenden Rechtsfolgen des § 34 BBG und des Verlustes der Chance, bei der Wiedereinstellung der Dienstfähigkeit erneut in das Beamtenverhältnis berufen zu werden, sei für den Beamten auf Lebenszeit, der vor Erreichen der Wartezeit dienstunfähig geworden ist, die insoweit vorgesehene Rechtsfolge wesentlich gravierender als für den Beamten, der sich das Ruhegehalt bereits verdient hat. Daher erstrecke sich der Schutzzweck des § 78 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG über den Wortlaut hinaus auf alle Maßnahmen, die mit dem Ziel der Beendigung des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit wegen Dienstunfähigkeit getroffen werden.

Die Mitwirkung des Personalrates sei daher auch bei der Kündigung eines Beamten auf Lebenszeit möglich gewesen. Zwar habe die Klägerin den für die Mitwirkung des Personalrates erforderlichen Antrag nicht gestellt. Das Entlassungsverfahren ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts dennoch fehlerhaft durchgeführt worden, da der Beklagte die Klägerin auf die Möglichkeit der Antragstellung hätte hinweisen müssen.

Der Hinweis des Beklagten über die Mitwirkungsmöglichkeit anläßlich der geplanten Versetzung in den Ruhestand ersetze zudem die Hinweispflicht hinsichtlich der Entlassung der Klägerin nicht. Bei der Versetzung in den Ruhestand und der Entlassung handele es sich um unterschiedliche Tatbestände, die jeweils einen eigenständigen Hinweis erforderlich machen.

Kinderspielplatz im Wohngebiet

Auch in einem reinen Wohngebiet ist ein Kinderspielplatz als sozialadäquate Ergänzung der Wohnbebauung zulässig (nichtamtlicher Leitsatz).

- VG Karlsruhe, Beschluss vom 04.02.2000
Az.: – 6 K 3517/99 -

In dem entschiedenen Fall ging es um die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Kinderspielplatzes in einem reinen Wohngebiet. Das VG ließ offen, ob der Kinderspielplatz mit den Festsetzungen der für diesen Bereich geltenden Bebauungspläne vereinbar sei. Maßgeblich sei alleine, ob der Kinderspielplatz gegen das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme verstoße.

Nach Ansicht des VG ist der Spielplatz gegenüber den Anwohnern nicht rücksichtslos, vielmehr sei in einem reinen Wohngebiet ein Kinderspielplatz als sozialadäquate Ergänzung der Wohnbebauung zulässig. Ein Kinderspielplatz sei eine für eine altersgemäße Entwicklung eines Kindes wünschenswerte, wenn nicht gar erforderliche Einrichtung, um einem Kind einen von Beeinträchtigungen der Umwelt weitgehend ungestörten Aufenthalt im Freien zu ermöglichen und ihm u.a. Gelegenheit zu geben, sein Sozialverhalten im Spiel mit anderen Kindern zu trainieren. Gerade Kinderspielplätze, die vorwiegend von Kindern bis 14 Jahren besucht würden, gehörten in die unmittelbare Nähe einer Wohnbebauung, um den Bedürfnissen der Kinder sowie etwaiger Betreuungspersonen zu genügen.

Die mit einer bestimmungsgemäßen Nutzung des Kinderspielplatzes einhergehenden Beeinträchtigungen der näheren Umgebung – wie z.B. Geräuscheinwirkungen – seien ortsüblich und sozialadäquat und daher von den Nachbarn hinzunehmen. Gegen eine eventuell auftretende mißbräuchliche Nutzung habe die Stadt geeignete und angemessene Vorkehrungen zu treffen und ggf. einzuschreiten.

Weisung zur Abstufung einer Straße

Die Verwaltungszuständigkeit für "Bundesautobahnen und sonstige Bundesstraßen des Fernverkehrs" im Sinne von Art. 90 Abs. 2 GG reicht jedenfalls nicht weiter als die damit korrespondierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für "den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG. Dies begrenzt zugleich die Weisungsbefugnis im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung.

- BVerfG, Urt. v. 03.07.2000
- Az.: 2 BvG 1/96 -

In dem Rechtsstreit zwischen dem Bund und dem Land Schleswig-Holstein ging es um die bundesaufsichtliche Weisung, ein Teilstück der Bundesstraße B 75 zwischen Lübeck und Bad Oldesloe in eine Straße nach Landesrecht herabzustufen. Bund und Länder tragen jeweils die Straßenbaulast für ihre Straßen. Die Verwaltung der Bundesfernstraßen obliegt dabei nicht dem Bund, sondern ist jeweils dem Land, auf dessen Gebiet sie verlaufen, übertragen. Für die Bundesfernstraßen ordnet das Grundgesetz die Auftragsverwaltung an, die Länder unterliegen hier der Weisung des Bundes.

Verliert eine Bundesfernstraße die ihr nach § 1 FStrG eigentümliche Verkehrsbedeutung (dem weiträumigen Verkehr dienend), so ist sie in die sich aus dem Landesrecht ergebende Straßenklasse abzustufen. Mit der Abstufung geht auch die Straßenbaulast auf das Land über.

Die in Streit befindliche B 75 verbindet Hamburg und Lübeck, wobei sie im wesentlichen parallel zur Bundesautobahn A 1 verläuft. Nachdem der Bundesrechnungshof Zweifel daran geäußert hatte, ob rund 3.500 km Bundesstraßen, die in unmittelbarer Nähe parallel zur Bundesautobahn verlaufen, noch dem weiträumigen Verkehr dienten, wickelte der Bundesminister für Verkehr 1994 ein sog. "Abstufungskonzept für autobahnparallele Bundesstraßen" ab.

Das schleswig-holsteinische Verkehrsministerium wies darauf hin, daß eine Abstufung des streitigen Abschnittes der B 75 nicht beabsichtigt sei, da die Voraussetzungen des § 1 FStrG weiterhin erfüllt seien. Da die Meinungsverschiedenheiten nicht ausgeräumt werden konnten, erteilte das Bundesministerium für Verkehr dem Ministerium in Schleswig-Holstein im Jahre 1995 die Weisung, die B 75 zum Ende des laufenden Rechnungsjahres in eine Straßenklasse nach Landesrecht abzustufen.

Der Bund meint, das Land habe mit seiner Weigerung, der Weisung zu entsprechen, gegen das Weisungsrecht aus dem Grundgesetz verstoßen. Das Land ist der Auffassung, die Anweisung überschreite das Weisungsrecht des Bundes aus Art. 85 Abs. 2 GG. Für die Einstufung in eine Straßenklasse des Landes gelte Landesrecht. Die Abstufung könne daher nur einvernehmlich mit dem Land erfolgen.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich dieser Ansicht des Landes angeschlossen. Der Bund habe mit der Weisung den Bereich der in Art. 90 Abs. 2 GG geregelten Auftragsverwaltung verlassen und dadurch seine Befugnis zur Erteilung von Weisungen überschritten. Die Abstufung einer Bundesstraße in eine Straße nach Landesrecht falle nicht in die Verwaltungszuständigkeit des Bundes, da die Weisung vom Land nicht nur die Herausnahme der Straße aus einer Klasse nach Bundesrecht, sondern zwingend zugleich die Einstufung der Straße in eine Straße nach Landesrecht verlange.

© StGB NRW 2000

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