Heft April 2009

Verfassungsgerichtshof NRW zum Termin der Kommunalwahl 2009

Die Kommunalwahlen 2009 dürfen nicht am Tag der Europawahl stattfinden, weil der Zeitraum zwischen Wahltermin und Konstituierung der Gremien zu lang ist (nichtamtlicher Leitsatz).

VerfGH NRW, Urteil vom 18. Februar 2009
- Az.: VerfGH 24/08 -

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat mit dem Urteil einem entsprechenden Normenkontrollantrag der Landtagsabgeordneten der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stattgegeben.

 

In der mündlichen Urteilsbegründung führte der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Dr. Bertrams u. a. aus:

 

Das Gesetz über die Zusammenlegung der allgemeinen Kommunalwahlen mit den Europawahlen (KWahlZG) vom 24. Juni 2008 sei mit demokratischen Grundsätzen insoweit unvereinbar und nichtig, als hiernach schon die Neuwahlen zu der am 21. Oktober 2009 beginnenden Kommunalwahlperiode am Tag der Europawahl stattfinden sollten.

 

Trotz aller Regelungsverschiedenheit im Detail schrieben das Grundgesetz und alle Länderverfassungen übereinstimmend vor, dass das Parlament innerhalb eines eng umrissenen Zeitraums erstmals zusammentreten müsse. Sämtlichen einschlägigen Fristvorgaben in den Länderverfassungen und im Grundgesetz liege nämlich die Überzeugung zugrunde, dass der Zeitraum zwischen der Wahl und der Konstituierung der gewählten Gremien begrenzt sein müsse, damit periodische Neuwahlen den notwendigen Verantwortungszusammenhang zwischen dem Volk und seinen Organen begründen könnten.

 

Als gemeinsame Verfassungsüberzeugung lasse sich den geltenden Verfassungsbestimmungen sowie der Verfassungswirklichkeit das demokratische Grunderfordernis entnehmen, dass zwischen Wahl und Konstituierung neu gewählter Volksvertretungen äußerstenfalls drei Monate liegen dürften. Im Verfassungsrecht des Bundes und aller Länder finde sich keine längere Frist.

 

Durch das KWahlZG ergebe sich einmalig im Jahre 2009 ein Zeitraum zwischen den Kommunalwahlen und der Konstituierung der neu gewählten Gremien von mindestens vier Monaten und 13 Tagen, der sich auf über fünf Monate verlängern könne. Ein derart langer Zeitraum könne - auch einmalig - allenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn hierfür gewichtigere Belange von Verfassungsrang oder sonstige „zwingende“ Gründe des Gemeinwohls angeführt werden könnten.

 

Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Zwar sei die Zusammenlegung der Wahlen grundsätzlich legitim und habe auch Verfassungsrang, weil mit ihr unter anderem die Erhöhung der Wahlbeteiligung und damit eine Stärkung demokratischer Legitimation angestrebt werde. Die Überschreitung des verfassungsrechtlich gebotenen Dreimonatszeitraums verstoße jedoch bereits deshalb gegen die Verfassung, weil das Ziel des Gesetzgebers, die allgemeinen Kommunalwahlen dauerhaft mit den Europawahlen zusammenzulegen, auch auf anderem, verfassungsrechtlich unbedenklichem Wege erreichbar sei.

 

Mit der Verkürzung der nächsten Wahlperiode und der Zusammenlegung der Wahlen ab dem Jahr 2014 würden die verfassungsrechtlichen Bedenken entfallen. Allein der Wunsch des Gesetzgebers, die mit der Zusammenlegung der Wahltermine angestrebten Ziele bereits im Jahr 2009 zu verwirklichen, rechtfertige die Überschreitung des verfassungsrechtlich gebotenen Zeitraums nicht.

Entfernung eines abgestellten Fahrrads

Das Ordnungsamt der Stadt Münster war nicht berechtigt, ein vor dem Hauptbahnhof in Münster abgestelltes Fahrrad zu einer Sammelstelle zu bringen, weil keine Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer oder die Einschränkung des Rettungs- oder Fluchtweges festgestellt werden konnte (nichtamtlicher Leitsatz).

OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2009
- Az.: 5 A 2239/08 -

Der Kläger hatte sein Fahrrad auf dem Gehweg unmittelbar an der südlichen Seitenwand des Treppenabgangs zur Fahrradstation am Hauptbahnhof abgestellt. Im Laufe des Tages verbrachten Mitarbeiter des Ordnungsamtes der Stadt Münster das Rad zu einer Sammelstelle, wo der Kläger es einige Tage später abholte. Auf seine Klage stellte das Verwaltungsgericht fest, dass das Entfernen des Fahrrads rechtswidrig war.

Den Antrag der beklagten Stadt auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht mit dem o.g. Beschluss abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Fahrrad des Klägers habe andere Verkehrsteilnehmer nicht behindert. Es habe nur ca. 70 cm in den am Abstellplatz über 6 m breiten Gehweg hineingeragt und damit jedem Fußgänger - auch in der Gruppe, mit Gehhilfe oder mit Gepäck - und jedem Rollstuhlfahrer genügend Raum gelassen, den Bereich zügig zu passieren.

Der Kläger habe durch das Abstellen des Fahrrads auch nicht gegen brandschutzrechtliche Vorschriften verstoßen, nach denen Rettungs- und Fluchtwege ständig freizuhalten seien. Die Beklagte habe nicht dargetan, dass die durch das Fahrrad belegte Fläche als Rettungs- und Fluchtweg benötigt werde. Die Fläche sei weder entsprechend beschildert gewesen noch gebe es - bislang - ein Brandschutzkonzept, aus dem sich eine Freihaltepflicht entnehmen lasse. Der Stadt sei es jedoch unbenommen, eine Freihaltepflicht auf der Grundlage eines Brandschutzkonzepts künftig anzuordnen.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.

Kreisumlage des Kreises Recklinghausen

Die Klage der Stadt Waltrop gegen den Kreisumlagebescheid des Kreises Recklinghausen für das Jahr 2006, in dem der Kreisumlagesatz auf 52,62 % festgesetzt worden war, ist vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen abgewiesen worden (nichtamtlicher Leitsatz).

VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. November 2008
- Az.: 15 K 2695/06 -

Die Stadt Waltrop hatte sich gegen den Kreisumlagebescheid des Kreises Recklinghausen für das Jahr 2006 gewandt. Mit dem Umlagebescheid wurde der Kreisumlagesatz auf 52,62 % und nicht wie in der Vergangenheit auf 40,49 % festgesetzt. Dies belastete die Stadt Waltrop mit gut 2,91 Mio. Euro.

Die Kammer hat in der mündlichen Urteilsbegründung ausgeführt, dass der Kreis Recklinghausen den Hebesatz der Kreisumlage 2006 in rechtlicher Hinsicht fehlerfrei festgesetzt habe. Die Beteiligungsrechte der kreisangehörigen Gemeinden seien bei der Aufstellung der Haushaltssatzung 2006 - in dieser wird der Hebesatz der Kreisumlage bestimmt - nicht missachtet worden. Die Festsetzung des Kreisumlagesatzes auf 52,62 % verstoße auch nicht gegen das Gebot der nachrangigen Finanzierung.

Die gebotene Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Interessen der kreisangehörigen Städte und das verfassungsmäßig geschützte Selbstverwaltungsrecht dieser Städte einschließlich der Stadt Waltrop seien gewahrt worden. Die Kreisumlage diene als „Fehlbetragsdeckungsabgabe“ der allgemeinen Finanzausstattung der Kreise. Sie stelle inzwischen deren Haupteinnahmequelle dar und richte sich nach dem durch den Kreis eigenverantwortlich bestimmten Aufgabenprogramm. Die kreisangehörigen Gemeinden seien grundsätzlich gehalten, dieses Aufgabenprogramm hinzunehmen.

Im konkreten Fall ergebe eine Abwägung zwischen den Interessen des Kreises und der kreisangehörigen Städte keine Anhaltspunkte dafür, dass die finanzielle Mindestausstattung der Städte oder der Stadt Waltrop durch die Festsetzung der Kreisumlage 2006 eingeschränkt worden wäre.

© StGB NRW 2009

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