Heft April 2005

Pflichtmülltonne für Gewerbebetriebe

Die Regelung des § 7 Satz 4 der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV), wonach Erzeuger und Besitzer gewerblicher Siedlungsabfälle mindestens eine Mülltonne des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nutzen müssen (sog. Pflichtmülltonne), ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

BVerwG, Urteil vom 17. Februar 2005
- Az.: 7 C 25.03 -

Die Klägerinnen - eine Industrie- und Handelskammer sowie drei Gewerbebetriebe, die im Landkreis Böblingen ansässig sind und bislang nicht an dessen Abfallentsorgung angeschlossen waren - hatten sich gegen Bescheide des Landratsamtes gewandt, mit denen sie unter Berufung auf § 7 Satz 4 GewAbfV unter anderem dazu verpflichtet worden waren, einen Abfallbehälter des Landkreises für die auf ihren Betriebsgrundstücken anfallenden gewerblichen Siedlungsabfälle zu benutzen. Das Verwaltungsgericht hatte der Klage im Wesentlichen stattgegeben, weil diese Anordnung den konkreten Nachweis der Behörde vorausgesetzt hätte, dass in den Betrieben der Klägerinnen überlassungspflichtiger Abfall zur Beseitigung anfalle.

Auf die Revision des beklagten Landes hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil insoweit aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass wegen des bundes- und europarechtlichen Vorrangs der Abfallverwertung die Behälternutzungspflicht nach § 7 Satz 4 GewAbfV zwar nur die Erzeuger und Besitzer solcher Abfälle treffen könne, die nicht verwertet, sondern beseitigt werden sollten; der Verordnungsgeber sei jedoch davon ausgegangen, dass bei jedem Erzeuger und Besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen auch Abfall zur Beseitigung anfalle. Demgemäß seien auch alle diese Erzeuger und Besitzer Adressaten der Behälternutzungspflicht; sie könnten allerdings im Einzelfall nachweisen, dass bei ihnen keine Beseitigungsabfälle anfielen und sie daher keiner Behälternutzungspflicht unterlägen. Einen solchen Nachweis hätten die Klägerinnen nicht geführt.

Hundesteuer für Wachhunde

Wer einen Wachhund zum Bewachen nicht nur des landwirtschaftlichen Betriebs, sondern auch des dazugehörigen Wohnhauses hält, kann zur Hundesteuer herangezogen werden (nichtamtlicher Leitsatz).

OVG NRW, Urteil vom 3. Februar 2005
- Az.: 14 A 1569/03 -

Der 14. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat entschieden, dass das Halten eines Wachhundes auf einer landwirtschaftlichen Hofstelle, die auch das Wohnhaus des Betriebsinhabers umfasst, nicht nur betrieblichen, sondern auch persönlichen Zwecken dient und deshalb der Hundesteuer unterworfen werden darf.

Der Kläger, Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs in Soest, zu dem auch ein Wohnhaus gehört, hält dort einen Schäferhund, der das Anwesen bewachen soll. Mit Steuerbescheid vom 14. Januar 2002 zog der Bürgermeister der Stadt Soest den Kläger für das Jahr 2002 auf der Grundlage der städtischen Hundesteuersatzung zu einer Hundesteuer von 55,-- EUR heran. Nachdem der Kläger gegen diesen Bescheid erfolglos Widerspruch eingelegt hatte, hatte er beim Verwaltungsgericht Arnsberg Klage erhoben, die vom Verwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen wurde. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat das OVG nunmehr mit dem o.g. Urteil zurückgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Hundehaltung des Klägers sei nach der Hundesteuersatzung der Stadt Soest hundesteuerpflichtig. Die Satzung sei rechtlich unbedenklich, soweit mit ihr (auch) Wachhunde auf Hofstellen, auf denen der Hofinhaber zugleich wohne, erfasst würden. Die Hundesteuer sei eine Aufwandsteuer; sie besteuere die Verwendung von Einkommen und Vermögen zum Bestreiten eines Aufwands, der über das für die Deckung der allgemeinen Lebensbedürfnisse Erforderliche hinausgehe. Das Halten von Hunden, das auch persönlichen und nicht allein gewerblichen Zwecken diene, sei ein solcher - besteuerbarer - Aufwand. Im Fall des Landwirts aus Soest diene die Haltung des Wachhundes auf der Hofstelle auch persönlichen Zwecken, weil nicht nur die Betriebsgebäude, sondern auch das zur Hofstelle gehörende Wohnhaus bewacht würden. Der Umstand, dass die Hundehaltung neben den persönlichen Zwecken in mehr oder minder großem Umfang auch anderen Zwecken, etwa der Einkommenserzielung, diene, ändere nichts daran, dass eben auch persönliche Zwecke vorlägen, bei denen der dafür erbrachte Aufwand einer Aufwandsteuer unterworfen werden dürfe.

Das OVG hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Windenergieanlagen und Landschaftsbild

1. Bei der Beurteilung, ob Windenergieanlagen das Landschaftsbild verunstalten, kann insbesondere die anlagentypische Drehbewegung der Rotorblätter nicht außer Betracht bleiben.

2. Eine Verunstaltung ist zu bejahen, wenn in einer Mittelgebirgslandschaft an exponierter Stelle zu errichtende Windenergieanlagen unmittelbar in das Blickfeld einer bislang unbeeinträchtigten Fernsicht treten und durch ihre Rotoren optisch eine Unruhe stiften würden, die diesem Bild fremd ist und seine ästhetisch wertvolle Einzigartigkeit massiv beeinträchtigt.

3. Es erscheint zweifelhaft, ob § 4 Abs. 3 Nr. 4 LG NRW, wonach die Errichtung von bis zu zwei nahe beieinander liegenden Windkraftanlagen nicht als Eingriff im Sinne der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gilt, von der Ermächtigung des § 18 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG gedeckt ist; aus der naturschutzrechtlichen Sonderregelung des § 4 Abs. 3 Nr. 4 LG NRW lässt sich jedenfalls nichts dafür herleiten, wie die landschaftsästhetische Wirkung von Windenergieanlagen unter dem bundesrechtlichen Aspekt einer Verunstaltung des Landschaftsbilds zu werten ist.

OVG NRW, Urteil vom 18. November 2004
- Az.: 7 A 3329/01 -

Die Klägerin begehrte die Erteilung eines Bauvorbescheids für die Errichtung von zwei Windenergieanlagen, die auf einem Höhenzug im Sauerland in ca. 600 m Höhe über NN errichtet werden sollten. Die Bebauungsgenehmigung wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die Anlagen das Landschaftsbild verunstalteten. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Anfechtungsklage der Klägerin hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg.

Die zur Genehmigung gestellten beiden Windenergieanlagen sind an ihren vorgesehenen Standorten bauplanungsrechtlich unzulässig. Die bauplanungsrechtliche Beurteilung der strittigen Anlagen richtet sich nach § 35 BauGB. Trotz Privilegierung der Anlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F. (früher: § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB) sind diese unzulässig, weil ihnen öffentliche Belange entgegenstehen.

In der Rechtsprechung ist grundsätzlich geklärt, dass eine Verunstaltung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB voraussetzt, dass das Bauvorhaben dem Orts- oder Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird. Dieser Grundsatz gilt auch gegenüber Windenergieanlagen. Zwar sind diese Anlagen durch § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F. (früher: § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB) grundsätzlich dem Außenbereich zugewiesen. Ihre Zulässigkeit steht aber unter dem Vorbehalt, dass die jeweilige Anlage das Orts- und Landschaftsbild im Einzelfall nicht verunstaltet.

Bei dieser den Tatsachengerichten obliegenden wertenden Einschätzung kann insbesondere auch die anlagentypische Drehbewegung der Rotorblätter nicht außer Betracht bleiben.

Gemessen an diesen Maßstäben hat das VG in Übereinstimmung mit der Einschätzung der zuständigen Fachbehörden eine Verunstaltung des Landschaftsbilds durch Errichtung der strittigen Anlagen an ihren vorgesehenen exponierten Standorten zu Recht bejaht.

Diese Standorte liegen im oberen Bereich eines Höhenzugs, der die weite Tallandschaft um die Ortschaft F. nach Osten abgrenzt. Diese Landschaft ist durch eine für das Sauerland in der Tat ungewöhnliche Vielfalt unterschiedlichster Landschaftselemente gekennzeichnet (wird ausgeführt).

Bemerkenswert ist insbesondere, dass - abgesehen von einzelnen „Narben“ früherer Abbautätigkeiten durch Steinbrüche, die für eine Mittelgebirgslandschaft durchaus typisch sind - bei der weiträumigen Sicht über die Landschaft, wie sie sich namentlich von den X-Steinen bietet, keine besonders auffällig in Erscheinung tretenden Überformungen durch gewerbliche Anlagen zu bemerken sind. Auch die in landschaftsästhetischer Hinsicht häufig als belastend empfundenen Zerschneidungen durch optisch auffällige Hochspannungsleitungen einschließlich deren Masten fehlen völlig. Zwar ist der Klägerin einzuräumen, dass die betroffene Landschaft nicht völlig unberührt ist von Freizeitanlagen, deren ästhetischer Wert im Einzelfall durchaus fraglich erscheinen mag, und in gewissem Umfang auch von gewerblichen Bauten. Diese treten bei der für die Wertung des Landschaftsbilds maßgeblichen großräumigen Betrachtung jedoch deutlich in den Hintergrund.

Demgegenüber würde durch die hier strittigen Windenergieanlagen ein in besonderem Maß beachtliches und belastendes Störpotential namentlich in den für die Wirkung des Panoramas besonders wichtigen Grenzbereich zwischen natürlichem Gelände und freiem Himmel hineindringen. An ihren exponierten Standorten würden die strittigen Windenergieanlagen die weitgehend bewaldeten Kuppen deutlich überragen. Durch die kontinuierliche Drehbewegung der Rotoren, die vor dem freien Himmel besonders auffällig in Erscheinung treten, würden sie den Blick über die Landschaft besonders beeinträchtigen.

Der vorstehenden Wertung steht auch nicht entgegen, dass nach § 4 Abs. 3 Nr. 4 LG NRW die Errichtung von bis zu zwei nahe beieinander liegenden Windkraftanlagen nicht als Eingriff - im Sinne der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung - gilt. Insoweit lässt der Senat offen, ob diese landesrechtliche Regelung überhaupt von der Ermächtigung des § 18 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG gedeckt ist. Immerhin erscheint zumindest zweifelhaft, ob Windenergieanlagen - namentlich der heute üblichen Größenordnungen - „im Regelfall“ nicht zu Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds führen, so dass der Landesgesetzgeber wegen eines regelmäßig fehlenden Beeinträchtigungspotentials sogar zwei nahe beieinander liegende Anlagen dieser Art generell von den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung freistellen konnte. Jedenfalls gibt die allein auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung bezogene Sonderregelung des § 4 Abs. 3 Nr. 4 LG NRW nichts dafür her, wie die landschaftsästhetische Wirkung von Windenergieanlagen unter dem bundesrechtlichen Aspekt einer Verunstaltung des Landschaftsbilds zu werten ist.

© StGB NRW 2005

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